fit und munter - Sachlichkeit gefragt / Fachdiskursüber Gutachten zur Überprüfung des tierärztlichen Dispensierrechts in Berlin

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Sachlichkeit gefragt / Fachdiskursüber Gutachten zur Überprüfung des tierärztlichen Dispensierrechts in Berlin


Am kommenden Donnerstag findet auf der
Grundlage des vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
(BMEL) in Auftrag gegebenen Gutachtens zur Überprüfung des
tierärztlichen Dispensierrechts im BMEL in Berlin ein so genannter
Fachdiskurs mit Vertretern von 72 Interessensgruppen statt. Neben
drei weiteren tierärztlichen Organisationen wird auch der
Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) daran teilnehmen.
"Trotz der neu aufgeflammten tendenzösen Medienberichterstattung,
hoffen wir auf einen sachlichen Austausch auf der Basis von Fakten",
betont bpt-Präsident Dr. Hans-Joachim Götz. "Eine Emotionalisierung
des Themas ist weder sinnvoll noch zielführend. Jedem
Diskussionsteilnehmer muss klar sein, dass es einzig und allein um
die Frage geht, ob das tierärztliche Dispensierrecht, also die
Berechtigung von Tierärzten, Arzneimittel nicht nur zu verschreiben,
sondern auch zur Weiterbehandlung an Tierhalter abzugeben, eine
unmittelbare Auswirkung auf die Zunahme antimikrobieller Resistenzen
(AMR) hat.

Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Gefährdung von Mensch und
Tier durch Antibiotikaresistenzen ist das Dispensierrecht in die
Diskussion geraten. Im Zuge der Verabschiedung der 16. AMG-Novelle
hatte der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, eine
Einschätzung vorzulegen, ob das Dispensierrecht in der heutigen Form
Bestand haben kann. Das BMEL hatte daraufhin das
Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG mit einem Gutachten beauftragt,
das die Vor- und Nachteile sowie Alternativen zum Dispensierrecht
analysieren und darstellen soll. Als großen Vorteil des
Dispensierrechts wertet das ausführliche Gutachten, dass alle
Komponenten einer ordnungsgemäßen Behandlung von Tieren
schnellstmöglich durch die Person mit der höchsten formalen
Qualifikation erfolgen. Für den Tierhalter habe dies den Vorteil,
dass er alle Leistungen aus einer Hand erhalte und keinen weiteren
Aufwand habe. Zudem würden vom Tierarzt die exakt zugeschnittenen
Mengen an Arzneimitteln ausgegeben und die Überwachung des
Tierarzneimitteleinsatzes könne bei nur einem Akteur, nämlich dem
Tierarzt, gebündelt werden. Nicht belegen kann das Gutachten dagegen,
dass sich das Risiko der Zunahme und Ausbreitung von Resistenzen in
Folge einer Abschaffung des Dispensierrechts vermindern wird. Mit
Blick auf die Humanmedizin wird vielmehr festgestellt, dass eine
Trennung von Verschreibung und Verkauf keine Garantie für eine
geringere Antibiotikaabgabe ist.

"Eine Abschaffung des Dispensierrechts kann also überhaupt nicht
das Thema sein", erklärt Götz. Denn klar ist, das Dispensierrecht
trägt weder die Schuld an schlechter Tiergesundheit noch an
mangelnden Haltungsbedingen und auch nicht am Verbraucherverhalten,
möglichst billig einzukaufen. Es hat auch keinen Einfluss auf den
Antibiotikaverbrauch, denn an bakteriellen Infektionen erkrankte
Tiere müssen mit Antibiotika behandelt werden, selbst wenn sie
verschrieben werden müssten. Das zeigen auch Erfahrungen aus Ländern
ohne Dispensierrecht. Werden die Ursachen für den Bedarf nicht
behoben, ist eine Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes nicht zu
erwarten. "Eine Antibiotika-Reduktion ist eben nicht mit einer
Abschaffung des Dispensierrechts zu erreichen, sondern einzig und
allein mit einer Verbesserung der Tiergesundheit", betont Götz. Es
nutzte nichts, die Schuld von einem auf den anderen zu schieben und
ganze Berufsstände zu kriminaliseren. Damit müsse endlich Schluss
sein, denn auch das ändere nichts am Resistenzproblem, so der
bpt-Präsident.

Mit der 16. AMG-Novelle wie auch dem QS-Antibiotikamonitoring
wurde nach Auffassung des Tierärzteverbandes in Deutschland der
richtige Weg eingeschlagen, um Antibiotika-Vielverbraucher in der
Nutztierhaltung reglementieren zu können. In die Deutsche
Antibiotika-Resistenzstrategie müssen aber auch die Erfahrungen aus
dem human- und tiermedizinischen Bereich anderer Ländern einfließen.
Denn hier zeigt sich, was sinnvoll ist und was nicht. Die Niederlande
beispielsweise mit einer der weltweit größten Viehdichten und einem
der höchsten Antibiotika-Einsätze haben die niedrigste Rate von MRSA
und ESBL. Grund dafür sind konsequente Hygienemaßnahmen in Verbindung
mit strengen Leitlinien und Vorschriften in den Krankenhäusern. In
Dänemark, einem Land ohne tierärztliches Dispensierrecht, dagegen
nehmen die MRSA-Infektionen bei Tieren dramatisch zu - trotz des viel
gerühmten Systems.

"Bei der Übertragung resistenter Bakterien in Krankenhäusern ist
die Hygiene der Schlüssel zum Erfolg. Ihr muss dringend ein höherer
Stellenwert eingeräumt und die notwendigen Mittel zur Verfügung
gestellt werden. Ziel in der Nutztierhaltung muss es wiederum sein,
Krankheiten durch Präventionsmaßnahmen, wie Impfungen,
Hygienemaßnahmen, Verbesserung von Haltungsmanagement und
Haltungsbedingungen zu vermeiden. Nur so werden wir das über
Jahrzehnte gewachsene Problem der AMR nachhaltig lösen können", zeigt
sich Götz überzeugt.

Passend zum Thema:
Das Interview mit bpt-Präsident Dr. Hans-Joachim Götz unter
www.tieraerzteverband.de.

Ansprechpartner für diese Meldung:
Dr. Hans-Joachim Götz
T. 0171 / 682 35 55



Pressekontakt:
Bundesverband Praktizierender Tierärzte e. V
Referat Kommunikation
Hahnstr. 70
60528 Frankfurt/M.

Ansprechpartner:
Astrid Behr
T. 069/669818-15
Fax 069/669818-55
E-Mail: bpt.behr@tieraerzteverband.de
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