Dem Schlafhormon Melatonin werden zahlreiche positive Eigenschaften zugeschrieben. Wenn man den Werbeversprechen der meist US-amerikanischen Anbieter glaubt, soll es nicht nur einen gesunden Schlaf fördern, sondern aufgrund seiner antioxidativen Wirkung auch den Alterungsprozess verlangsamen, das Immunsystem stärken, Migräne-Anfälle verhindern, vorbeugend gegen die Alzheimer-Krankheit wirken und teilweise sogar Krebs heilen. In den USA, wo künstlich hergestelltes Melatonin als Nahrungsergänzungsmittel vielen Produkten beigemengt wird, hat es nahezu den Ruf einer Wunderdroge. Neueste Erkenntnisse aus medizinischen Studien konnten einige dieser Behauptungen untermauern, andere jedoch widerlegen. Weil das Hormon in Deutschland, anders als in den USA, als Arzneimittel geführt wird, greifen Personen, die Melatonin kaufen wollen, häufig auf Internet-Anbieter wie alles-rezeptfrei.net zurück, wo sie jedoch keine Beratung erhalten, die mit der medizinischen Fachberatung in einer Apotheke vergleichbar wäre.
Der menschliche Körper ist in der Lage, in der Zirbeldrüse eigenes Melatonin herzustellen. Dieses Hormon hat eine Schlüsselrolle in der Steuerung des Schlafrhythmus. Bei zunehmender Dunkelheit wird vermehrt Melatonin ausgeschüttet, was ein Gefühl von Müdigkeit auslöst und den Menschen veranlasst, zu Bett zu gehen um zu schlafen. Am Morgen, wenn es langsam wider heller wird, stoppt die Epiphyse die Melatoninausschüttung und versorgt den Körper mit anderen Hormonen, welche für Wachheit und Aktivität verantwortlich sind. Bei bestimmten Erkrankungen, bei Jetlag oder beim Überbachten in Räumen, die nicht ausreichend abgedunkelt sind, wird der Melatoninhaushalt gestört. Die betroffenen Menschen schlafen schlechter ein, wachen nachts häufiger auf und fühlen sich am Morgen nicht erholt. Ebenso ergeht es älteren Menschen, da die Melatoninproduktion im Alter naturgemäß nachlässt. In solchen Fällen kann die Einnahme von künstlich hergestelltem Melatonin eine Erleichterung bringen.
Aktuelle Forschungen haben sich mit der Frage beschäftigt, inwiefern Melatonin den natürlichen Alterungsprozess verlangsamt. Klinische Studien weisen darauf hin, dass Melatonin tatsächlich einen positiven Einfluss auf den Alterungsprozess ausüben könnte. Allerdings liegen bisher noch keine belastbaren Langzeitstudien vor. Den Untersuchungen von Russell J. Reiter, dem die Entdeckung der vermeintlichen Anti-Aging-Eigenschaften von Melatonin zugeschrieben wird, wurden schwerwiegende methodische Mängel nachgewiesen. Ein belastbarer wissenschaftlicher Nachweis, dass Melatonin tatsächlich das Altern verzögert, konnte bislang nicht erbracht werden.
Ebenso fehlen bisher die Beweise, dass Melatonin sich positiv auf den Verlauf von Krebserkrankungen auswirkt. Immerhin deuten Langzeitstudien, die an der Berliner Charité durchgeführt wurden, darauf hin, dass durch eine bessere Schlafqualität das Wachstum von Tumorzellen verlangsamt wird, wohingegen Tumore bei Patienten, die über Schlafprobleme klagen, sich häufig schneller und aggressiver entwickeln. Somit sind gewisse positive Effekte von schlaffördernden Mitteln wie Melatonin in der Krebstherapie nicht von der Hand zu weisen. Die Hoffnungen, mit Melatonin endlich ein „Wundermittel“ gegen Krebs in den Händen zu halten, wurden jedoch nicht erfüllt.
Konsumenten, die außerhalb einer niedergelassenen Apotheke Melatonin kaufen, sollten sich vorab seriöse Informationen über die tatsächliche Wirkung beschaffen. Melatonin kann in vielen Fällen, besonders bei bestimmten Arten von Schlafstörungen, eine Erleichterung bringen. Es ist aber nicht in der Lage, Wunder zu vollbringen oder unheilbare Krankheiten zu besiegen.