Die NRW-Landtagsanhörung am vergangenen Montag zum
Thema des Piratenantrags die "Haltung von Delfonen zu beenden" zieht
weiterer Kreise. Das Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF) kündigte
jetzt juristische Schritte gegen die Delfinhaltung an.
Im Mai will das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) die neue
Richtlinien für die Delfinhaltung vorstellen. Das WDSF sieht den
Entwurf als juristisch angreifbar, weil als wesentliche Grundlage der
Delfinhaltung die Zuchtbücher von den betreffenden Zoos in Duisburg
und Nürnberg nicht offen gelegt wurden.
In der Anhörung begründete der Duisburger Zoo-Chef Achim Winkler
die Verweigerung damit, dass dann "eine Hexenjagd der
Tierrechtsorganisationen" befürchtet werde. Zur Kritik der
lautstarken Beschallung der Delfine während der Vorführungen durch
die Zuschauer äußerte Winkler: "Die Geräuschkulisse im Delfinarium
ist vergleichbar wie im Fussballstadion, wenn ein Tor gefallen ist.
Klatsch, klatsch und Hurra sind nicht schlimm, weil der Lärmpegel
nicht dauerhaft ist. In Florida sorgen in den Meeresbuchten die
Jet-Skis für Lärm und die Delfine bleiben trotzdem, auch wegen der
Haie im Meer."
WDSF-Geschäftsführer Jürgen Ortmüller dazu: "Diese Argumentation
ist an den Haaren herbeigezogen. Es ist wissenschaftlich erwiesen,
dass Delfine unter Lärm leiden und immer wieder durch Anstrandungen
zu Tode kommen."
Zur Medikamentengabe räumte Winkler ein, dass die Delfine
prophylaktisch behandelt würden, aber Psychopharmaka bei
tierärztlichem Bedarf nur selten zum Einsatz kämen.
Der Sachverständige Christoph Maisack von der Deutschen
Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht sah dies anders und
äußerte: "Nach rechtlichen Empfehlungen des Europarates haben sich
sich die Haltungsbedingungen dem Tier anzupassen und nicht umgekehrt.
Die Gabe von Psychopharmaka stellt daher einen Eingriff in das
Sozialverhalten der Delfine dar. Die Verabreichung ist nur bei
Tiertransporten zulässig und ansonsten nicht."
Maisack machte deutlich, dass ebenso Verstöße bei der
Delfinhaltung gegen das Tierschutz- und Landschaftsgesetz vorliegen
könnten, weil die dort geforderten hohen Anforderungen an die
verhaltensgerechte Tierhaltung aufgrund der Weigerung der Zoos zur
Offenlegung der Zuchtbücher und Zoounterlagen fraglich seien.
Zoo-Direktor Winkler rechtfertigt die Delfinhaltung auch damit,
dass die Duisburger Wildfänge aus küstennahen Populationen der
Sarasota Bay im Golf von Mexiko stammten und dort nicht die Strecken
wie im Meer erreichen würden. Außerdem bezeichnete Winkler das offene
Meer als eine "Drecksbrühe" im Gegensatz zum aufbereiteten
Beckenwasser. Der Sachverständige Nicolas Entrup klärte auf, dass die
Sarasota Bay immerhin eine Größe von 225 Quadratkilometern hat.
Auf die Frage an Winkler über die Anzahl Todesfälle in den letzten
20 Jahren antwortete er ohne Angabe von Zahlen ausweichend, dass alle
Delfine bisher an Altersschwäche gestorben seien. Dem widerspricht
jetzt das WDSF mit einer schriftlichen Aussage des
NRW-Umweltministeriums. Dort heißt es: "In den letzten 20 Jahren sind
sechs Delfine im Alter von ca. 11-34 Jahren an unterschiedlichen
Erkrankungen und weitere neun Tiere kurz nach der Geburt verendet."
Das überarbeitete Säugetiergutachten fordert, dass sich das Dach
eines Delfinariums öffnen lassen muss, damit die Delfine auch
natürlichen Umwelteinflüssen ausgesetzt werden können. Auf
WDSF-Anfrage bestätigte das Umweltamt der Stadt Duisburg mit
Schreiben vom 9. April, dass sich das Schiebedach jetzt inzwischen
vollständig öffnen lassen würde. WDSF-Mitarbeiter stellten jedoch am
letzten Wochenende fest, dass dies nicht der Fall ist und Bauplanen
einzelne Dachbereiche abdeckten. Tierpfleger bestätigten, dass sich
das Dach nach wie vor nicht öffnen lässt.
Ortmüller vom WDSF: "Die Landtagsanhörung und unsere
Vor-Ort-Besichtigung haben genügend Mängel aufgedeckt, um juristisch
gegen die Delfinhaltung in Duisburg vorzugehen und das werden wir
auch tun."
Seit den Osterferien stehen nach WDSF-Angaben erneut an jedem
Wochenende Helfer vor dem Haupteingang des Zoos um die Besucher mit
Info-Material über die "katastrophale Delfinhaltung" aufzuklären und
vom Besuch des Delfinariums abzuraten. Immerhin hätten sie seit 2010
mit über 90.000 Broschüren die Zoo-Besucher erreicht, wobei im
letzten Jahr rund 100.000 Besucher dem Duisburger Zoo fern geblieben
sind, meint Jürgen Ortmüller. Dem Zoo gefällt dies nicht, aber außer
dem Abfotografieren der Tierschützer konnte Zoo-Chef Winkler nichts
weiter veranlassen, weil die Info-Verteilung von der Stadt genehmigt
ist.
Hintergrund:
Stellungnahmen der Sachverständigen zur NRW-Landtagsanhörung:
http://ots.de/wCglL
Video-Aufzeichnung der NRW-Landtagsanhörung:
https://www.youtube.com/watch?v=YhrIH9BkHl8#t=22
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