Verhältnismäßigkeit des
Glücksspielstaatsvertrags wird in weiterem EuGH-Verfahren geprüft
Wettanbieter spricht sich für ein marktorientiertes
Erlaubnismodell für alle EU-Anbieter aus, die staatliche Vorgaben
erfüllen
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute eine Entscheidung zum
deutschen Glücksspielrecht verkündet. Darin stellt der EuGH fest,
dass die deutsche Glücksspielregulierung allein auf Grund der
abweichenden Regelungen im schleswig-holsteinischen Landesrecht nicht
gegen das Kohärenzgebot verstößt. Der Glücksspielstaatsvertrag muss
allerdings insgesamt den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit
genügen. Dies wird in einem weiteren derzeit beim EuGH anhängigen
Verfahren zu klären sein.
Karin Klein, bwin.party Director Regulatory Affairs, sagte: "Der
EuGH hat heute bestätigt, dass das erfolgreiche Lizenzmodell in
Schleswig-Holstein und der bisher für die Sportwette nicht umgesetzte
Glücksspielstaatvertrag nebeneinander bestehen können. Grundsätzlich
leidet der Glücksspielstaatsvertrag unter einer Vielzahl
europarechtlicher Mängel, die bereits von der Europäischen Kommission
scharf kritisiert wurden. Zum aktuellen Glücksspielstaatsvertrag per
se hat sich der EuGH nicht explizit geäußert, da dies nicht
Gegenstand der Vorlagenfragen war. Mit diesen Fragen wird er sich in
einem weiteren anhängigen Verfahren beschäftigen. Das Urteil hierzu
wird im Laufe des Jahres 2015 erwartet."
bwin spricht sich nach wie vor für ein Erlaubnismodell aus, in dem
allen Anbietern eine Zulassung erteilt wird, die vom Gesetzgeber
definierte strenge Voraussetzungen, u.a. zur Sucht- und
Betrugsbekämpfung, erfüllen. Zudem sollte diese Regulierung in ihrer
Ausgestaltung die Wettbewerbsfähigkeit der zugelassenen Veranstalter
mit nicht lizenzierten Anbietern sicherstellen, um die Spieleinsätze
in diesem Markt weg von den Schwarzmarktanbietern und hin zu
staatlich regulierten und kontrollierten Anbietern zu kanalisieren.
- Mit einem solchen Modell könnten die wesentlichen Mängel und
rechtlichen Schwierigkeiten, die beim aktuellen
Glücksspielstaatsvertrag bestehen, gelöst werden. Sie liegen
unter anderem in der Beschränkung auf 20 Konzessionen, auf Grund
derer nicht alle seriösen Anbieter aus dem EU Raum im
regulierten Markt aktiv werden können. Dies hat bereits zu
erheblichen Verzögerungen und Schwierigkeiten im
Zulassungsverfahren geführt. Ebenso dürften einseitige
Beschränkungen des Online-Vertriebs, vor allem aber
Einsatz-Limits, die es im stationären Geschäft nicht gibt, und
die Onlineanbieter diskriminieren, einer rechtlichen Prüfung
nicht standhalten.
Diese und weitere Mängel des Konzessionsverfahrens wurden dem EuGH
zwischenzeitlich vom Amtsgericht Sonthofen vorgelegt. Der EuGH wird
darüber voraussichtlich 2015 entscheiden.
Auch die Europäische Kommission hatte bereits im Juli 2011 im
vorgeschriebenen Notifizierungsverfahren des
Glücksspielstaatsvertrags eine sogenannte "ausführliche
Stellungnahme" abgegeben. Diese Form der Stellungnahme ist das
schärfste Instrument, das der EU Kommission vor Einleitung eines
Vertragsverletzungsverfahrens gegen einen Mitgliedsstaat zur
Verfügung steht. Sie hatte darin unter anderem die Beschränkung der
Zahl der Konzessionen, erhebliche Restriktionen für Onlineanbieter
und die Benachteiligungen der Onlineanbieter gegenüber stationären
Anbietern scharf kritisiert.
Hintergrund des aktuellen EuGH-Verfahrens: In dem Verfahren vor
dem EGH ging es um die Klärung europarechtlicher Fragen, die der
Bundesgerichtshof (BGH) im Januar 2013 dem EuGH zur Entscheidung
vorgelegt hatte. Die Fragen stellten sich in einem Verfahren, in der
die staatliche Lottogesellschaft Westlotto einem privaten
Online-Sportwetten- und Casinoanbieter, der sich auf die europäische
Dienstleistungsfreiheit beruft, seine Angebot wettbewerbsrechtlich
untersagen lassen wollte. Der BGH wollte die sogenannte
Kohärenzproblematik, also die Frage, ob eine inkohärente nationale
Ausgestaltung der Glücksspielregulierung durch widersprüchliche
nationale Regelungen gegeben sei, durch den EuGH entschieden wissen.
In dem Fall, dass eine inkohärente Regulierung innerhalb eines
Mitgliedstaates vorliegt, führt sie dazu, dass die nationalen
Regelungen, die die Grundfreiheiten des EU-Vertrages beschränken,
nicht anwendbar sind.
Konkret ging es um eine Inkohärenz durch unterschiedlich
ausgestaltete, parallel bestehende Regulierungssysteme für
Online-Glücksspielangebote in Deutschland: Seit Januar 2012 gilt in
Schleswig-Holstein ein liberalisiertes Glücksspielrecht, das eine
Genehmigung für den Vertrieb von Online-Glücksspielangeboten für
jeden Antragsteller aus der EU vorsieht, der bestimmte strenge
Voraussetzungen erfüllt. Insgesamt wurden auf dieser Basis für 45
Glücksspielangebote, davon 25 Sportwettenangebote, Genehmigungen
erteilt. Die führenden Anbieter im Markt wie bwin.party haben ihre
Lizenzvorgaben zwischenzeitlich umgesetzt und bieten genehmigte
Glücksspiele unter der Aufsicht des schleswig-holsteinischen
Innenministeriums an.
Im Januar 2013 wurde das Schleswig-Holsteinische Glücksspielgesetz
mit dem Beitritt Schleswig-Holsteins zum Glücksspielstaatsvertrag der
übrigen Bundesländer aufgehoben, seine Bestimmungen und die auf
seiner Grundlage erteilten Genehmigungen gelten aber für die 45
lizenzierten Glücksspielangebote fort. Der in den übrigen
Bundesländern bereits im Juli 2012 in Kraft getretene neue
Glücksspielstaatsvertrag enthält weiterhin Vertriebs- und
Werbeverbote für Glücksspiel im Internet. Zwar können unter
bestimmten Voraussetzungen Erlaubnisse erteilt werden, aber auf ihre
Erteilung besteht kein Rechtsanspruch. Damit unterscheidet sich die
Rechtslage im übrigen Bundesgebiet wesentlich von der
Schleswig-Holsteins.
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