Das Bundesagrarministerium (BMEL) hat heute in einer
Pressekonferenz das überarbeitete Gutachten über die
Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren
(Säugetiergutachten) vorgestellt. Tierschützer wollen gegen das
Gutachten juristisch vorgehen.
Die Änderung war bereits vor vier Jahren vom Bundestag unter
Hinzuziehung von Tierschutz- und Zoo-Verbänden und unabhängigen
Gutachtern unter der Leitung des BMEL beschlossen worden, nachdem das
Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF) die SPD-Politikerin Mechthild
Rawert im Jahr 2008 insbesondere zur Delfinhaltung um eine
entsprechende Beschlussempfehlungsvorlage im Bundestag gebeten hatte.
Anträge von Bündnis90/Die Grünen die Delfinhaltung zu beenden, waren
mehrfach an den Mehrheitsverhältnissen der Regierungsparteien im
Bundestag gescheitert.
Rawert war in ihrer Stellungnahme zum Änderungsbeschluss des
Säugetiergutachtens ursprünglich davon ausgegangen, dass insbesondere
die Haltungsbedingungen für Delfine "massiv zu verbessern sind oder
es sogar zu einem generellen Auslaufen der Gefangenschaftshaltung von
Delfinen kommen muss". Ebenso sollte das Thema Delfintherapie in den
Neuentwurf des Säugetiergutachtens einfließen.
Angepasst wurden nun im neuen Gutachten u.a. die
Haltungsbedingungen der Kleinsäuger, Affen, Elefanten und der
Meeressäuger mit Delfinen und Eisbären.
Während der Überarbeitungsphase sorgten die Änderungsanträge der
Tierschutz-Verbände bereits für Zündstoff. 14 beteiligte deutsche
Tier - und Naturschutzverbände hatten Vorbehalte beim Neuentwurf,
weil nicht überall Mindeststandards nach neuesten wissenschaftlichen
Erkenntnissen bei der Tierhaltung berücksichtig worden wären. Das
WDSF distanzierte sich zur Delfinhaltung ausdrücklich von dem
Gutachten.
Das Wal- und Delfinschutz-Forum kritisiert insbesondere, dass sich
bei der Delfinhaltung nichts Wesentliches geändert hätte.
WDSF-Geschäftsführer Jürgen Ortmüller: "Die Haltungsbedingungen der
18 Delfine, die noch in den Zoos von Duisburg und Nürnberg gehalten
werden, wurden lediglich an die vorhandenen Gegebenheiten angepasst.
Dies ist ein eindeutiger Verstoß gegen die Empfehlung des Europarats
demnach sich nicht der Bedarf der Tiere an die vorhandenen
Haltungsbedingungen anzupassen hat, sondern die Haltungsbedingungen
müssen sich am verhaltensgerechten Bedarf der Tiere orientieren."
Die fortlaufende Verabreichung von Psychopharmaka und Antibiotika
stelle einen Eingriff in das Sozialverhalten der Zoo-Tiere und damit
einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar, so das WDSF. Da die
Tierschutztransportverordnung den Einsatz von Beruhigungsmitteln
lediglich beim Tiertransport erlaubt, sei im Umkehrschluss die
fortlaufende Verabreichung von Valium und ähnlichen Medikamenten
unzulässig. Im neuen Säugetiergutachten stehe davon kein Wort, sagt
Ortmüller.
Das WDSF hat aufgrund einer Akteneinsicht im Nürnberger Tiergarten
eine fachbiologische Analyse mit Aufzählung der Verabreichung von
Psychopharmaka auf seiner Homepage veröffentlicht. Dabei ergeben sich
Spitzenwerte von 4100 mg Diazepam (Valium) innerhalb von neun Monaten
für einen einzelnen Delfine. Selbst bei Schwangerschaften sei das
potentielle Suchtmittel eingesetzt worden, schreibt die Biologin des
WDSF.
Weiterhin wird vom WDSF bemängelt, dass die wissenschaftlich und
medizinisch nicht anerkannte Delfintherapie gar nicht im Gutachten
reglementiert wurde. Der Tiergarten Nürnberg hatte angekündigt, die
Therapie mit Delfinen zukünftig entgeltlich anzubieten.
Bei der Gehegemindestanforderung waren bisher für zehn Delfine,
die jetzt in Nürnberg gehalten werden, 775 m2 vorgesehen. Im neuen
Säugetiergutachten beträgt die Mindestanforderung 975 m2 für zehn
Delfine. WDSF-Chef Ortmüller: "Selbst wenn die tatsächliche Fläche in
Delfinarien etwas größer ist als die Mindestanforderungen es nun
reglementieren, grenzt diese kleine Betonkäfighaltung an
Tierquälerei. Sogar residente Delfine in freier Wildbahn in der
Sarasota Bay in Florida, aus der angeblich die Wildfänge im
Duisburger Zoo stammen, verfügen über 125 Quadratkilometer Freiraum.
Das neue Säugetiergutachten ist eine Farce mit der sich die Zoo-Lobby
zum Leidwesen der Tiere durchgesetzt hat. Wir werden juristisch gegen
die Richtlinie vorgehen, da neueste wissenschaftliche Erkenntnisse,
die wir dem BMEL vorgelegt hatten, keinen Zugang gefunden haben."
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