In einem bundesweit einmaligen Projekt hat die
Patienten-Initiative e.V. die sieben großen Asklepios Kliniken in
Hamburg unter dem Aspekt Barrierefreiheit mithilfe von
"Barriere-Scouts" vor Ort kritisch unter die Lupe genommen. In der
Asklepios Klinik Barmbek wurden heute im Rahmen einer
Foto-Ausstellung die ersten Erkenntnisse vorgestellt. Vier
ehrenamtliche Barriere Scouts, darunter drei Rollstuhlfahrer, hatten
die Hamburger Asklepios Kliniken seit Februar anhand einer Checkliste
intensiv auf Barrierefreiheit geprüft. Die Bewertung fiel für
Menschen mit Mobilitätsbehinderungen überwiegend positiv aus,
insbesondere was den Zugang zu den öffentlichen Bereichen in den
Kliniken betrifft. Rollstuhlfahrer haben guten Zugang zu Stationen
und Zimmern, viele Empfangstresen verfügen über einen abgesenkten
Bereich.
Die Patienten-Initiative hat zugleich eine Reihe von
Verbesserungsvorschlägen und Handlungsempfehlungen vorgelegt,
insbesondere zum Thema Orientierung und Information. Größere und
kontrastreiche Beschilderungen sowie taktile Leitsysteme stehen auf
der Wunschliste. In der heute eröffneten Fotoausstellung unter dem
Motto "Barrierefrei - wir sind dabei!", die als Wanderausstellung
auch in anderen Asklepios Kliniken zu sehen sein wird, werden sowohl
gelungene Lösungen als auch verbesserungswürdige Situationen
anschaulich gezeigt.
"Asklepios ist die erste Klinikgruppe, die sich dieser Frage
systematisch und intensiv annimmt. Und wir tun dies, bevor der
Gesetzgeber hier in Hamburg aktiv wird", sagte Dr. Thomas Wolfram,
Sprecher der Geschäftsführung der Asklepios Kliniken Hamburg GmbH,
anlässlich der Eröffnung der Foto-Ausstellung. "Die jetzt mithilfe
der Barriere Scouts gewonnenen wertvollen Erkenntnisse werden wir in
aktuelle und zukünftige Entwicklungen und Planungen bei der
Gestaltung unserer Einrichtungen einbeziehen", kündigte Dr. Wolfram
an. Und er betonte, dass es nicht nur um die Bewegungsmöglichkeiten
für Rollstuhlfahrer geht, sondern auch um Fragen der Beschilderung
und der Beleuchtung. Kerstin Hagemann, Geschäftsführerin der
Patienten-Initiative e.V., hob die Bedeutung der Aktion hervor und
zog zugleich eine positive Bilanz: "Das Kooperationsprojekt von
Asklepios und Patienten-Initiative hat eine Vorreiterrolle
übernommen, um das Thema Barrierefreiheit in Kliniken in Deutschland
voranzubringen. Das Projekt ist innovativ, weil wir erstmals eine
umfassende Checkliste für die Beurteilung von Barrierefreiheit in
Kliniken erarbeitet haben. Das hat sich im Praxiseinsatz jetzt
bewährt."
7,5 Millionen Menschen mit Behinderung in Deutschland - und viele
Barrieren
"Barrierefreiheit ist ein Qualitätsmerkmal für Arztpraxen und
Kliniken und von großer und zunehmender Bedeutung für die vielen
Menschen mit Behinderungen", betonte Kerstin Hagemann, die darauf
verwies, dass bundesweit 9,4 Prozent der Menschen eine vom
Versorgungsamt festgestellte Schwerbehinderung von 50 Prozent oder
mehr haben. Damit leben in Deutschland mehr als 7,5 Millionen
Menschen mit einer Behinderung. Ihnen müsse der Zugang zu
Gesundheitseinrichtungen ermöglicht werden. Tatsächlich sei Menschen
mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen dieser Zugang aber
oft erschwert: "Blinde und Sehbehinderte können sich in den
Einrichtungen zum Beispiel schlecht orientieren, Rollstuhlfahrer und
Gehbehinderte werden durch bauliche Hindernisse gestoppt, Gehörlose
und Hörgeschädigte haben Kommunikationsschwierigkeiten", bemängelte
Hagemann.
Barrierefreiheit in den Asklepios Kliniken: Ergebnisse und
Handlungsempfehlungen
Das gemeinsame Projekt von Asklepios und Patienten-Initiative
hatte sich zum Ziel gesetzt, die Barrierefreiheit in den Kliniken auf
den Prüfstand zu stellen. Dazu wurde eine Checkliste erarbeitet, die
unter anderem auch dank der Anregungen von Spezialisten aus diversen
Hamburger Institutionen entstand. Dazu zählen folgende Einrichtungen
und Personen: Barrierefrei leben e.V., Hamburger Blinden- und
Sehbehindertenverein Hamburg e.V., Bund der Schwerhörigen e.V.,
Hamburg barrierefrei e.V., Hamburgische Brücke, Deutsche Multiple
Sklerose Gesellschaft Hamburg e.V., Behörde für Gesundheit und
Verbraucherschutz sowie die Senatskoordinatorin für die
Gleichstellung behinderter Menschen. Die vier Barriere Scouts wurden
dann geschult und mit der Checkliste auf "Tour" geschickt. Die
Checkliste simuliert den Weg eines Besuches im Krankenhaus. Von der
Anreise (mit öffentlichen Verkehrsmitteln) über den Zugang und
Empfang oder die ambulante Patientenaufnahme bis ins Patientenzimmer
wurden die jeweiligen Kriterien abgeprüft. Die Erkenntnisse, die von
den Barriere Scouts gewonnen wurden, können an dieser Stelle nur in
aller Kürze dargestellt werden. Einige Beispiele:
- Alle Asklepios Kliniken in Hamburg sind mit öffentlichen
Verkehrsmitteln barrierefrei erreichbar, haben alle mindestens drei
Behindertenparkplätze, die mindestens 3,5 m breit sind und keine
Bordsteine haben. Einige der zusätzlich als Rollstuhlparkplätze
ausgewiesenen Flächen sind nicht breit genug, um mit dem Rollstuhl
seitlich an die Autotür zu fahren und ein- und auszusteigen.
Handlungsempfehlung: der Patienten-Initiative: Diese Plätze sollten
mit einem Symbol für gehbehinderte Personen beschildert werden.
- Alle Kliniken verfügen über einen stufenlosen Zugang. Die Türen
lassen sich in der Regel mit geringem eigenen Kraftaufwand öffnen und
schließen, überwiegend sind elektrische Türöffner vorhanden.
Schwellenlos zu erreichen sind die begangenen Stationen, deren
Patientenzimmer und die Badezimmer. In den meisten Räumen ist genug
Platz, einen Rollstuhl, Rollator o.ä. abzustellen und sich damit zu
bewegen. Positiv ist, dass viele Empfangstresen einen abgesenkten
Bereich haben, sodass Kinder und Rollstuhlnutzer die Mitarbeiter
hinter dem Tresen sehen und die Tischfläche als Ablage- und
Schreibfläche nutzen können. Handlungsempfehlung: Noch besser wäre,
wenn dieser Bereich mindestens 30 cm unterfahrbar wäre, um gerade an
den Tisch heran fahren zu können.
- Innerhalb jeder Klinik gibt es barrierefreie öffentliche WC''s.
Auch Badezimmer auf den Stationen gibt es häufig barrierefrei.
Handlungsempfehlung: Spiegel über dem Waschtisch sind mitunter zu
hoch angebracht und zu klein, als dass sie sowohl im Sitzen und als
auch im Stehen einsehbar wären. Gleiches gilt für die Bedienelemente
in den Sanitärbereichen.
Barrierefreiheit: Nicht nur für Rollstuhlfahrer ein Thema
Zu den weiteren Vorschlägen der Patienten-Initiative für mehr
Barrierefreiheit in Kliniken zählen:
- Tastbare Gebäudepläne, tastbare Bedienelemente von Telefonen
- Bodenmarkierungen sowie taktile und akustische Leitsysteme
für sicht- und hörbehinderte Menschen zumindest im
Eingangsbereich
- Kontrastreichere und größere Beschilderungen und Hinweistafeln
- Leicht lesbarere Piktogramme
- Niedrig angebrachte Handtuchhalter und Kleiderhaken in den
Zimmern
- Sitzgelegenheiten in unterschiedlichen Höhen mit Rücken- und
Armlehnen in den Wartebereichen
Asklepios-Projekt soll Schule machen
"Insgesamt kann man sagen, dass in den Asklepios Kliniken für
Menschen mit Mobilitätseinschränkungen bis auf Ausnahmen gut gesorgt
ist", so das Fazit von Kerstin Hagemann, der Geschäftsführerin der
Patienten-Initiative. Anders sehe es allerdings für Menschen mit
Sinnesbeeinträchtigungen oder kognitiven Einschränkungen aus. Hier
bestehe noch Handlungsbedarf. "In allen Kliniken gibt es aber
personelle Unterstützung durch das Personal am Empfang oder die
sogenannten Grünen Damen, die denjenigen, die Probleme bei der
Orientierung haben, Begleitung anbieten", so Hagemann. Gut sei auch,
dass die meisten Kliniken bei Bedarf einen Gebärdendolmetscher
anbieten können. Hagemann kündigte an: "Wir werden auch alle anderen
Hamburger Kliniken auffordern, die Barrierefreiheit zu überprüfen, um
irgendwann einmal sagen zu können: Hamburgs Kliniken wurden
flächendeckend auf ihre Barrierefreiheit getestet! Denn von
barrierefreien Angeboten profitieren alle - egal ob mit oder ohne
Behinderung."
Die Foto-Ausstellung wird im in den kommenden Monaten auch in
weiteren Asklepios Kliniken präsentiert. Eine ausführliche
Dokumentation der Ergebnisse des Projektes inkl. der Empfehlungen für
Verbesserungen der Barrierefreiheit in Kliniken liegt vor und dient
jetzt als Grundlage für die weiteren Aktivitäten aller Beteiligten.
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