Tuttlingen / Villingen-Schwenningen, Juli 2009.
Das 2. MicroMountains iNNOVATION fORUM Medizintechnik lockte vor kurzem mehr als 100 internationale Fachleute der Branche nach Tuttlingen. Wissenschaftler und Firmenvertreter trafen sich, um über zukunftsträchtige Innovationen zu beraten, die kurz vor der Marktreife stehen. Unter anderem waren Referenten aus Estland, Israel, den Niederlanden und England angereist, um Innovationen vorzustellen und Partner für deren kommerzielle Anwendung zu gewinnen.
Die Medizintechnik ist europaweit die mit Abstand innovativste Industrie, weit vor IT und Automobil, betonten die Referenten. Allein in 2006 hat die Medizintechnikbranche 15.752 Patente beim Europäischen Patentamt (EPA) eingereicht, bei der Informationstechnik waren es lediglich 8969 Patente, bei der Fahrzeugtechnik 4322. Fortschritt, ungesunde Lebensgewohnheiten, Überalterung und der Wunsch nach Komfort und Pflege zu Hause stellen die Branche vor neue Herausforderungen. "Nicht ersetzen, sondern heilen lautet die Devise der Zukunft", resümierte Prof. Dr. Jörg Vienken von Fresenius Medical Care zum Auftakt. Ansätze für die Umsetzung dieses Leitspruchs und die industrielle Nutzung lieferte das Forum in Hülle und Fülle.
Für Dr. Hanna Hartmann vom NMI Institut in Reutlingen war die Teilnahme am Forum ein Volltreffer. Um bei ihren Forschungsarbeiten über bioaktive Moleküle in Implantaten weiter zu kommen, hat sie Kontakte zu Instituten und Firmen geknüpft, mit denen sie das Wachsen von natürlichen Nervenfasern durch Implantate weiterentwickeln will, um einen weiteren Schritt in Richtung Heilung von Querschnittslähmungen mit einem völlig neuen Implantat-Typ zu gehen.
Auch Dr. Seema Agarwal reiste mit vielversprechenden Visitenkarten an die Philipps-Universität Marburg zurück. Für ihr antibakterielles Nano-Silbermittel hat sie unter anderem einen Interessenten gefunden, der seine Maschinen für die Nahrungsmittelindustrie keimfrei halten möchte. Ihre Hauptinnovation ist ein mit dem Silbermittel beschichteter Filter, der auf einfache Weise desinfiziert. "Mit diesem Filter muss es übermorgen kein Trinkwasser-Problem mehr in Dritte-Welt-Ländern geben", erklärt ihr Kollege Professor Andreas Greiner.
Rund zwanzig weitere erfolgversprechende Produktentwicklungen fanden auf dem MicroMountains-Forum Interesse - darunter ein mechatronischer "dritter Arm", den Chirurgen ohne Kraftanstrengung bei langwierigen und komplizierten Operationen einsetzen können. Auf offene Ohren stieß auch eine Sonde in der Größe einer Stecknadel, die bei einem Bandscheibenvorfall ergänzend zur Discographie fünf Werte misst. Sie kann dazu beitragen, frühzeitig einen soliden Befund für eine geeignete Therapieform zu bestimmen. "Ich bin überwältigt von den Produktideen, die ich heute kennengelernt habe", sagte Yi Zhang von der Association Economique et Culturelle Luxembourg-Chine. Sie war im Auftrag mehrerer Unternehmen aus Luxemburg angereist. "Im nächsten Jahr werde ich wieder kommen", kündigte sie an.
Mit dem jährlichen iNNOVATION fORUM Medizintechnik will der Veranstalter MicroMountains Network e.V. die mittelständische Industrie mit der High tech-Forschung enger vernetzen. Ausgewählte und chancenreiche Produktideen aus der Wissenschaft sollen schneller zur industriellen Anwendung gebracht werden. Unternehmen bekommen die Gelegenheit, mit den Experten aus der Forschung persönlich zu sprechen. Als Mittler fungiert Innovationscoach Dr. Mechthild Wolber, Moderatorin des Forums.
Weitere Veranstaltungspartner sind die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, die Hochschule Furtwangen University, das Kompetenzzentrum Minimal Invasive Medizintechnik Tübingen-Tuttlingen, der Spectaris Fachverband Medizintechnik, BIOPRO Baden-Württemberg, die Xing-Gruppe Medizintechnik, das VDI Fachgebiet Medizintechnik, das Steinbeis-Europazentrum und das Industriedesign-Büro echtform. Die EU fördert das Forum im Rahmen des Enterprise Europe Networks (EEN). Auf dem europäischen Technologie-Onlinemarktplatz (www.technology-market.eu/IHK-VS) wird ein Großteil der Innovationen über den Tuttlinger Kongress hinaus präsentiert. Interessierte Unternehmen können die Informationen abrufen und Kontakt aufnehmen.
Als Weltzentrum der Medizintechnik ist Tuttlingen prädestiniert für diese Veranstaltung. Über 400 Firmen beschäftigen sich im Landkreis mit der Entwicklung und Vermarktung von chirurgischen Instrumenten und medizintechnischen Geräten. Im Oktober geht der Tuttlinger Hochschulcampus mit drei medizintechnisch orientierten Ingenieur-Studiengängen an den Start.
Mittelständische Unternehmer und Interessenten aus Entwicklungsabteilungen der Industrie können sich über die Internetadresse www.innovation-forum.eu weiter informieren. Ansprechpartner ist Marcel Trogisch, Projektleiter bei der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, Romäusring 4, 78050 Villingen-Schwenningen, Telefon +49 7721 922-170, Fax +49 7721 922-182, E-Mail trogisch@villingen-schwenningen.ihk.de.