Auch 2014 bleiben Pedelecs der Renner auf dem Fahrradmarkt. Mehr als 1,4 Millionen der umgangssprachlich als E-Bikes bezeichneten Räder sind nach Branchenschätzungen bereits auf deutschen Straßen unterwegs. In den kommenden Jahren rechnet der Zweirad-Industrie-Verband ZIV mit weiteren 400.000 bis 600.000 verkauften Rädern. Warum kein Abbruch des Trends zu erwarten ist und was Radler in diesem Jahr über die elektrifizierten Räder wissen sollten, verrät der pressedienst-fahrrad.
[pd-f/RK] Egal, ob bei Ausflügen oder längeren Radtouren, auf dem Weg zur Arbeit, beim Warentransport oder beim Outdoor-Sport: E-Bikes sind weiter im Kommen. Das belegen die vom Zweirad-Industrie-Verbands ZIV ermittelten Zahlen für das Jahr 2013 und seine Einschätzungen für dieses Jahr. Vom anhaltenden Trend zum Elektrorad überzeugt zeigt sich auch Gunnar Fehlau, Leiter des pressedienst-fahrrad und Co-Autor des Buchs "Das E-Bike". "Von der Spülmaschine über die Rolltreppe bis hin zur Servolenkung im Auto schätzen wir die Unterstützung im Alltag durch elektrische Systeme", so der Fachmann. "Die Elektrifizierung des Fahrrads auf breiter Basis ist eine logische Entwicklung, die inzwischen vom Lastenrad bis zum Rennrad reicht und damit vollkommen neue Kundengruppen anspricht".
Workout statt Tretfaulheit
Die E-Bike-Fahrern oft vorgeworfene Tretfaulheit lässt sich in der Praxis nicht bestätigen. Denn nach den Erfahrungen des unabhängigen Branchenverbands VSF g. e. V. (mit mehr als 300 Mitgliedern aus Fachhandel, Industrie und Dienstleistung) sind die Touren oft länger und auch anspruchsvoller. Vom sportlichen Nutzen der Elektrounterstützung ist auch Dr. Achim Schmidt, Sportwissenschaftler an der Deutschen Sporthochschule Köln und selbst Fahrer eines Pedelecs überzeugt. "Aus sportmedizinischer Sicht kann ganz klar gesagt werden, dass E-Bikes - und hier Pedelecs im engeren Sinne, bei denen man ja ständig mittreten muss - eine gesunde und auch für ein Workout durchaus effiziente Alternative sind."
Sportliche Fahrer entdecken den E-Antrieb
Ein in diesem Jahr deutlich sichtbarer Trend ist, dass sich die Industrie mit ihren Produkten auf eine jüngere, designorientierte und sportliche Kundschaft einstellt. So präsentiert die zur fränkischen Winora-Gruppe gehörige Marke Haibike, auf deren Material auch die Mountainbike-Silbermedallien-Gewinnerin Sabine Spitz setzt, in diesem Jahr nicht weniger als 37 elektrisch unterstütze Sport-Modelle der Xduro-Linie, die mit renommierten Designpreisen wie dem Eurobike Award und dem iF Design Award ausgezeichnet wurden. Neben E-Mountainbikes wie dem Spitzenmodell Nduro Pro 26 (6.499 Euro), einer Enduro-Maschine für anspruchsvolles Gelände, gibt es in diesem Jahr erstmalig auch E-Rennräder in Serie. So unterstützt beim Modell Xduro Race (5.999 Euro) ein 350-Watt-Mittelmotor der Bosch Performance Line das Rennrad bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. "Der Wunsch nach High-Performance-Rädern im E-Bike-Segment ist ein klarer Trend im Markt, den wir mit unseren neuen Modellen gezielt bedienen", erklärt dazu Christian Malik von Haibike gegenüber dem pressedienst-fahrrad.
Renaissance der Lastenräder
Lastenfahrräder haben in Europa eine lange Tradition, die sich bei unseren Nachbarn aus den Niederlanden und Dänemark bis heute hält. Aber auch hierzulande erleben die praktischen Transporter eine Renaissance, wie Tobias Spindler von Riese & Müller feststellt. "Dank Elektrounterstützung spielt das tatsächliche Gewicht des Rads und der Zuladung nur noch eine untergeordnete Rolle. Vielmehr kommt es auf die richtige Verteilung an, was beim Fahrraddesign ganz neue Möglichkeiten eröffnet." Ein Beispiel für diese Entwicklung ist das Modell "Load hybrid" (ab 4.499 Euro), das der Darmstädter Spezialist für vollgefederte E-Bikes mit praktischem Zubehör, wie u. a. einer wasserdichten Faltbox, einem Doppelkindersitz oder einer großen Handwerkerbox aus leichtem und glasfaserverstärktem Kunststoff, anbietet. Angesichts zunehmend überfüllter Innenstädte und steigender Parkplatznot eine echte Alternative zum Pkw.
Mehr Power, mehr Stil: Neue Motoren für die Saison 2014
Während in den Anfangsjahren preiswerte Frontmotoren den E-Bike-Markt dominierten, zeichnet sich heute ein klarer Schwerpunkt bei den kultivierten, aber technisch anspruchsvollen und damit vergleichsweise teuren Mittelmotoren ab. Sie werden immer kleiner, leistungsfähiger und integrieren sich harmonisch ins Rahmendesign, wie zum Beispiel die neuen Motoren von Bosch zeigen, die praktisch jeder Fahrradhersteller im Sortiment hat. Aber auch leistungsstarke Heckmotoren, wie der neue Hinterradantrieb von Panasonic, der beim sportlichen Flyer-Modell Vollblut eingesetzt wird, haben weiter ihre Berechtigung. Dem Wunsch vieler Kunden nach längeren Touren und mehr Höhenmetern kommen viele Hersteller zudem mit immer höheren Akkukapazitäten nach.
Mehr Bike fürs Geld
Mit der rasanten technischen Entwicklung bekommt man bei niedrigen laufenden Kosten inzwischen immer mehr Bike fürs Geld. "Nach wie vor sollte man für ein E-Bike ungefähr das 2,5-fache eines guten Fahrrads einplanen", erläutert Thomas Drehmel vom deutschen Traditionshersteller Hercules. "Dafür bekommt man aber auch eine immer bessere Technik. Zum Beispiel eine steigende Akkuleistung, verbesserte Motoren, multifunktionale Displays mit neuen Einstellungsmöglichkeiten, eine leistungsstarke LED-Beleuchtung mit Tagfahrlicht, hydraulische Bremsen usw." Bei vorgeblichen Schnäppchen, Gebraucht-E-Bikes und Restposten aus den Vorjahren lohnt sich also stets ein genauer Vergleich.
Gut zu wissen: alte und neue Vorschriften
Wie bei vielen neuen Produkten herrschte auch beim Thema Elektrorad in der Vergangenheit immer mal wieder Verwirrung, denn oft hinken die Erkenntnisse des Gesetzgebers der tatsächlichen Entwicklung hinterher. So wurde im vergangenen Jahr noch einmal klargestellt, dass Pedelecs mit einer Unterstützung beim Treten bis maximal 25 km/h und einer Nenndauerleistung des Motors von 250 Watt als Fahrrad gelten. Dazu gehören nach Schätzungen des Zweirad-Industrie-Verbands hierzulande rund 95 Prozent aller verkauften Elektroräder. Das gilt auch, wenn sie über eine Anfahrhilfe bis 6 km/h verfügen. Für die schnellen S-Pedelecs (Unterstützung bis 45 km/h, Anfahrhilfe bis 20 km/h) wurde eine Helmpflicht bejaht. Bis es hier neue Normen gibt, genügt ein normaler Radhelm. Seit dem 1. August 2013 gilt zudem eine Gesetzesnovelle zur Fahrradbeleuchtung, die den Betrieb einer vom Kraftfahrtbundesamt zugelassenen Lichtanlage mit Akkus möglich macht und die Dynamopflicht, von der vorher auch E-Bikes betroffen waren, aufhebt. Einen Termintipp hat Rechtsexperte Roland Huhn vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club e. V.: "Fahrer der versicherungspflichtigen S-Pedelecs oder E-Bikes im engeren Sinne (Unterstützung bis 20 km/h auch ohne Treten) sollten an neue Kennzeichen zum 1. März denken."
Speziell für E-Radler: Infrastruktur und Zubehör
Die Infrastruktur für Rad- und E-Bike-Fahrer wird immer besser. Der steigenden Beliebtheit von Pedelecs hinkt sie aber noch hinterher, wie Andreas Hombach vom Anbieter für Stadtmobiliar wsm feststellt. "Radtouristen suchen beispielsweise gezielt Ausflugsziele auf, die das Laden des Akkus und die sichere Aufbewahrung von Helmen und Taschen ermöglichen. Hier gibt es genauso Nachholbedarf wie in den Städten, die bislang kaum Gelegenheiten bieten, um ein E-Bike sicher abzustellen." Eine positive Neuigkeit ist dagegen die Einführung von Radschnellwegen, die sich in anderen europäischen Ländern zur gezielten Entlastung von Staustrecken bewährt haben. Erste Pilotprojekte sollen noch in diesem Jahr umgesetzt werden.
Befeuert vom E-Rad-Boom konzentrieren sich zudem immer mehr Anbieter auf spezielles Zubehör. "Das Angebot für Alltags- und Freizeitfahrer ist noch einmal deutlich vielfältiger, hochwertiger und modischer geworden", stellt Fachmann Fehlau fest. Ob speziell für E-Bikes angebotenes Zubehör sinnvoll ist, sollte man seiner Meinung nach im Einzelfall entscheiden. "Wichtig sind ein hochwertiges Schloss, ein guter Helm, sowie regenfeste Bekleidung und Taschen."
Fahrradbranche nimmt Warentester in Verantwortung
Nachdem unter anderem Biketec (Marke Flyer) im letzten Jahr zusammen mit zwei weiteren Unternehmen der Fahrradbranche Testergebnisse der Stiftung Warentest (Ausgabe 06/2013) entschieden zurückgewiesen und damit für ein großes Echo unter Fachleuten und in den Medien gesorgt haben, schaut die Branche gespannt auf das neue Jahr. Denn der nächste Pedelec-Test der Warentester befindet sich dem Vernehmen nach in Arbeit und wird voraussichtlich noch im Frühjahr veröffentlicht. "Wir sind gespannt, ob die Stiftung aus den offensichtlichen Fehlern bei letzten Tests, die sie zum Teil nachträglich korrigieren musste, gelernt hat", so Kurt Schär vom Hersteller Biketec, der prompt auf Vorwürfe eines angeblich festgestellten Rahmenbruchs bei einem Flyer-Modell reagierte, umfangreiche Untersuchungen einleitete und rückwirkend eine zehnjährige Rahmengarantie aussprach. Auch der VSF g. e. V. will die Warentester in die Verantwortung nehmen; die Händler hatten im vergangenen Jahr zum Teil existenzgefährdende Umsatzeinbrüche hinnehmen müssen. "Wenn die Stiftung angebliche Mängel feststellt, die in der Realität nicht auftreten und gutachterlich tätige Ingenieure offen einen falschen Testaufbau kritisieren, muss sie sich fragen lassen, ob sie ihrer Verantwortung gerecht wird, Verbraucher zu informieren, statt unnötig zu verunsichern", betont VSF-Vorstand Albert Herresthal.
Bildrechte: Quelle/Source [´www.flyer.ch | pd-f´]
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