Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für
Krebsmedikamente werden bis zum Jahr 2016 auf 3,25 Milliarden Euro
steigen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Techniker
Krankenkasse (TK) und des Hamburger Center for Health Economics. "Mit
der Studie werfen wir einen Blick in die Zukunft der Krebstherapie.
Dass die Pharmaindustrie in diesem Bereich viele neue Medikamente auf
den Markt bringen wird, ist sehr erfreulich", sagt Dr. Jens Baas,
Vorsitzender des Vorstands der TK. "Als Kasse müssen wir jedoch auch
ein Gegengewicht zur Pharmaindustrie bilden, deren Geschäftsziel es
ist, ihre Gewinne zu maximieren."
Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Krebsmedikamente
lagen 2012 auf einem Niveau von über 2,7 Milliarden Euro, was etwa
9,5 Prozent der Gesamtausgaben für Arzneimittel entspricht. Nach den
Ergebnissen der Studie, der ein Gutachten vom Marktforschungsinstitut
IMS Health zugrunde liegt, steigen die Kosten bis 2016 um 17,2
Prozent. Bis dahin werden nach Angaben von IMS Health voraussichtlich
26 neue Krebsmedikamente auf dem deutschen Markt verfügbar sein, die
mit jährlichen Kosten von 526 Millionen Euro ins Gewicht fallen.
Die größten Kosten wird die medikamentöse Behandlung von
Brustkrebs (1,163 Milliarden Euro), Darmkrebs (458 Millionen Euro),
schwarzem Hautkrebs (malignes Melanom, 343 Millionen Euro) und
nichtkleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC, 342 Millionen Euro)
verursachen.
"Bei diesen Preisen werden die pharmazeutischen Unternehmen gut
darlegen müssen, ob ihre neuen Medikamente wirklich einen
Zusatznutzen für die Patienten haben und nicht nur teure
Nachahmer-Präparate sind", so Baas. "Die Ausgabensteigerungen machen
weitere Maßnahmen zur Kostensenkung notwendig. Zum Beispiel
Einsparungen durch "Biosimilars" und Verbesserungen bei der frühen
Nutzenbewertung."
Seit 2011 dürfen Pharmaunternehmen nur für Präparate einen höheren
Preis verlangen, wenn diese einen Zusatznutzen haben. Das ist die
zentrale Aufgabe der sogenannten frühen Nutzenbewertung, die der
Gesetzgeber mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG)
eingeführt hat. Der Preis wird zwischen dem GKV-Spitzenverband und
dem pharmazeutischen Unternehmer ausgehandelt. Im ersten Jahr kann
der Preis jedoch weiterhin vom Unternehmen festgelegt werden,
unabhängig vom später tatsächlich festgestellten Zusatznutzen. "Unter
Qualitätsaspekten ergeben die Karenzzeiten der freien Preisgestaltung
keinen Sinn. Entweder hat ein neues Medikament einen Zusatznutzen
oder nicht", kommentiert Baas. "Wenn ein Preis verhandelt wurde, ist
es nur logisch, dass dieser rückwirkend ab der Markteinführung gilt."
Eine weitere Maßnahme der Kostendämpfung ist, den ausgehandelten
Preis geheim zu halten. Nach wie vor gilt Deutschland als
Referenzpreisland. Die pharmazeutische Industrie fürchtet daher eine
international abwärts gerichtete Preisspirale, sollten die öffentlich
zugänglichen Erstattungsbeträge in Deutschland zu niedrig sein.
Geheime Rabatte könnten der Industrie mehr Spielraum und der GKV
folglich größere Einsparungen einräumen.
Hintergrund für die Redaktionen
Die Studie basiert auf der Auswertung von Routinedaten der
Techniker Krankenkasse, die Aufschluss über die Ausgaben in zwölf
Krebsindikationen liefern. Demografische Unterschiede zwischen der
Gesamtbevölkerung und den TK-Versicherten wurden berücksichtigt (zum
Beispiel durch die KM6-Statistik), um die Daten auf alle Versicherten
der GKV zu übertragen. Die Kosten neuer Krebsmedikamente, die bis
2016 auf den Markt kommen, basieren auf einem Gutachten von IMS
Health. Aus diesem ergibt sich der Zeitpunkt für die Markteinführung
neuer Präparate, der zu erwartende Preis sowie das Ausmaß, inwieweit
neue Produkte die alten im Markt befindlichen ersetzen werden. Die
Verdrängung alter Arzneimittel durch neue wurde in die Berechnung der
Ausgaben mit einbezogen. Neue Medikamente, die zusätzlich zu den
vorhandenen gegeben werden, sind voll einberechnet worden. Es wird
von einer Marktdurchdringung der neuen Produkte von 20 Prozent bis
Ende 2016 ausgegangen. Das Marktpotenzial ist definiert als die für
das Präparat infrage kommende Patientenschaft, die sich ebenfalls aus
den Routinedaten der TK ergibt und auf alle Versicherten in der GKV
hochgerechnet wurde. Um die Unsicherheit in den Hochrechnungen zu
quantifizieren, wurde am Beispiel der Indikationen des nicht
nichtkleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) und des Brustkrebs in
Zusammenarbeit mit Herrn Prof. Dr. Stargardt vom Hamburg Center for
Health Economics (HCHE) eine Monte-Carlo Simulation durchgeführt.
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