Der Impfstoffhersteller Sanofi Pasteur MSD (SPMSD),
mit über 80 Prozent der Verschreibungen Marktführer bei den
HPV-Impfstoffen, wird sich nicht an der entsprechenden Ausschreibung
der AOKen für Niedersachsen und Hessen beteiligen. Die Krankenkassen
hatten bekannt gegeben, ihre Versicherten künftig mit nur einem der
beidem im Markt befindlichen Impfstoffe versorgen zu wollen und damit
das erste Ausschreibungsverfahren für HPV-Impfstoffe in Deutschland
gestartet. Einziges Auswahlkriterium ist der Preis. HPV-Impfstoffe
richten sich gegen Infektionen mit bestimmten Typen des Humanen
Papillomvirus, die letztlich auch zu Gebärmutterhalskrebs führen
können.
Aus Sicht des Unternehmens macht die Ausschreibung gleich aus
mehreren Gründen keinen Sinn: Bei HPV-Impfraten von rund 40 Prozent
liegt Deutschland international höchstens im Mittelfeld.
Ausschreibungen - das zeigen die Erfahrungen bei den
Grippeimpfstoffen - führen aber in der Regel dazu, dass weniger
Menschen geimpft werden. SPMSD sieht hier einen Widerspruch zu dem im
Koalitionsvertrag erklärten politischen Willen, in dem sich die
Regierungsparteien darauf verständigt haben, die Impfraten erhöhen zu
wollen. "Diese Ausschreibung ist das falsche Signal. Wir brauchen
mehr Prävention und nicht weniger und wir glauben, dass das Vorhaben
der AOKen, was die öffentliche Gesundheit betrifft, nicht zielführend
ist", so Oliver Sadlek, Vorsitzender der Geschäftsleitung bei SPMSD.
Ausschreibungen, vor allem solche mit exklusivem Charakter, werden
gerade bei Impfstoffen als eine Ursache für Versorgungsprobleme
verantwortlich gemacht. Kann der Hersteller nicht liefern, drohen
Engpässe. Denn selten ist dann ein Mitbewerber in der Lage, den
Ausfall zu kompensieren - die Produktion dieser komplexen
biologischen Produkte ist aufwändig und langwierig. Auch in diesem
Zusammenhang verweist SPMSD auf den Koalitionsvertrag. Dort heißt es:
"Beim Abschluss von Rabattverträgen müssen die Vertragspartner die
Versorgungssicherheit gewährleisten, indem sie Maßnahmen gegen
Lieferengpässe vereinbaren. Dies gilt insbesondere für Impfstoffe."
So sieht es auch SPMSD: Im Mittelpunkt müsse die
Versorgungssicherheit stehen, weshalb sich das Unternehmen
grundsätzlich gegen exklusive Ausschreibungen ausspreche. Gerade für
Impfstoffe seien sie das falsche Instrument.
Hinzu kommt: Die beiden Impfstoffe sind nicht vergleichbar. Auf
dem Markt erhältlich sind ein bivalenter Impfstoff, der vor zwei
krebsauslösenden HPV-Typen und der tetravalente von SPMSD, der vor
vier HPV-Typen und damit sowohl vor Gebärmutterhalskrebs als
zusätzlich auch vor Genitalwarzen schützen kann. Eine Entscheidung,
die als einziges Entscheidungskriterium nur den Preis kennt,
vernachlässigt den unterschiedlichen medizinischen Nutzen der beiden
Produkte und schränkt die patientenindividuelle Therapieentscheidung
der Ärzte ein.
SPMSD macht außerdem auf den bereits heute existierenden
Preisdruck aufmerksam. So gilt seit Einführung des
Arzneimittelneuordnungsgesetzes (AMNOG) auch für die HPV-Impfstoffe
entweder ein europäischer Referenzpreis-Rabatt oder aber der
Zwangsrabatt (7 Prozent ab 1. April 2014). Hinzu kommen zahlreiche
Rabattverträge, die direkt mit den Kassen abgeschlossen sind. Sadlek:
"Jetzt noch die Ausschreibungen - das alles zusammen wird dem Wert
einer medizinischen Innovation, für deren Idee es immerhin einen
Nobelpreis gab, nicht mehr gerecht." Zusätzlich ist zu
berücksichtigen, dass der HPV-Markt vor einem Wandel steht: Neue
Studien zeigen, dass gerade bei jüngeren Impflingen zwei, statt wie
bisher drei Dosen ausreichen - das Zwei-Dosen-Schema wird
entsprechende Entlastungen für die Krankenkassen nach sich ziehen.
Aus diesen Gründen will SPMSD als Marktführer im HPV-Segment ein
klares Signal setzen: "SPMSD wird in Niedersachen und Hessen kein
Angebot abgeben", so Oliver Sadlek. Und er hofft auf öffentliche
Unterstützung: "Wir wissen, dass viele Experten solche
Ausschreibungen kritisch sehen."
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