Im Südsudan ist die Zahl der mangelernährten
Kinder schockierend hoch. Mehr als 13.270 Kinder - die meisten von
ihnen unter fünf Jahren - wurden seit Jahresbeginn in die dortigen
Ernährungsprogramme von Ärzte ohne Grenzen aufgenommen. Das sind
bereits 73 Prozent der Gesamtaufnahmen des Vorjahres. Die Gründe für
die Mangelernährung sind Gewalt, Vertreibung und
Nahrungsmittelknappheit.
"Dies ist eine von Menschen verursachte Katastrophe", sagt Raphael
Gorgeu, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen im Südsudan. "Wir
erleben jetzt die schockierenden Konsequenzen davon, dass eine
Million Menschen vertrieben worden sind. Einige sind seit sechs
Monaten auf der Flucht. Sie trinken Sumpfwasser und essen
Pflanzenwurzeln, um zu überleben."
Vor allem in den vom Konflikt besonders betroffenen Bundesstaaten
Unity, Jonglei und Upper Nile ist die Zahl der mangelernährten Kinder
dramatisch gestiegen. In der Stadt Leer (Unity) hat Ärzte ohne
Grenzen vor dem Konflikt 40 mangelernährte Kinder im Monat behandelt
- jetzt sind es monatlich mehr als 1.000. Das Ausmaß der Krise wurde
im Mai deutlich: Die Menschen, die durch die Kämpfe vertrieben worden
waren, kehrten nach Monaten des Überlebenskampfs unter freiem Himmel
in die Stadt zurück. "Sie strömten nur so zu uns ins Krankenhaus",
erzählt Sarah Maynard, Projektleiterin in Leer. "Das Ausmaß der
Mangelernährung war erschreckend."
In Upper Nile haben Teams von Ärzte ohne Grenzen nördlich von
Malakal mehr als 2.000 schwer mangelernährte Kinder in
Ernährungszentren aufgenommen. Eine jüngst durchgeführte Untersuchung
zur Kindersterblichkeit zeigte sehr hohe Todesraten. Auch in Lankien
und Yuai (beide Jonglei) behandeln die Teams 60 Prozent mehr
mangelernährte Kinder als 2013.
In Nasir (Upper Nile) musste Ärzte ohne Grenzen wegen heftiger
Kämpfe im Mai die Projekte aussetzen. Viele Bewohner flohen in die
Region Gambella im benachbarten Äthiopien. In den Projekten dort
sehen Mitarbeiter der Organisation Mangelernährungsraten, die
deutlich über den Werten einer akuten Krisensituation liegen: 20
Prozent der Flüchtlinge sind mangelernährt, 6 Prozent schwer
mangelernährt und damit in Lebensgefahr. "Im Mai sind die Menschen
vor den Kämpfen geflohen", sagt Natalie Roberts, medizinische
Koordinatorin in Gambella. "Jetzt verlassen sie den Südsudan, weil
sie nichts mehr zu essen haben."
Die Geflüchteten haben ihr Vieh, ihre Ernte und ihr Saatgut
verloren. Die Gewalt hat die Aussaat und die Ernte unterbrochen.
Nahrungsvorräte und Märkte wurden zerstört und geplündert, Straßen
unpassierbar. Die Regenzeit und die saisonale Nahrungsmittelknappheit
verschlimmern die Krise noch.
"Viele Menschen sind jetzt komplett abhängig von Hilfe - und
werden es auf absehbare Zeit auch bleiben", sagt Gorgeu. Die
Organisationen vor Ort müssen ihre Hilfe ausweiten. Regionale
Nahrungsmittelverteilungen müssen garantiert und benötigte Gelder
bereitgestellt werden. Die Konfliktparteien müssen alles tun, um
humanitäre Hilfe zu erleichtern. Der Transport über Straßen und
Flüsse muss sicher sein und Hilfe auch über Konfliktlinien hinweg
ermöglicht werden.
Pressekontakt:
Stefan Dold/Svenja Kühnel, Tel. 030 700 130 239/-230
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