Eckernförde, 3.3.2014. Im nördlichsten Bundesland können sich die 2,8 Millionen Schleswig-Holsteiner zwischen rund 1450 Zahnarztpraxen entscheiden. Doch 51% der Praxen verzichten auf eine Selbstdarstellung im Internet. Dabei recherchieren immer mehr Patienten online nach dem Zahnarzt ihres Vertrauens. Sie wollen sich bereits vor dem ersten Besuch ein Bild von Zahnarzt und Praxis machen, denn Zahnmedizin ist Vertrauenssache.
Früher bestimmten Empfehlungen aus dem eigenen Umfeld die Arztwahl, einem Wechsel gingen oft mehrere Jahre Bedenkzeit voraus. Seit das Internet für viele Menschen Alltag geworden ist, sinkt die sogenannte „Schwellenangst“, während die Bereitschaft zur Umorientierung steigt. Denn mit Bewertungsportalen, Webverzeichnissen und Praxis-Websites stehen Patienten zahlreiche Informationsquellen zur Verfügung, die eine Entscheidung erleichtern. Ohne etwas von sich preiszugeben können Patienten heute vom eigenen Sofa aus stöbern und vergleichen, so wie bei anderen Produkten und Dienstleistungen auch. Wie beim Kauf von Konsumgütern gibt die Internet-Recherche oft den letzten Ausschlag bei der Entscheidung. Ob ein Zahnarzt in die nähere Wahl gezogen wird, hängt dabei vom Gesamteindruck seiner Online-Präsenz ab. Bietet er diesen Service nicht an, haben ihn Interessenten „nicht auf dem Schirm“.
Nicht nur im ländlichen Raum profitieren Patienten daher vom Jederzeit-und-überall-Medium Internet, doch für die Zahnarztpraxen steigt dadurch auch der Wettbewerbsdruck. Wer sich heute noch allein auf Mundpropaganda verlässt, hat das Nachsehen. Patienten wollen Informationen und Transparenz, um sich besser für oder gegen eine Praxis entscheiden zu können. Dazu Geschäftsführer von New med/dentMarketing und Werbefachmann Wolfgang Koll: „Von den vorhandenen Praxis-Websites ist die Hälfte technisch und gestalterisch mangelhaft. Insgesamt nützt das demjenigen Viertel der Zahnärzte, welches sich mit einer zeitgemäßen Website um Patienten bemüht und davon profitieren auch deren Patienten.“ In der Landeshauptstadt Kiel ist man sich der Konkurrenz offenbar eher bewusst: Hier haben immerhin 66% der Zahnärzte eine eigene Praxis-Website. Schleswig-Holstein ist damit keineswegs besonders rückständig. Bundesweit gelten laut dem Deutschen Ärzteblatt in Bezug auf niedergelassene Ärzte ähnliche Verhältnisse: Auch hier hat rund die Hälfte keine eigene Website und ist somit für Patienten nur auf Umwegen erreichbar. Dabei sind deren Ansprüche mit den Jahren gestiegen. Eine „Online-Visitenkarte“ mit Kontaktdaten und Öffnungszeiten genügt längst nicht mehr.
Die Zahlen legen nahe, dass viele Zahnärzte noch immer von einem Werbeverbot für ihren Berufsstand ausgehen oder zumindest rechtliche Unklarheiten fürchten. Bereits 2002 wurde jedoch eine Neufassung der Berufsordnung verabschiedet, die Ärzten sachliche Informationen medienübergreifend erlaubt. Da das Internet ein nicht mehr wegzudenkendes Kulturinstrument ist, können Patienten von Zahnarztpraxen erwarten, dass sie auch diesen Informationskanal nutzen. Keinen Handlungsbedarf sieht die Zahnärztekammer Schleswig-Holstein. Jede Praxis könne sich in Eigenregie für oder gegen diese Form der Patientenansprache entscheiden. Dass die Kammer in ihrer Praxissuche keine E-Mail-Adressen veröffentlicht, ist wohl auch dem Umstand geschuldet, dass diese niedrigschwellige Kontaktmöglichkeit noch unterschätzt wird: 57% der Zahnarztpraxen bieten sie nicht an.