Von Stefanie Widmann
Mit dem Finger auf andere zeigen ist einfach. Die tödlichen
Vergewaltigungen junger Inderinnen durch Horden von Männern haben
hierzulande zu Recht für große Empörung gesorgt, verbunden mit dem
Hinweis, bei uns in Europa sei das undenkbar. Stimmt und stimmt
nicht. In Europa wie in Indien gibt es Gewalt gegen Frauen und in den
meisten Fällen ist sie sexuell motiviert. Aber bei uns spielt sie
sich meistens subtiler ab und in der Regel unter Ausschluss der
Öffentlichkeit. Jede vierte Frau hat schon in einer Beziehung gelebt,
in der sie mehrfach Gewalt erfahren hat. Schläge vom eigenen Partner
sind immer noch ein Tabuthema, Vergewaltigungsopfer, die zur Polizei
gehen, müssen auch in Europa nach wie vor befürchten, Unverständnis
und Demütigungen zu begegnen. Dabei wäre gerade der konsequente Weg
aufs Revier die wahrscheinlich aussichtsreichste Methode, um das
Problem erfolgreich einzudämmen. Eine Form von Verbrechen, bei der
Deutschland übrigens über dem EU-Durchschnitt liegt! Gewalt gegen
Frauen zu verhindern, das ist weltweit nach wie vor eine immense
Herausforderung. Wer in den 80er Jahren hoffte, die Emanzipation
werde das Thema hierzulande ein für alle Mal erledigen, irrte
gewaltig. Bis heute sind zu viele Männer nicht in der Lage, ihre
Triebe auch nur so weit zu kontrollieren, dass sie Frauen damit
keinen Schaden zufügen. Klatschmedien und Internetseiten, die
vielfach nur ein Thema kennen, heizen die Fantasien der Männer
fortlaufend an und machen glauben, dass nur ein potenter Macho, der
"Frauen zeigt, wo es langgeht", ein richtiger Mann ist. Das macht
Selbstbeherrschung gewiss nicht einfacher. Es ändert aber nichts
daran, dass es für Gewalt gegen Frauen keine Entschuldigung gibt.
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