"Der mündige, autonome und informierte
Patient ist uns Ärztinnen und Ärzten ein zentrales Anliegen", erklärt
Dr. Wolfgang Rechl, Vizepräsident der Bayerischen Landesärztekammer
(BLÄK) vor dem 73. Bayerischen Ärztetag in Weiden. "Die
Selbstbestimmung des Patienten gewinnt an Bedeutung und trägt
maßgeblich zu einem besseren Behandlungsergebnis bei." So sei
Selbstmanagement eine wichtige Grundlage für das so genannte
"Patient-Empowerment" (Befähigung/Stärkung des Patienten) und trage
dazu bei, dass der Patient Ärztinnen und Ärzten auf Augenhöhe
begegne. Klar sei jedoch, dass die Wissensasymmetrie zwischen Arzt
und Patient nie ganz aufgehoben werden könne.
In seinem Urteil vom 23.September 2014 VI ZR 358/13 stärkte auch
der Bundesgerichtshof (BGH) die Rechte der Patienten in der
Internetnutzung. Ärzte können sich nicht aus Internetportalen
streichen lassen. Der BHG erklärte, dass Bewertungsportale dem
"öffentlichen Interesse" am Austausch im Internet entsprächen. "Wir
begrüßen dies ausdrücklich, sehen dieses Urteil jedoch nicht
unkritisch und erwarten einen sensiblen Umgang seitens der Patienten
mit Informationen aus dem Internet", betont der BLÄK-Vize. Die BLÄK
behalte sich auch rechtliche Schritte vor, sollten die
Portalbetreiber die Vereinbarungen zur bezahlten Werbung nicht
berücksichtigen.
Auch die Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen bei der BLÄK
stärkt seit fast 40 Jahren die Patientenrechte und stellt sicher,
dass Patientinnen und Patienten bei einem vermuteten Schadensfall
nicht allein gelassen werden. Die Gutachterstelle ist eine bewährte
Einrichtung, an die sich Patienten mit dem Verdacht auf einen
Behandlungsfehler wenden können. "Der Trend geht hin zu immer
komplexeren Behandlungsabläufen, die Ursache von Komplikationen
festzustellen", sagt Rechl. Trotzdem betrage die Verfahrensdauer bei
gestellten Anträgen unverändert 74 Wochen. Wie im vergangenen
Berichtszeitraum wurde in 29 % der von der Gutachterstelle
abschließend beurteilten medizinischen Behandlungen ein Fehler
festgestellt. Zugleich konnte die Gutachterstelle in über zwei
Dritteln der Fälle die beschuldigten Ärzte von dem Vorwurf entlasten,
ihre Patienten fehlerhaft behandelt zu haben. Die bayerische
Behandlungsfehlerquote liegt damit im Bundesdurchschnitt.
Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)
"Wir arbeiten intensiv daran, die Verhandlungen über eine neue GOÄ
entscheidend voran zu bringen. Die Erwartungen sind groß", erklärt
Rechl. In erster Linie gehe es bei der Reform der GOÄ um die
Aktualisierung des ärztlichen Leistungsspektrums. Dieses habe sich
seit 1995 enorm verändert. Längst überfällig sei ein
Inflationsausgleich sowie die Berücksichtigung von Innovationen. Auch
benötige man endlich Rechtssicherheit. "Eine EBM-isierung wollen wir
in jedem Fall vermeiden", betont Rechl und stellt sich damit hinter
die Interessen der Ärzteschaft. Zugleich warnt er vor zu engen
Budgetierungen und Honorarminderungen, die letztlich zu
Finanzierungslücken führten. Auch solle an der Freiberuflichkeit des
Arztes festgehalten und die alte GOÄ endlich modernisiert werden.
Laut Bundesärztekammer (BÄK) seien die Verhandlungen bereits weit
gediehen. Bis Anfang nächsten Jahres soll eine zwischen BÄK und dem
Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) abgestimmte,
gremienreife Entwurfsfassung der neuen GOÄ vorliegen.
Korruption
"Korruption hat im Gesundheitswesen nichts verloren", sagt Rechl.
Mit der Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften zum 1.
Oktober 2014 ist Bayern schneller als die Koalition in Berlin. Aus
der Hauptstadt heißt es, Justizminister Heiko Maas wolle bis Dezember
einen Referentenentwurf für eine Änderung des Strafgesetzbuches
vorlegen. Das neue Gesetz soll für die ganze Branche gelten und
Bestechung und Bestechlichkeit unter Strafe stellen. Ein Lex Ärzte
soll es nicht geben, hatte Maas Anfang September nach einem Fachforum
im Justizministerium betont. Auch solle die Zusammenarbeit von
Angehörigen der Heilberufe und Pharmaunternehmen nicht unter Strafe
stehen. Vielmehr ginge es darum, Fehlverhalten im Gesundheitswesen,
unlautere Absprachen oder unzulässige Kooperationen kritisch zu
prüfen. "Wir begrüßen diesen Vorstoß. Jedoch fordern wir, dass ein
neu zu schaffender Korruptionsstrafbestand dann für alle Angehörigen
der Heilkunde-Berufe gilt", betont der BLÄK-Vize.
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