„Typische Situationen, über die Patienten mit Nachtblindheit klagen, sind: Sie kommen von der Straße in eine Kaufhaus und müssen am Eingang stehen bleiben, weil sie nichts sehen. Oder: Wenn es dämmrig wird, hat jemand das Gefühl, tasten zu müssen, während sich andere Leute noch ganz ungestört bewegen können“, erklärt Prof. Lutz Hesse (Direktor der SLK-Augenklinik in Heilbronn) die Auswirkungen von Nachtblindheit. „Ist die Diagnose gestellt, dann kann nur die ursächliche Erkrankung behandelt werden“, ergänzt Georg Eckert (Berufsverband der Augenärzte Deutschland).
Aufbau des Auges
Das Auge verfügt über einen Pupillenlichtreflex, der die Pupille an die im Gesichtsfeld vorherrschenden Leuchtdichten anpasst (Adaption). Mit Hilfe der Irismuskulatur wird die Pupille entweder erweitert oder verengt, wodurch die einfallende Lichtmenge schnell reguliert werden. Umgangssprachlich als Nachtblindheit bezeichnet, kommt es zu einer partiell-funktionalen Einschränkung der visuellen Wahrnehmungsfähigkeit, bei der die Adaption des Auges an die Dunkelheit entweder eingeschränkt oder vollständig ausgefallen ist.
Die nun vorliegende Sehbehinderung hat mit einer Funktionsstörung der Stäbchen des Auges zu tun. Diese als Stäbchen bezeichneten lichtempfindlichen Sinneszellen (Fotorezeptoren) in der Netzhaut des Auges dienen dem Sehen bei geringer Helligkeit. Bei der Nachtblindheit kann es sich um einen angeborenen Defekt oder aber um eine später erworbene Sehschwäche handeln, wobei die Stäbchen auch vollständig ausfallen können.
Ursachen einer erworbenen Nachtblindheit
Vitamin-A-Mangel kann zu einer Sehschwäche in Form von Nachtblindheit führen. Wenn das Auge nicht ausreichend mit Vitamin-A versorgt wird, kann in den Stäbchen nicht genügend Rhodopsin gebildet werden. Dieses auch als Sehpurpur bezeichnete Sehpigment in der Netzhaut ist für das Hell-Dunkel-Sehen verantwortlich. Nach Prof. Hesse sei Nachtblindheit durch Vitamin-A-Mangel jedoch „bei uns sehr selten“.
„Sehr oft sind die Schädigungen der Stäbchen die Folge oder Begleiterscheinung von Erkrankungen wie erheblicher Kurzsichtigkeit oder Grünem Star“. Auch die Einnahme bestimmter Medikamente könne die Stäbchen schädigen.
Auch denkbar ist, dass der Patient einen kleinen Sehfehler hat, der bei guten Lichtverhältnissen nicht weiter auffällt, bei Dämmerung oder Dunkelheit aber stärkere Probleme macht. „Dann können eine Brille oder Kontaktlinsen rasch Abhilfe schaffen“, sagt Eckert.
Diese erworbenen Formen einer Sehstörung bei Dunkelheit beginnen meist schleichend und werden von den Patienten oft lange nicht bemerkt. Häufig beginnen sie zwischen dem 30. Und 50. Lebensjahr.
Angeborene Formen nicht behandelbar
In vielen Fällen wird Retinopathia pigmentosa vererbt. Ein Symptom dieser Netzhautdegeneration, bei der die Stäbchen mit der Zeit zerstört werden, ist eben Nachtblindheit. „Diese echte Nachtblindheit ist nicht behandelbar“, resümiert Eckert.
Mit verschiedenen Methoden und Geräten kann der Augenarzt den Ursachen für eine Störung der Stäbchen auf den Grund gehen. Getestet werden Sehschärfe, Anpassungsfähigkeit des Auges und Blendempfindlichkeit.