fit und munter - 25. Deutscher interdisziplinärer Schmerz- und Palliativtag / "Schmerz und Tod gehören zum Leben" - Käßmann plädiert für einen menschlichen Umgang mit der Endlichkeit

fit und munter

25. Deutscher interdisziplinärer Schmerz- und Palliativtag / "Schmerz und Tod gehören zum Leben" - Käßmann plädiert für einen menschlichen Umgang mit der Endlichkeit


"Schmerz und Tod in Luthers Weltbild und was
wir daraus lernen können" war das Thema der Special Lecture von Prof.
Dr. Dr. h.c. Margot Käßmann, der Botschafterin des Rates der
Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das
Reformationsjubiläum 2017, im Rahmen des 25. Deutschen Schmerz- und
Palliativtages in Frankfurt am Main.

"Schmerzen", so die Theologin, "spielen in Luthers
reformatorischer Sicht nicht mehr die Rolle einer 'Strafe Gottes',
sie zu ertragen ist kein Zeichen der Gottesfurcht." Und so beschreibe
der Reformator in zahlreichen Briefen eigene Schmerzen und suche mit
allen Möglichkeiten Linderung. Damit, schreibt Käßmann Patienten und
Ärzten ins Stammbuch, entziehen sich Schmerzen jeder theologischen
und moralischen Interpretation, auch wenn sie untrennbar zu
menschlicher Existenz gehören.

Völlig anders als heute war zu Luthers Zeiten der Tod im täglichen
Leben präsent, nicht nur in der die ganze Lebensführung bestimmenden
vorreformatorischen Angst vor dem drohenden Fegefeuer, sondern vor
allem durch das unmittelbare Erleben von Sterben und Tod in Familie
und Nachbarschaft.

Heute hätten zwar schon 14jährige Jugendliche in Computerspielen
und Fernsehen durchschnittlich bereits mehr als 10.000 Tote gesehen,
das wirkliche Sterben und der Tod seien allerdings aus unserer
Wahrnehmung verschwunden und damit auch die Möglichkeit, bewusst mit
dem Lebensende umzugehen. "Holt Sterben und Tod wieder als Teil des
Lebens in unsere Gesellschaft" appellierte Käßmann an die Zuhörer
"damit Menschen Lebenszeit wieder als wertvoll erfahren".

Bei jährlich 860.000 Todesfällen in der Bundesrepublik Deutschland
kommt das Sterben für die meisten Menschen völlig überraschend.
Sterben lasse sich aber nicht in einen straffen Terminplan eintakten,
es erfordere Zeit und Raum zur Begleitung und Trauer wie auch
Rituale, die uns einen verlässlichen Rahmen zum Verabschieden geben.
"Reden Sie als Ärzte mit ihren Patienten - unabhängig vom Alter -
über den Tod, nicht nur um es den Hinterbliebenen einfacher zu
machen, sondern auch um die Lebenszeit bis zum Ende bewusst und
wertvoll zu gestalten."

Ein Gespräch über die Patientenverfügung könne hierfür ein guter
Einstieg sein. "Hier können wir von Luthers unverkrampftem Umgang mit
dem Sterben und Tod auch für unsere heutige Zeit viel lernen," so
Käßmann.

Der Deutsche Schmerz- und Palliativtag dauert noch bis zum 22.
März. Mitveranstalter sind die Patientenorganisation Deutsche
Schmerzliga, die Deutsche Gesellschaft für Interdisziplinäre
Palliativversorgung und das Institut für Qualitätssicherung in
Schmerztherapie und Palliativmedizin.

Weitere Informationen unter www.schmerz-und-palliativtag.de



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