Durch eine bessere Organisation der Pflege ließe
sich die Lebensqualität von inkontinenten Menschen verbessern und
gleichzeitig Kosten senken. Das belegen zwei Studien, die jüngst auf
der größten Konferenz zur Zukunft der Kontinenzpflege, dem "5. Global
Forum on Incontinence", vorgestellt wurden.
Inkontinenz ist eine Volkskrankheit. Aufgrund der demografischen
Entwicklung wird die Zahl der Betroffenen in den nächsten Jahren und
Jahrzehnten weiterhin stark ansteigen. Unfreiwilliger Urinverlust hat
nicht nur erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität von
Millionen Menschen, sondern er ist in vielen Fällen zum einen mit
häuslicher Pflege und zum anderen mit Kosten für die Gesellschaft
verbunden. Durch eine bessere Organisation der Kontinenzpflege ließen
sich die Würde der Betroffenen wahren und gleichzeitig Millionen für
das Gesundheits- und Sozialsystem einsparen. Zu diesem Ergebnis kommt
eine aktuelle Studie, an der ein interdisziplinäres Team von Experten
aus der ganzen Welt in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsberatung
KPMG beteiligt war. Sie wurde auf dem "5. Global Forum on
Incontinence" in Madrid vorgestellt.
Die Autoren erläutern, wie sich die Kontinenzpflege bestmöglich
organisieren lässt und gleichzeitig Kosten in den Gesundheits- und
Sozialsystemen gespart werden können. "Über Inkontinenz wird in der
Öffentlichkeit immer noch zu wenig gesprochen und berichtet",
kritisierte Professor Dr. med. Adrian Wagg von der kanadischen
Universität von Alberta. Unfreiwilliger Urinverlust sei mit einer
ganz erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität der Betroffenen
und auch ihrer Pflegenden verbunden. "Obwohl es bereits eine Reihe
von nationalen und internationalen Leitlinien gibt, wurde bisher kaum
untersucht, wie inkontinente Menschen am besten gepflegt werden", so
der Experte. Die meisten Gesundheits- und Sozialsysteme stünden
bereits heute unter enormem finanziellen Druck. Oftmals seien sie
deshalb nicht in der Lage, Grundsätze für eine praktikable und
nachhaltige Kontinenzpflege aufzustellen.
Damit Betroffene schnelle Hilfe und eine effektive Pflege
erhalten, empfehlen die Studienautoren, klare Überweisungswege von
der ersten Diagnose über die Einschätzung der Inkontinenz bis zur
Behandlung zu definieren. Die Beurteilung der Inkontinenz und die
anschließende Behandlung sollte von einem Spezialisten durchgeführt
werden, beispielsweise einem ausgebildeten Kontinenzberater oder der
Pflegefachkraft eines ambulanten Pflegedienstes. Es empfiehlt sich,
dass Betroffene von Anfang an einen festen Ansprechpartner haben, der
die Behandlung koordiniert und für ein reibungsloses Zusammenspiel
aller Gesundheitsakteure sorgt. Auf diese Weise ließe sich laut
Studie eine schnell greifende und vor allem qualitativ hochwertige
Pflege sicherstellen. Zudem könnten Kosten gespart werden, da
doppelte Beratungs- und Behandlungsschritte vermieden werden.
Genauso wichtig sei es, Betroffene und ihre Pflegenden mit
Informationen zu versorgen, beispielsweise welche geeigneten
Inkontinenz-Produkte verfügbar sind und wie ein individuell passendes
Produkt ausgewählt wird. Schließlich müsse der Zugang zu
Inkontinenz-Produkten sichergestellt sein, die den Bedürfnissen der
Betroffenen und ihrer Pflegenden entsprechen. Darüber hinaus
empfehlen die Autoren auch im Bereich der Inkontinenzversorgung über
den Einsatz von Telemedizin nachzudenken, beispielsweise wenn der
Betroffene in einer ländlichen Region wohnt oder sich schämt, den
Arzt aufzusuchen.
"Obwohl die vorgelegten Studienergebnisse nicht eins zu eins auf
Deutschland übertragbar sind, gehen von ihnen wichtige Impulse für
die hiesige Kontinenzversorgung aus", sagte Dr. Ralf Suhr,
Vorstandvorsitzender der unabhängigen und gemeinnützigen Stiftung
"Zentrum für Qualität in der Pflege". Trotz der Existenz deutscher
Fachstandards müssten die Versorgungsprozesse von Menschen mit
Inkontinenz optimiert werden. Nur so ließe sich die Lebensqualität
der Betroffenen nachhaltig verbessern. "Dies kann aber nur gelingen,
wenn verschiedene Maßnahmen ineinandergreifen", erklärte Dr. Ralf
Suhr. Das Thema müsse in der pflegerischen Ausbildung und auch in der
Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Professionen an
Bedeutung gewinnen.
Eine gesundheitsökonomische Studie der Erasmus Universität in
Rotterdam belegt, dass das niederländische Gesundheitssystem durch
einen verbesserten Pflegeansatz bei der Kontinenzpflege über einen
Zeitraum von drei Jahren rund 14 Millionen Euro einsparen konnte.
Darüber hinaus wurden der Gesellschaft nochmals 106 Millionen Euro
eingespart. Der neue Ansatz wurde auf Betroffene über 65 Jahre
angewendet, die unter mehreren Begleiterkrankungen litten.
"Beide Studien tragen dazu bei, dass wir die demografischen
Herausforderungen unserer Gesellschaft meistern können", sagte
Professor Dr. Ian Milsom von der Universität Göteborg. Die
"Grundsätze einer optimalen Kontinenzpflege" würden es ermöglichen,
bessere Serviceleistungen bereitzustellen, die Gesundheitssysteme zu
entlasten und ein aktives Älterwerden zu unterstützen. "Wir
verbessern damit die Lebensqualität von Millionen von Menschen auf
der ganzen Welt", so Professor Ian Milsom. "Darüber hinaus benötigen
wir allerdings auch eine konzertierte Aufklärungs- und
Informationsarbeit der beteiligten Akteure, um das Thema Inkontinenz
in der öffentlichen Wahrnehmung stärker als bisher zu
enttabuisieren", ergänzte Dr. Ralf Suhr.
Über das Global Forum on Incontinence
Das 5. Global Forum on Incontinence (GFI) ist eine Weiterbildungs-
und Diskussionsplattform zur Auswirkung von Inkontinenz auf
Betroffene, Pflegekräfte und die Gesellschaft. Auf der Konferenz
kommen Entscheidungsträger, Patienten- und Angehörigenorganisationen,
nichtstaatliche Organisationen, medizinische Fachgesellschaften und
Berufsverbände aus dem Gesundheitswesen zusammen, um Grundsätze und
die strategische Weiterentwicklung einer besseren Organisation der
Kontinenzpflege zu besprechen. Das GFI wird von der Svenska Cellulosa
Aktiebolaget (SCA) und der Internationalen Kontinenz Gesellschaft
(ICS) ausgerichtet. Die Veranstaltung wird darüber hinaus unterstützt
durch Eurocarers, die International Alliance of Patients'
Organisations (IAPO), die European Association for Directors and
Providers of Long Term Care Services for the Elderly (E.D.E), die
Canadian Nurse Continence Advisors Association (CNCA), die US Society
of Urologic Nurses and Associates (SUNA), das European Centre for
Social Welfare Policy and Research, die Canadian Gerontological
Nursing Association (CGNA), die European Union Geriatric Medicine
Society (EUGMS) und die European Health Management Association
(EHMA). Weitere Informationen können unter www.GFIforum.com abgerufen
werden.
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