Viele Therapien scheitern an den Hürden des Alltags. So werden laut WHO nur 50% der Medikamente verschreibungsgemäß eingenommen. Dies zu ändern, hat sich das junge Münchner Unternehmen smartpatient vorgenommen. Mit der App „MyTherapy“ unterstützt smartpatient Patienten bei der Umsetzung ihrer Therapie im Alltag. In Kooperation mit der Forschungsgruppe Geriatrie der Berliner Charité haben die Münchner gezeigt, dass der ergänzende Einsatz von moderner Technologie auch bei älteren Menschen hohe Akzeptanz findet. Für dieses Engagement wurden smartpatient und die Charité im Rahmen der diesjährigen Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft mit dem SilverStar 2014 ausgezeichnet.
Ein persönlicher Therapieassistent auf dem Handy
Die App MyTherapy übersetzt Therapien in eine einfache Mission: Die tägliche Abarbeitung der persönlichen Therapie-Aufgabenliste. Ein Konzept, das aufgeht: „Das Erledigen einer ToDo-Liste ist altersgruppenübergreifend ein bekanntes Konzept“ so Philipp Legge, einer der Gründer von smartpatient. „Vor allem aber funktioniert es für einfache Therapien genauso gut wie für Patienten, die unter mehreren Krankheiten leiden“. Individuell an die Bedürfnisse der Patienten angepasst, erinnert die App an Medikamente und alltägliche Aufgaben wie beispielsweise das Blutzuckermessen. Fast spielerisch entsteht durch die Nutzung ein detailliertes Gesundheitstagebuch. Der Nutzer sieht in einfachen Auswertungen, wie konsequent er seine Therapie umgesetzt hat und wo er sich noch verbessern kann. Außerdem hat er die Möglichkeit, sein Gesundheitstagebuch mit seinem Arzt zu teilen. „Viele unserer Nutzer diskutieren den von der App generierten Monatsbericht mit ihrem Arzt“ so Legge. Die Vorteile liegen auf der Hand: „Durch unsere Auswertungen erhalten viele Ärzte erstmals einen umfassenden Überblick über Medikationsplan und Einnahmeverhalten. Dafür ernten wir sehr viel positive Resonanz“.
Gemeinsam mit der Charité Vorurteile widerlegen
Ab dem Alter von 40 treten chronische Krankheiten verstärkt auf, ab 60 ist fast jeder Zweite betroffen. Dass Smartphones und Apps nichts für diese Patientengruppen seien, mussten sich Legge und seine Mitgründer Sebastian Gaede und Julian Weddige gerade in der Gründungsphase häufiger anhören. „Wir sehen in unserer Nutzerschaft, dass das nicht stimmt“, sagt Philipp Legge. Um dieses Vorurteil wissenschaftlich auszuräumen, hat sich das junge Unternehmen mit der Forschungsgruppe Geriatrie der Charité zusammengetan – mit beachtlichem Erfolg. „In einer vierwöchigen Studie mit 30 älteren Personen haben wir sehr gute Ergebnisse erzielt“, berichtet Marten Haesner, Leiter der Arbeitsgruppe Alter & Technik an der Charité. Bereits am Ende einer vierwöchigen Studie waren bei den Anwendern eine verbesserte Medikamentenadhärenz und ein gesteigertes psychisches Wohlbefinden zu beobachten. Sowohl die Anwenderfreundlichkeit als auch die graphische Umsetzung wurden von den Teilnehmenden sehr positiv bewertet. Legge: „Die positive Resonanz hat uns natürlich sehr gefreut. Vor allem aber haben wir von den Teilnehmern viel gelernt, um MyTherapy weiter zu verbessern.“
Langzeitstudien geplant
Nach der feierlichen Verleihung des SilverStar 2014 am Abend des 20.11.2014 in Leipzig, liegt der Fokus schon wieder auf einer Vertiefung der Forschungskooperation. In weiteren Studien soll untersucht werden, welchen Einfluss MyTherapy langfristig auf den Gesundheitszustand hat. „In der Charité haben wir einen Partner gefunden, der sich genauso wie wir zugleich für den Effekt auf die Gesundheit und für das Nutzungsverhalten interessiert“, erklärt Philipp Legge. Bezugnehmend auf die geplanten Langzeitstudien ergänzt Marten Haesner „Wir möchten erfahren, ob und zu welchen Zeitpunkten Impulse gesetzt werden müssen, um die regelmäßige Nutzung hochzuhalten.“ Das Preisgeld des SilverStar 2014 soll direkt in diese Studien einfließen. „Das erste Mal in der Geschichte des SilverStar wurde der Preis an eine Technologie-Initiative vergeben. Diese Anerkennung der Jury ist für uns ungeheuer motivierend. Wir danken der Jury und dem Stifter des Preises, der Berlin-Chemie AG, und freuen uns, mit den zusätzlichen Mitteln noch umfassender forschen zu können.“