Harald und Renate sind seit 20 Jahren verheiratet. Seit einigen
Jahren leidet Renate unter Hörverlust, ihr Hörvermögen hat sich
zusehends verschlechtert. Lange hat sie versucht, diese
Beeinträchtigung zu verbergen. Sie wurde introvertierter, mied
Veranstaltungen mit vielen Menschen und ging nur noch selten aus dem
Haus. Dieser soziale Rückzug hat auch ihre Beziehung zu Harald stark
belastet: Er fühlte sich ausgegrenzt und zurückgewiesen. Mittlerweile
trägt Renate ein CI, mit dem sie sehr gut zu Recht kommt. Ab und zu
ist sie z.B. bei Telefonaten noch auf Haralds Hilfe angewiesen. Damit
ihre Partnerschaft weiterhin auf Augenhöhe funktionieren kann, haben
sie sich für eine Paartherapie entschieden.
Missverständnisse und Ungleichgewicht in der Partnerschaft führen
zu Spannungen
Jeder fünfte Europäer lebt mit Hörbeeinträchtigung, alleine in
Deutschland sind knapp 20 Prozent der über 14-Jährigen betroffen.
Viele davon leben in festen Partnerschaften. Wie belastend das Thema
Hörverlust für eine Beziehung sein kann, weiß Egid Nachreiner,
Dipl.-Sozialpädagoge und Audiotherapeut:
"Ich arbeite viel mit Paaren zusammen, von denen ein Partner durch
Hörverlust gehandicapt ist. Oftmals treffe ich auf ähnliche Probleme:
Der Betroffene fühlt sich in der Beziehung hilfsbedürftig,
angespannt, unsicher, ausgegrenzt oder überflüssig. Auf der anderen
Seite steht der normal hörende Partner, der sich selbst in die Rolle
des Helfenden drängt oder gedrängt wird, überfordert ist und die
eigenen Wünsche und Bedürfnisse hintenanstellt. Treffen diese beiden
Selbstwahrnehmungen aufeinander, bietet sich viel Spielraum für
Missverständnisse und Konflikte."
Ein weiterer Faktor, der zu Unstimmigkeiten in einer Beziehung
führen kann, ist das Ungleichgewicht, welches sich möglicherweise in
einer Partnerschaft zwischen Hörenden und Nicht- bzw.
Schlechthörenden einstellt. Durch seinen Hörverlust ist der
Betroffene in der Kommunikation mit seinem Umfeld eingeschränkt und
oft auf die Unterstützung durch den gut hörenden Partner angewiesen.
Dabei sind die Übergänge zwischen erwünschter, notwendiger und
unerwünschter, unnötiger Hilfe manchmal fließend. In solchen Fällen
funktioniert die Partnerschaft schnell nicht mehr auf Augenhöhe. Das
Gefüge kann sich aber auch umdrehen und der Betroffene setzt den
besser hörenden Partner emotional unter Druck. Eine offene und
konstruktive Kommunikation ist hier gefragt. Wie in jeder
Partnerschaft gilt: die eigenen Bedürfnisse klar artikulieren und dem
Partner erklären. Auf beiden Seiten sollte der Partner nicht
überfordert werden. Damit die Beziehung nicht in das oben
beschriebene Ungleichgewicht rutscht, hilft es oft schon, wenn die
Dolmetscherfunktion des normal hörenden Partners reduziert wird.
Was tun, wenn die Probleme nicht mehr alleine gelöst werden
können?
Manchmal hilft auch eine offene Kommunikation nicht mehr weiter
und die Beziehung steckt in einer Sackgasse. Für Paare, bei denen ein
Partner schlecht hört, gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich
Unterstützung zu holen:
- Selbsthilfegruppen:
Oftmals hilft der neutrale Blick eines Außenstehenden, Probleme
klarer zu erkennen. In Selbsthilfegruppen werden diverse Themen
diskutiert und Erfahrungen ausgetauscht. Eine gute Plattform für die
Recherche bietet die Seite der DCIG
(http://dcig.de/selbsthilfe/selbsthilfegruppe-finden.html), der HCIG
(http://ots.de/87F4q) und des Deutschen Schwerhörigenbundes
(http://ots.de/jfA2u).
- Psychologen:
Um Probleme zu lösen greifen viele Paare auf die Hilfe eines
Psychologen zurück. Bei der Auswahl sollte man darauf achten, eine
Fachkraft zu konsultieren, die Erfahrung im Umgang mit Paaren hat,
bei denen ein Partner von Hörverlust betroffen ist.
- Rehakliniken für Hörgeschädigte: Im Rahmen der Rehabilitation
werden psychologische Beratungsgespräche angeboten, die eine gute
Plattform bieten, über Probleme in der Partnerschaft zu reden.
- Audiotherapeuten:
Viele Audiotherapeuten kennen die Probleme, die in einer
Partnerschaft zwischen Hörenden und Betroffenen entstehen können.
Einen Überblick über das Thema Audiotherapie bietet die Seite
http://www.audiotherapie.info/index.php.
Für Egid Nachreiner steht einer glücklichen, funktionierenden
Beziehung zwischen Hörenden und Betroffenem eigentlich nichts im
Wege: "Zwischen allen Paaren gibt es Höhen und Tiefen. Sich seiner
Probleme bewusst zu werden, ist der erste, wichtige Schritt in die
richtige Richtung."
beat the silence - Der Stille entgegentreten
Die Initiative beat the silence möchte Hörverlust als Barriere für
Kommunikation überwinden und Hilfe anbieten. Auf den verschiedenen
Kanälen der Initiative können sich Betroffene und deren Angehörige
über das Thema Hörverlust informieren und austauschen. Unterstützt
wird beat the silence vom Hörimplantathersteller MED-EL. Das
Herzstück der Initiative bildet die Website www.beat-the-silence.org.
Dank einer klaren und einfachen Navigationsstruktur werden die
Besucher über verschiedene Menüpunkte zu unterschiedlichsten Themen
im Zusammenhang mit dem Wert guten Hörens aufgeklärt. Neben der
Website kommuniziert die Initiative beat the silence vor allem über
ihren Facebook- und Twitter-Account sowie den eigenen
YouTube-Channel.
Pressekontakt:
Raphaela Fremuth
Brabanter Str. 4
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Fax: 089 121 75 197
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