(NL/1367817654) Die Preisparität beim Vertrieb von Hotel-Angeboten ist gefallen. Vom 1. März an hat das Bundeskartellamt der Buchungs-Plattform HRS untersagt, das exklusive Recht auf den niedrigsten Preis der jeweiligen Hotel-Offerte zu haben. Wie der Markt jetzt funktioniert und welche Möglichkeiten sich ergeben, erklärt Henry Leitmann vom Marktführer für Kurzreisen in Deutschland, Kurzurlaub.de, im Interview.
Die Preisparität in der Hotellerie ist gefallen. Online-Portale dürfen nicht mehr die besten Preise für sich in Anspruch nehmen. Das hat das Bundeskartellamt entschieden und als erstem Großanbieter HRS per 1. März untersagt. Dass weitere Buchungsportale betroffen sein werden, dürfte nur eine Frage der Zeit sein. Damit müssen sich Hotels nicht mehr an Preisreglements halten und haben etwas mehr Spielraum, wann sie auf welchem Vertriebsweg, welchen Nachlass anbieten. Gerade bei der Direktvermarktung und dem Verkauf des Zimmers an der Rezeption tun sich hier neue Möglichkeiten auf. Doch wird dadurch die Preiskalkulation einfacher und vor allem, ist damit auch der Weg frei für die gewünschte Abnabelung zu den Portalen?
Henry Leitmann, Geschäftsführer des Online-Reiseportals Kurzurlaub.de (http://www.kurzurlaub.de) hat sich im Interview jetzt vielen entscheidenden Fragen gestellt, die sowohl die Hoteliers als auch die Portale derzeit bewegen.
Herr Leitmann, HRS wurde vom Kartellamt mit Wirkung zum 1. März ausgebremst, auch andere Portale dürfen künftig wohl keine Bestpreisklauseln mehr durchsetzen. Halten Sie diese Maßnahme für einen notwendigen Schachzug des Gesetzgebers?
Leitmann: Ein offener Markt ist für Wettbewerber grundsätzlich gesund. Dass der Staat hier per Gesetz eingreift, ist nachvollziehbar. Allerdings birgt die Umstellung auch Risiken. Hoteliers kleinerer Häuser sollten nicht versucht sein, weiter die Abwärtsspirale des Preises zu beschreiten. Dann entsteht schnell eine Schieflage, die langfristig nicht mehr zu begradigen sein wird. Der Ausverkauf von Zimmern darf nicht das Resultat werden. Ganz sicher wird das Hauen und Stechen auf dem Online-Markt jetzt intensiver, aber für Hotels auch deutlich aufwändiger. Wer also keine klare Strategie für seine Vermarktung hat, kann schnell teuer bezahlen für eine übertriebene Schnäppchen-Politik. Nicht vergessen werden sollte dabei die Glaubwürdigkeit und Nachvollziehbarkeit des Preises gegenüber dem Gast bei ein und demselben Produkt.
Die Portale stehen zum Teil öffentlich in der Kritik – sind sie Blutsauger der Hotellerie?
Leitmann: Das ist doch grober Unfug. Auch wenn Eugen Block in Hamburg die Werbetrommel für Eigenvermarktung rührt und gegen die Portale schießt, kann sich das Gros der Hotels doch nun nicht von Portalen abnabeln, mit denen sie jahrelang gut zusammengearbeitet haben und auch viel Umsatz generiert haben.
Warum nicht?
Leitmann: Die Argumente liegen doch auf der Hand. Die Reichweite eines Portals ist immer viel größer als die eines einzelnen Hotels. Allein der Traffic auf einer Seite ist doch kaum vergleichbar. Richtig ist aus meiner Sicht, dass die Eigenvermarktung neben dem Vertrieb über Portale gestärkt werden sollte. Der ausgewogene Mix wird dafür sorgen, dass die Hotels gut gebucht sind. Mund-zu-Mund-Propaganda, das Binden von Kunden, die im nächsten Jahr gern wiederkommen, das Stärken der eigenen Homepage aber auch die Intensivierung der Beziehungen zu seriösen Portalen. Natürlich werden für die Leistungen Provisionen fällig. Jeder darf aber genau gucken, was er dafür bekommt und ob es sich lohnt.
Was sollte denn aus Ihrer Sicht ein gutes Portal leisten, um beim Hotelier in der Gunst zu bleiben?
Leitmann: Auf das Wichtigste beschränkt: Umsatz und volle Häuser. Natürlich ist es nach wie vor ein hart umkämpftes Geschäft um jeden Gast. Nur sollte man eben berücksichtigen, mit welchen Methoden hier gearbeitet wird, wer wie seriös und sauber agiert und wie das direkte Verhältnis zwischen Hotelier, Portal und Gast ist. In erster Linie dreht es sich darum, die Erwartungen von Besucher zu erfüllen. Wie ist die Ausrichtung des Hotels, welches Klientel möchte ich ansprechen, um am Ende den richtigen und zufriedenen Gast zu haben. Denn dann wird auch am Urlaubsort weiter Umsatz gemacht werden können. Der zufriedene Besucher gibt gern. Also muss ein Portal auch die perfekte Plattform sein, die dem Hotel die optimale Präsenz bietet und dem Gast von morgen Lust auf Urlaub macht. Dazu muss ein gutes Verhältnis zwischen Hotelier und Portal geschaffen sein.
Wie sollte es denn sein?
Leitmann: Im besten Fall gibt es ein vertrauensvolles Miteinander. Das erreicht man nur durch direkten Kontakt, vollumfänglichen Service, eine Fülle an Dienstleistungen und das Ganze zu einem fairen Preis und nicht zu überzogenen Provisionen. Klar ist doch, dass es darum geht, mit einem möglichst hochwertigen Produkt den Gast von morgen zu begeistern. Wenn hier alle ihre Hausaufgaben machen und sich über bestmögliche Werbestrategien einig sind, wird es zu Win-Win-Situationen kommen. Das ist der Weg.
Wie beurteilen Sie denn die derzeitige Preispolitik der Hotels in Deutschland? Sehen Sie noch Potenzial, um mehr Umsätze zu generieren?
Leitmann: Die Hotelpreise haben ja nur moderat angezogen, noch deutlich unter der allgemeinen Inflationsrate. Die Verbraucherpreise stiegen insgesamt um 1,5 Prozent, wobei die Zimmerpreise mit 1,16 Prozent diesen allgemeinen Trend etwas drückte. Nur die 5-Sterne-Häuser haben fünf Prozent zugelegt. Mir ist die Preispolitik der Hotels noch nicht ausgewogen genug. Für gute Qualität darf man etwas verlangen. Es darf nicht darum gehen, wer am schnellsten billig seine guten Arrangements verhökert. Der Gast lässt sich Service, Ambiente und Behaglichkeit auch gern etwas kosten. Schnäppchen können mal als Lockmittel eingesetzt werden, aber es darf nicht zum Dauerzustand werden, sich mit den Preisen immer weiter unterbieten zu wollen.
Ist das tatsächlich Ihre große Befürchtung?
Leitmann: Wenn ich an die kleineren Hotels denke oder an die Unternehmen des Mittelstandes in unserer Branche, dann muss der Blick hier tatsächlich geschärft werden. Sich mit den mächtigen Konzernen und Hotelketten in direkte Konkurrenzsituationen zu begeben, halte ich für waghalsig. Vielmehr muss es darum gehen, sich seine entsprechende Marktlücke zu sichern, hier bewusst auf Qualität zu setzen und auch den entsprechenden Preis dafür zu verlangen. Wer den Abfahrtslauf im Zickzack-Kurs nach unten antreten möchte, darf sich nicht wundern, wenn er am Ende nicht zu den Siegern gehört.
Müssen Hoteliers das als Warnung verstehen?
Leitmann: Ich bin nicht dafür da, hier mahnend den Zeigefinger zu heben. Im Sinne der Fairness und eines guten Miteinander ist es bei Kurzurlaub.de zumindest so, dass wir unsere Hotelpartner auch über veränderte Marktsituationen aufklären. Und hier weisen wir explizit darauf hin, dass ein Gast zu seinem Hotel eine emotionale Bindung aufbauen muss. Dann wird er immer den Mehrwert erkennen, den ihm genau dieses Haus bietet. Der Preis bleibt dann nicht unwichtig, ist als Komponente aber deutlich kleiner und der Kampf um die neuen und vor allem freien Preise tritt in den Hintergrund.