Das Thema:
"Das neue Hartz IV: Härter, aber fairer?"
Wer dreimal einen Termin im Jobcenter schwänzt, dem sollen künftig
Hartz IV-Leistungen komplett gestrichen werden. Solche Sanktionen und
andere Neuregelungen werden von der Bundesagentur für Arbeit
gefordert. Ziele der Reform: weniger Bürokratie und weniger Hartz
IV-Missbrauch. Reichen diese Reformen? Was sagen Betroffene, Hartz
IV-Kritiker, Unternehmer oder Jobcenter-Mitarbeiter dazu?
Gäste:
Sandra Völker (Ehem. Spitzensportlerin) Ulrich Schneider
(Hauptgeschäftsführer "Paritätischer Wohlfahrtsverband") Judith
Williams (Unternehmerin und Homeshopping-Star) Michael Fielsch
(Hartz-IV-Empfänger) Rita Knobel-Ulrich (Autorin und Filmemacherin)
Sandra Völker
Sie war eine der erfolgreichsten deutschen Schwimmerinnen,
45-malige Deutsche Meisterin, mehrfache Weltmeisterin und
Olympiamedaillengewinnerin. In ihrer zwanzigjährigen Laufbahn hat
Sandra Völker über eine Million Euro verdient. Davon geblieben ist
ihr nichts nach verunglückten Geldanlagen und einer gescheiterten
Selbständigkeit. Bevor der Schwimm-Star Ende letzten Jahres in die
Privatinsolvenz ging, musste sie sogar Hartz IV beantragen. Der
Schritt fiel ihr nicht leicht: "Ich habe mich geschämt. Ich hatte das
Gefühl, gescheitert zu sein".
Ulrich Schneider
Die Hartz IV-Reformpläne sind "menschenfern", kritisiert der
Sozialexperte, der in den Reformen hauptsächlich eine
Verschlechterung der Situation für Leistungsempfänger sieht. "Wenn
künftig die Miete auf einem bestimmten Niveau gedeckelt oder bei
Terminversäumnissen die Zahlungen komplett gestrichen werden, ist das
eine unzumutbare Verschärfung", warnt Ulrich Schneider.
Judith Williams
Sie verkörpert den amerikanischen Traum vom Aufstieg: Als ihre
Opern- und Konzertkarriere über Nacht endet, beginnt Judith Williams
bei null: Als Tresen-Kraft im Fitnessstudio erkennt sie ihr
verkäuferisches Talent, wird bei einem Teleshopping-Sender als
Moderatorin engagiert. Dann geht sie volles Risiko und wird
Kosmetik-Unternehmerin. Heute macht die Tochter amerikanischer Eltern
mit ihren Verkaufs-Shows Millionenumsätze. Ihr Credo: Wer arbeiten
kann, muss es auch tun. Niemand dürfe es sich in der sozialen
Hängematte bequem machen.
Michael Fielsch
"Ich bin leidenschaftlicher Hartz IV-Empfänger und hyperaktiver
Taugenichts", sagt der Langzeitarbeitslose. Der 49-Jährige erhält
seit rund 15 Jahren Unterstützung vom Staat. Ändern will er daran
aber nichts: "Ich bin doch nicht dafür da, um für irgendwen zu
arbeiten"! Den Vorwurf des Sozialschmarotzers lässt er nicht gelten:
Als Aktivist für ein bedingungsloses Grundeinkommen setze er sich
schließlich für die Gesellschaft ein: "Ich habe gar keine Zeit zu
arbeiten!" Jetzt, nach 15 Jahren Arbeitslosigkeit, droht das
Jobcenter erstmals mit Sanktionen.
Rita Knobel-Ulrich
"Ich halte es für die Grundpflicht eines jeden Arbeitslosen, sich
zu bewegen und so schnell wie möglich neue Arbeit zu finden", sagt
die Autorin. Allerdings habe sie bei ihren Recherchen über
Langzeitarbeitslose allzu oft Ausflüchte gehört, warum ein Job nicht
angetreten werden könne. In ihrem Buch "Reich durch Hartz IV"
beschreibt Rita Knobel-Ulrich, wie um das Sozialsystem eine ganze
Industrie entstanden sei. Unzählige Fortbildungsinstitute,
Rechtsanwälte und Tafeln verdienen kräftig an den Maßnahmen zur
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.
Redaktion:Klaus Michael Heinz
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