Ein neues Gutachten stellt fest: Bei der Ausgabe der
elektronischen Gesundheitskarte (eGK) wurde der Datenschutz verletzt,
denn die Identität der Versicherten wurde nicht geprüft. Jeder kann
ein falsches Foto einsenden, auch die Unterschrift wird nicht
überprüft. Und das hat Konsequenzen hinsichtlich der ärztlichen
Schweigepflicht: "Ärzte, die mit dieser unsicheren eGK künftig wie
geplant Sozial- oder Medizindaten übers Internet weiterleiten,
könnten sich strafbar machen", kommentierte heute Dr. Silke Lüder,
Vizevorsitzende der Freien Ärzteschaft, in Hamburg das Ergebnis
dieses Gutachtens. "Das ist eine schallende Ohrfeige für die
Betreiberorganisation gematik, die gesetzlichen Krankenkassen, das
Bundesgesundheitsministerium und alle ärztlichen Körperschaften, die
das eGK-Projekt weiter durchziehen wollen."
Der Datenschutz ist eng mit der Schweigepflicht verknüpft, die im
Strafgesetzbuch geregelt ist. In ihrem Gutachten
"Versichertenstammdatendienst (VSD) in der Arztpraxis und
Strafbarkeitsrisiken für Ärzte nach § 203 StGB" schreiben Dr. André
Zilch, Managing Partner der LSc LifeScience Consult GmbH sowie
Sachverständiger bei CertEuropA, und Rechtsanwältin Dr. Franziska
Meyer-Hesselbarth: "Um als Arzt nicht Gefahr zu laufen, selbst gegen
die Regelungen des §203 StGB zu verstoßen, kann der Arzt nur durch
die Nichtbeteiligung am VSD wegen der immanenten rechtlichen Mängel
seine eigene Strafbarkeit - sei es als Täter oder Teilnehmer - sicher
vermeiden." Im Klartext: Nicht mitmachen - nur das schützt vor
Strafe.
Lüder, selbst Allgemeinärztin in Hamburg, betont: "Wir wissen
nicht, ob Patient, Karte und Daten wirklich zusammengehören, und
würden eventuell Unbefugten einen Zugriff auf die Daten anderer
erlauben." Die elektronische Gesundheitskarte biete also keine
sichere digitale Identität, diese sei aber zwingend notwendig.
Aufgrund des fehlenden Identitätsnachweises sei die gesamte
Telematik-Infrastruktur als "datenschutzrechtlich unsicher zum
Zugriff auf Sozialdaten" einzustufen, urteilen die Experten in ihrem
Gutachten. Das Bundesgesundheitsministerium sieht die Ärzte in der
Pflicht, die Identität der Patienten zu überprüfen. Lüder betont:
"Ärzte können und dürfen das aber nicht. Zudem sind wir keine
Hilfssheriffs der Kassen." Das Gutachten untermauert diese Position:
"Ärzte haben rechtlich keinerlei Grundlage, sich von Versicherten
Ausweispapiere zeigen zu lassen." Auch der Bundesgerichtshof stellte
bereits in einem Urteil klar, dass Ärzte weder Amtsträger noch
Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen sind (Beschluss vom 29.
März 2012 - GSSt 2/11).
Das Gutachten finden Sie im Anhang und/oder unter
www.freie-aerzteschaft.de
Über die Freie Ärzteschaft e.V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den
Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und
zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene
Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des
Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der
FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im
Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.
Pressekontakt:
Daniela Schmidt, Tel.: 0176 49963803, E-Mail:
presse@freie-aerzteschaft.de
V .i. S. d. P.: Wieland Dietrich, Freie Ärzteschaft e.V.,
Vorsitzender, Gervinusstraße 10, 45144 Essen,
Tel.: 0201 4690939, E-Mail: mail@freie-aerzteschaft.de,
www.freie-aerzteschaft.de