Der Zugang zu einer solchen Adipositas-Therapie könnte vielen Menschen mit Adipositas helfen. Zum Beispiel auch Carina, die als Kind schon mollig war und heute adipös ist. Trotz vieler Abnehmversuche ist es ihr nicht gelungen, die Kiloanzeige auf der Waage dauerhaft zu senken. „Die Empfehlungen meines Arztes haben mir über einige Monate geholfen abzunehmen“, so Carina, „aber jetzt streiken meine Kniegelenke und ich nehme wieder zu.“ Wie viele Patienten mit Adipositas bräuchte Carina dauerhaft therapeutische Unterstützung, um ihr Risiko für weitere schwere Folgeerkrankungen wie Diabetes, Fettleber und Herz-Kreislauf-Erkrankungen abzubauen. Dieses Dilemma ist im Gesundheitswesen seit langem bekannt. Die Behandlung der Folgeerkrankungen wird von Krankenkassen übernommen, die Ursache Adipositas aber gilt bisher − anders als in den USA − nicht als behandlungswürdige Krankheit.
Anlässlich einer Adipositas-Veranstaltung mit rund 200 Teilnehmern im April in Berlin unterstrich Prof. Hans Hauner für das KNA, dass „die Versorgung von Adipositaspatienten dringend verbessert werden muss und ab einem Body-Mass-Index von 35 kg/m2 ein Anspruch auf Therapie bestehen sollte.“ Nur so könne die Gesundheit erhalten und enorme Folgekosten vermieden werden. Gemäß Prof. Matthias Blüher vom IFB AdipositasErkrankungen „steigt zwar die Zahl der Kostenübernahmen für Adipositas-chirurgische Eingriffe wie Magenbypässe, aber die unabdingbare Nachsorge für diese Patienten, wird Kliniken bisher nicht vergütet.“ Ebenso seien viele Therapiemaßnahmen, die für eine konservative Behandlung sinnvoll sind, derzeit nicht regelhaft durch Krankenkassen abrechenbar. Auch Gesundheitspolitiker Dietrich Monstadt räumte ein: „Im Bereich Adipositas liegt Vieles im Argen“. Als Mitglied des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages will Monstadt sich „für eine verbesserte Prävention und Versorgung stark machen.“ Kurzfristige Kampagnen brächten wenig, gesamtgesellschaftliche Veränderungen seien nötig, so der Gesundheitspolitiker.
“Die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Adipositas in Deutschland ist nach wie vor zu hoch“, so der DAG-Präsident Prof. Martin Wabitsch. „Der Leidensdruck unter dem Stigma Adipositas ist groß und wird massiv unterschätzt“, berichtet der Kinder- und Jugendarzt. „Einer Studie zufolge entspricht die Lebensqualität eines Jungen oder Mädchens mit Adipositas der eines krebskranken Kindes. Deshalb muss eine Therapie so früh wie möglich einsetzen“, so der DAG-Präsident.
Dass eine erfolgreiche Therapie der Adipositas möglich ist, wird durch verschiedene Studien gezeigt. Aktuelle Vereinbarungen einzelner Kliniken mit der AOK Plus in Thüringen und Sachsen machen außerdem deutlich, dass eine verbesserte Versorgung realisierbar ist.