Der kleine Junge ist gerade mal ein paar Minuten
auf der Welt, alles ist noch neu, hell und fremd - noch dazu ist er
viel zu früh dran, geboren nach nur 27 Schwangerschaftswochen. Er
bringt nicht einmal die Hälfte des "Durchschnittskindes" auf die
Waage, zählt zu den ca. 8.000 Kindern, die jährlich in Deutschland
mit einem Gewicht von weniger als 1.500 Gramm auf die Welt kommen.
Der Weltfrühgeborenentag hat es sich zum Ziel gesetzt, über die
besonderen Bedürfnisse dieser Kinder und ihrer Familien aufzuklären.
Auch die Asklepios Klinik Barmbek lädt aus diesem Anlass ein: Am
Montag informiert das Team der Neugeborenenmedizin von 15:30 bis
19:30 Uhr im Eingangsbereich der Klinik.
Doch wie geht es mit unserem kleinen "Hamburger Jung" weiter? Bei
ihm ist in diesem Moment alles gut. Direkt nach der Geburt haben die
Neonatologen - so der Fachausdruck für Neugeborenenmediziner - dem
Kleinen bei den ersten Atemzügen geholfen, die lebenswichtigen
Funktionen seines Körpers stabilisiert - und ihn unmittelbar danach
zum ersten Mal auf die Brust seiner Mutter gelegt. Und hier fühlt er
sich offensichtlich wohl, geborgen und zu Haus. "Das ist ein
magischer Moment", erzählt Chefärztin Dr. Susanne Schmidtke mit
strahlenden Augen: "Ein starker emotionaler Moment, der nicht nur die
Bindung zwischen Vater, Mutter und Kind kräftigt sondern auch
medizinisch bedeutsam ist." Denn der enge Kontakt verbessert die
mütterliche Milchbildung und beeinflusst die weitere Entwicklung des
Kindes positiv. "Der beste Ort für das Baby ist die Mutter", ist
daher Dr. Schmidtkes Überzeugung.
Dieses Credo zieht sich wie ein roter Faden durch die Arbeit ihrer
Abteilung. Beginnend damit, schwierige Schwangerschaften in
Zusammenarbeit mit den Kollegen der Geburtshilfe so lang wie möglich
zu erhalten. So geschehen auch im Falle unseres Lütten: Schon früh
stand fest, dass er sich im Mutterleib nicht gut entwickelt und zu
klein bleibt. Nachdem seine Mutter bereits in der 23.
Schwangerschaftswoche kritische Wehentätigkeiten zeigte, gelang es,
die Schwangerschaft bis zur 27. Woche zu erhalten. In dieser Zeit
führten Dr. Schmidtke und ihre Kollegen aus Neonatologie und
Geburtshilfe zahlreiche Gespräche mit den werdenden Eltern, um sie
bestmöglich auf die zu erwartende Frühgeburt vorzubereiten und sie zu
unterstützen.
"Känguruhen" fördert die Bindung
Nach der Geburt bleibt es das oberste Ziel von Ärzten und
Pflegekräften der Neonatologie, die Bindung zwischen Mutter und Kind
so eng wie möglich zu halten: "Auch wenn das Kind noch einige Wochen
bei uns auf der Frühgeborenen-Station verbringen muss, sollen Mama
und auch Papa von Beginn an die engsten Bezugspersonen sein. Nicht
zuletzt damit sie selbst ihre Kompetenz und Selbstverständlichkeit
als Eltern entwickeln können", erklärt Dr. Schmidtke. Die Eltern
werden wann immer möglich in die Pflege eingebunden und im
natürlichen Kontakt mit ihrem Neugeborenen bestärkt und unterstützt.
So auch bei unserem kleinen Hamburger: Wann immer er stabil genug ist
- praktisch täglich - verbringt er stundenlange Kuscheleinheiten Haut
an Haut auf der Brust seiner Mutter oder seines Vaters - Känguruhen
wird das genannt. Die modernen Möglichkeiten der Neugeborenenmedizin
werden da fast zur Nebensache.
Eben diese medizinischen Möglichkeiten, insbesondere aber
kindgerechte Behandlungskonzepte und ermutigende Geschichten
ehemaliger "Frühchen" stellt das Team der Neonatologie anlässlich des
Weltfrühgeborenentages am Montag in der Eingangshalle der Klinik vor.
Warum sich ihre Abteilung für den Weltfrühgeborenentag engagiert,
beantwortet Dr. Schmidtke ohne Zögern: "Wir sind in der Neonatologie
normalerweise in einem sehr geschützten, vom öffentlichen
Krankenhausleben abgegrenzten Umfeld. Das verlassen wir an diesem Tag
ganz bewusst, um einen Einblick in unsere Arbeit zu geben und um
gleichzeitig auf die besondere Situation von Familien mit
Frühgeborenen aufmerksam machen." Unser "Hamburger Jung" hat seinen
Frühstart ins Leben übrigens mehr als gut verkraftet: Nach zehn
Wochen in der Klinik, in denen Mama und Papa so oft und intensiv wie
möglich bei ihm waren, darf er heute seine Eltern nach Haus begleiten
- mit den besten Voraussetzungen für ein gesundes, glückliches Leben
ohne Einschränkungen.
Über den Frühgeborenentag
Jährlich werden in Deutschland ca. 60.000 Kinder vor der 37.
Schwangerschaftswoche geboren und gelten damit als Frühgeborene. Rund
8.000 dieser Kinder kommen mit weniger als 1.500 Gramm Geburtsgewicht
auf die Welt. Der jährlich am 17. November stattfindende
Weltfrühgeborenentag wurde von der "European Foundation for the Care
of Newborn Infants" sowie dem Bundesverband "Das frühgeborene Kind
e.V." ins Leben gerufen, um auf die besonderen Belange von
Frühgeborenen und ihren Familien aufmerksam zu machen.
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