Unter dem Vorsitz von PD Dr. Gregor Grass, Institut für
Mikrobiologie der Bundeswehr, diskutierten beim 12. Kongress für
Krankenhaushygiene der DGKH Vertreter aus Wissenschaft und Klinik,
welche Optionen der Einsatz von Kupferbauteilen sowohl zur direkten
Dezimierung pathogener Keime als auch zur Eindämmung von
Wiederbesiedlungs- und Vermehrungsraten auf Berührungsoberflächen im
klinischen Alltag bietet.
Werkstoffe, die wirken - die ohne die Erfordernis, zusätzlich
Substanzen aufzutragen aus sich heraus Keime an ihrer Oberfläche
abtöten - das ist eine Materialgruppe, die seit über anderthalb
Jahrzehnten von verschiedensten Wissenschaftlergruppen sorgfältigen
Untersuchungen unterzogen wird. Insbesondere Kupfer und Silber weisen
diesen seit über hundert Jahren als oligodynamischen Effekt
beschriebenen Wirkmechanismus auf.
"Die Befunde aus Labor und klinischem Alltag zeigen, dass dies
nicht nur ein spannendes Laborphänomen ist, sondern ganz praktischen
Nutzen zu bieten vermag", so Dr. Anton Klassert vom Deutschen
Kupferinstitut. In seinem Vortrag zu den Kernbotschaften aus 15
Jahren interdisziplinärer Kupferforschung resümierte Klassert:
"Während der seit Jahrzehnten verfolgte klassische Ansatz der
Flächenhygiene, auf einer inerten Oberfläche aus Metall oder
Kunststoff durch intermittierende Beaufschlagung mit
Desinfektionsmitteln eine möglichst geringe Keimbelastung zu
erreichen sucht (Top-Down-Prinzip), bieten die vorgenannten
Werkstoffe als ergänzenden Ansatz einen dauerhaft keimreduzierenden
Wirkmechanismus (Bottom-Up-Prinzip) aus dem Material heraus."
Dauerhafte Keimreduktion auf antimikrobiell wirksamen, massiven
Kupferflächen
Dieser im Labor demonstrierte Effekt ist weltweit seit acht Jahren
in zunehmendem Umfang auch in der klinischen Praxis erprobt worden.
Hier zeigt sich beispielhaft auf Intensivstationen, dass - unter
Beibehaltung des etablierten Protokolls der Flächendesinfektion - der
Austausch einer nur begrenzten Zahl von Kontaktflächen gegen solche
aus massiven Kupferwerkstoffen zu einer signifikanten Reduktion
nosokomialer Infektionen führt. Eingesetzt werden Legierungen mit
einem Kupfergehalt von mindestens 65 %.
Interdisziplinäre, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
und dem Schweizer Nationalfonds (NSF) geförderte Forschungsarbeiten
von Bio- und Materialwissenschaftlern haben die zugrundeliegenden
Wirkmechanismen weiter aufgeklärt.
Aus dieser DFG und NSF geförderten Forschung geht hervor, dass der
keimreduzierende Effekt metallisch massiven Kupfers deutlich über den
oligodynamischen Effekt der reinen Metall-Ionen hinaus geht. Beim
sehr schnellen sogenannten "contact killing" tragen Ionen also
offensichtlich nur teilweise zum Gesamtgeschehen und den dahinter
liegenden Mechanismen bei. Dieser Prozess erfordert hiernach also
unabdingbar die Anwesenheit der festen metallischen Struktur.
Massive Vollmetall-Kupferwerkstoffe bieten eine weitere Stufe im
Multi-Barriere System
In Kombination mit den über diese Grundlagenforschung hinaus
gehenden vielfältigen anderen Forschungsresultaten (EPA, Keevil etc.)
kann abgleitet werden, dass metallische Kupferwerkstoffe einen
deutlichen Beitrag zur Keimreduzierung im klinischen Alltag leisten
können. Daraus folgend kann der Einsatz massiver
Vollmetall-Kupferwerkstoffe in Kombination mit der etablierten
Flächenhygiene eine weitere Stufe in einem Multi-Barriere System
gegenüber insbesondere pathogenen Erreger bieten.
Die werkstoffwissenschaftlichen Grundlagen griff Prof. Dr. Charles
William Keevil, Direktor der Abteilung Umweltgesundheit an der
Universität Southampton, auf, um in seinem Vortrag aus
naturwissenschaftlicher Sicht die Inaktivierung von Mikroorganismen
und Viren auf massiven Kupferoberflächen darzustellen.
"Die positiven Auswirkungen von Kupfer auf die Gesundheit sind
seit der Antike bekannt. Allerdings verstehen wir erst seit kurzem,
und auch noch nicht vollständig, die chemischen Eigenschaften des
Kupfers, welche die starke antimikrobielle Wirksamkeit bedingen und
im medizinischen Umfeld genutzt werden können", berichtete Keevil.
"Dementsprechend haben wir die antimikrobiellen Eigenschaften von
Kupfer-Legierungen gegenüber einer Vielzahl von therapieassoziierten
Pathogenen beschrieben", so Keevil weiter. Hierzu wurde insbesondere
das Modell eines nassen Tests für Bakterien, Pilze und Viren,
genutzt, welcher von der amerikanischen Umweltschutzbehörte (US
Environmental Protection Agency, EPA) als Grundlage für Tests auf
antimikrobiellen festen Oberflächen zugelassen ist. Im Ergebnis
konnte gezeigt werden, dass die Erreger in hoher Konzentration auf
den feuchten Kupferlegierungen in weniger als zwei Stunden abgetötet
werden. Der Testansatz simulierte dabei die Kontamination von
Oberflächen durch feuchte Medien (z.B. Husten, Niesen).
"Contact killing" wirksam bei gram-negativen und gram-positiven
Erregern
Da es jedoch wahrscheinlicher ist, dass im Alltag eine Berührung
von trockenen Oberflächen erfolgt, wurde in weiteren Tests
untersucht, ob Erreger auf diesen schneller oder langsamer als auf
feuchten Flächen absterben. Hier konnte sowohl für Gram-negative wie
auch für gram-positive Erreger nachgewiesen werden, dass trockene
Oberflächen aus massiven Kupferlegierungen noch schneller den Zelltod
herbeiführen.
Detaillierte Analysen mit Metall-Chelatoren und Quenchern zeigten,
dass der beschleunigte Zelltod nicht nur auf der direkten Wirkung von
Cu(I) und Cu(II)-Ionen durch einen bakteriellen Kontakt mit der
Metalloberfläche beruht. Ebenfalls kann das Redox-Wechselspiel
zwischen ein- und zweiwertigen Kupferionen (Cu+/Cu++) zur Ausbildung
reaktiver Sauerstoff-Species wie Superoxidase und Hydroxylradikalen
führen, die die äußeren und inneren Membranen von Gram-negativen
Bakterien permeabilisieren. Diese Permeabilisierung umfasst auch die
Peroxidation der Lipiddoppelschicht. Dies führt zu einer Zerstörung
der Zellatmung wie auch der Genom- und Plasmid-DNA und -RNA aller
Bakterien.
Im Gegensatz dazu werden Adeno-, Influenza A- und Noroviren
schnell durch den direkten Kontakt mit Kupfer ohne Beteiligung der
Fenton-Reaktion inaktiviert. Dieses Ergebnis unterstützt die
Hypothese, dass die im bakteriellen Stoffwechsel erzeugten Peroxide
den "Selbstmord" der Zelle herbeiführen. Auch zerstört Kupfer nicht
nur die bakterielle und virale DNA und RNA, sondern verhindert auch
Mutationen, so dass ein horizontaler Gentransfer von
Antibiotikaresistenzen zwischen verschiedenen Spezies nach
derzeitigem Wissen ausgeschlossen ist.
Signifikante Reduktion nosokomialer Infektionen
Neben diesen Grundlagenversuchen konnte auch in verschiedenen
klinischen Studien die antimikrobielle Wirksamkeit von Legierungen
mit mind. 60% Kupferanteil belegt werden. Aktuelle Studienergebnisse
der Medical University of South Carolina belegen beispielsweise, dass
die Verwendung antimikrobieller Kupferlegierungen die Gefahr
nosokomialer Infektionen auf Intensivstationen um 58 % senken kann,
die Keimbelastung auf stark frequentierten Berührungsoberflächen
sogar um 83 %.
Zusammenfassend betonte Keevil, "die Nutzung von Kupferbauteilen
bildet eine wertvolle Ergänzung zu den obligatorischen
Hygienemaßnahmen, denn Reinigungsmaßnahmen können nur ein- bis
zweimal täglich im Routineeinsatz erfolgen, Kupferoberflächen aber
wirken stetig - 24 Stunden an 365 Tagen".
Das Deutsche Kupferinstitut
Eingebettet in das internationale Netzwerk der Copper Alliance
verbindet das Deutsche Kupferinstitut Forschung und Anwendung mit dem
Ziel, eine offene Wissensplattform zu schaffen. Das Kupferinstitut
unterstützt als Innovationsmotor wissenschaftliche Studien,
zahlreiche Marktentwicklungsprojekte, bietet Lösungen für spezifische
Einsatzbereiche und fundierte Informationen für Fach- und
Publikumskreise - kompetent, neutral und partnerschaftlich.
Das Deutsche Kupferinstitut
- unterstützt seine Mitgliedsunternehmen, Kupfer und
Kupferanwendungen im Markt zu positionieren und neue
Technologien zu entwickeln,
- berät Verwender von Kupferwerkstoffen in allen fachlichen Fragen
von der Materialauswahl bis hin zur Gesetzgebung,
- erbringt Ingenieurdienstleistungen rund um alle Themen bei der
Verwendung von Kupferwerkstoffen, von Schadensfällen bis zur
Produktentwicklung und -optimierung
- initiiert in seiner Funktion als Schnittstelle zwischen
Wissenschaft und Industrie Forschungsarbeiten, Seminare und
Workshops zu Themen rund um Kupfer,
- informiert im Rahmen seiner Kommunikationsaktivitäten
zielgruppengerecht über aktuelle Entwicklungen und Neuigkeiten
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