„Mich persönlich erschüttert vor allem, dass auch schon viele Kinder und Jugendliche mit Adipositas belastet sind“, sagte Monstadt anlässlich des Journalisten- und Multiplikatorenworkshops „Therapie der Adipositas in Deutschland – Möglichkeiten und Grenzen" im April in Berlin. Der Gesundheitspolitiker sieht in der Adipositas ein „gesamtgesellschaftliches Problem, das sich nur ressortübergreifend lösen lässt.“ Man dürfe die rund 15 Millionen Betroffenen in Deutschland nicht im Regen stehen lassen. Auch auf die Krankenkassen rolle eine Kostenwelle von gigantischem Ausmaß zu, die sie nicht alleine werden tragen können. Um die zu erwartenden Kosten für die schwerwiegenden Folgen der Adipositas wie Typ 2 Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und verschiedene Krebsformen zu begrenzen, komme man um ein professionelles Präventionskonzept nicht herum, so Monstadt weiter. „Wir müssen eingreifen, bevor die Menschen krank werden. Letztlich geht es darum, die Lebensgewohnheiten einer ganzen Gesellschaft zu ändern.“ Auch die weiterführende Förderung der Adipositasforschung in Deutschland im Rahmen des Kompetenznetzes Adipositas hält der Bundestagsabgeordnete für enorm wichtig.
80 Prozent mehr ältere Adipositasbetroffene bis 2030?
Aktuelle Studien wie jene am Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels verdeutlichen die Dringlichkeit des Themas: Anhand der Simulation sechs verschiedener Szenarien wurde ermittelt, wie sich die Zahlen leicht übergewichtiger und fettleibiger Menschen bis zum Jahr 2030 entwickeln werden. Dabei konzentrierte sich die Analyse auf die Gruppe der über 50-Jährigen. Es wurde errechnet, dass die Zahl der über 50-Jährigen mit Adipositas bis 2030 um 80 Prozent zunehmen wird, sofern sich der Anstieg im gleichen Tempo wie zwischen 1999 und 2009 fortsetzt. Selbst wenn sich der Anstieg – wie für eines der positiveren Szenarien errechnet – um 75 Prozent verlangsamt, wird es noch immer um 30 Prozent mehr Menschen mit Adipositas im Vergleich zu 2009 geben.
Im europaweiten Vergleich steht Deutschland damit gar nicht gut da. Bei den über 50-Jährigen mit Adipositas rangiert Deutschland an zweiter Stelle hinter Spanien. Wenn der gegenwärtige Trend anhält, könnte der frisch gekürte Fußballweltmeister den Spaniern schon im Jahr 2020 auch hier den Rang ablaufen.
Kompetenznetz Adipositas als wichtige Plattform
Unter diesen Aspekten bleibt es weiterhin unverständlich, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Fördergelder für das seit 2008 erfolgreich laufende bundesweite Kompetenznetz Adipositas bereits nach der Hälfte der geplanten Laufzeit von zwölf Jahren einstellen will. Dabei hat das Kompetenznetz Adipositas eine bemerkenswerte bundesweite Vernetzung der führenden Einrichtungen aus unterschiedlichen Disziplinen erreicht. Neben einer Expertenplattform für transdisziplinäre Adipositasforschung konnte im Kompetenznetz Adipositas eine starke Infrastruktur mit zentraler Geschäftsstelle sowie Patientenregister, Referenzzentren, Biobanken und Methodenplattformen aufgebaut werden, die unbedingt erhalten werden muss.