Die gute Nachricht ist: Details interessieren nicht.
Wie die neue Gesundheitsministerin ihren Job anlegen wird, bleibt
weitgehend ihr überlassen - Hauptsache, sie macht dabei keine
politischen "Brösel". Die schlechte Nachricht: Wenn Sabine Oberhauser
keine mittel- und langfristigen politischen Visionen für Österreichs
Gesundheitssystem entwickelt, wird es auch sonst keiner machen. Ihr
(baldiger) Vorgänger Alois Stöger hinterlässt ihr nicht die
schlechtesten Voraussetzungen. Die Gesundheitsreform ist "auf
Schiene": Neun Landeshauptleute haben sich mit ihrer Unterschrift auf
einen Zielsteuerungsplan festgelegt, der eine mittelfristige
Strategie in der Gesundheitspolitik vorgibt. Wenn Oberhauser dies
exekutiert, wird sich Österreichs Gesundheitssystem mit der Zeit
nachhaltig verändern.
Dafür braucht es freilich Stärke und Konsequenz: Denn schon jetzt,
am Anfang dieses Wegs, zeichnen sich faule Kompromisse ab. Vereinbart
worden war etwa, die "Primärversorgung auszubauen" - und zwar "auf
Augenhöhe". Sprich: Gesundheitszentren mit niedergelassenen Ärzten
sowie Pflegepersonal und Therapeuten sollen entstehen, wo sich alle,
die mit einem Patienten arbeiten, partnerschaftlich absprechen und
koordinieren. Die Ärzte verstehen unter "Augenhöhe" freilich nach wie
vor ein klares Hierarchiegefälle, mit dem die Pflegekräfte naturgemäß
nicht einverstanden sind.
Es wird auf die neue Ministerin ankommen, dass die Einigung so
aussieht, dass künftig nicht am Bett des Patienten
Kompetenzstreitigkeiten ausgetragen werden. Völlig offen ist auch die
Frage der Qualitätssicherung: Der mündige Patient braucht
Informationen über die Qualität niedergelassener (Fach-)ärzte. Das
wird sich nicht objektiv herstellen lassen, wenn sich die Ärzte auch
künftig selbst kontrollieren.
Auch bei der elektronischen Krankenakte Elga heißt es, Stärke zu
zeigen: Wer die internationalen Zukunftsdebatten verfolgt (etwa auch
bei den Gesundheitsgesprächen in Alpbach), kann über das Geziere zum
Thema Elga nur schmunzeln. Weltweit ist völlig klar, dass "Big Data"
die Frage aller Fragen ist: Wie können alle verfügbaren Informationen
zu Krankheitsbildern so verknüpft werden, dass jeder Patient die
beste individuelle Therapie bekommt?
Dass Oberhauser eine Expertin ist, in die Materie gut
eingearbeitet ist und als geschickte und gut vernetzte Verhandlerin
gilt, war bei dieser Personalentscheidung ein nützlicher Nebeneffekt.
Gezielt kalkuliert war das nicht. Faymann ging es um Machtstrategie.
In dieser Logik macht auch das Wegloben von Stöger ins
Infrastruktur-Ressort Sinn: Oberösterreicher ist er, mehr wurde nicht
hinterfragt. Dass hier neben den kostenintensiven Verkehrsagenden
auch über wesentliche Stränge der Informationstechnologiepolitik
sowie die Vergabe erheblicher Forschungsmittel entschieden wird,
bedurfte offenbar keiner weiteren Überlegung. Es hätte vielleicht
Sinn gemacht, einen ministrablen Menschen mit guten Kontakten zur
(digitalen) Wirtschaft zu suchen - oder jemanden mit einer klaren
Vision für das "Forschungsland Österreich".
Während sich in Deutschland Sigmar Gabriel erkennbar bemüht, der
SPD eine neue Wirtschaftskompetenz zu verleihen, bewegt den SPÖ-Chef
die Frage, aus welchem Bundesland seine Minister kommen. Mehr
Unterschied geht nicht.
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