fit und munter - Verpflichtende Impfberatung im Präventionsgesetz / Kinder- und Jugendärzte des BVKJ sehen Klärungsbedarf

fit und munter

Verpflichtende Impfberatung im Präventionsgesetz / Kinder- und Jugendärzte des BVKJ sehen Klärungsbedarf


Dr. Thomas Fischbach vom Berufsverband der Kinder-
und Jugendärzte (BVKJ) begrüßt die Idee einer verpflichtende
Impfberatung für Eltern grundsätzlich, sieht aber bei der Umsetzung
noch Klärungsbedarf. Höhere Impfraten ließen sich aber auch
erreichen, wenn die Krankenkassen ebenfalls in die Pflicht genommen
würden und ihre Versicherten "besser und vor allem sachlich
korrekter" beraten würden, so der Kinder- und Jugendarzt. Im
Interview mit Pharma Fakten macht er keinen Hehl daraus, dass er eine
allgemeine Impfpflicht bevorzugen würde. Im Präventionsgesetz, das im
kommenden Jahr verabschiedet werden soll, will die Bundesregierung
eine verpflichtende Impfberatung für Eltern verankern. Der Grund:
Kinderkrankheiten wie Masern oder Mumps sind hierzulande nicht
ausgerottet, weil die Impfraten zu niedrig sind.

Wird die Pflicht zur Beratung die Impfraten erhöhen?

Dr. Thomas Fischbach: Dies ist theoretisch möglich, aber rein
spekulativ und bleibt abzuwarten. Hier wird es ganz wesentlich auf
die Ausgestaltung der Impfberatung ankommen. Eine Verbesserung der
Impfraten könnte aber zudem dadurch erreicht werden, dass die
Krankenkassen ihre Versicherten besser und vor allem sachlich
korrekter über Impfungen beraten würden. Die Mitteilungen einiger
Kassen auf ihren Homepages beispielsweise zur HPV-Impfung
(Gebärmutterhalskrebsimpfung) sind sachlich falsch und schaden dem
Impfgedanken, was man an der unzureichenden Impfrate bei der
HPV-Impfung erkennen kann. Auch unwissenschaftliche, oftmals von
großer Kenntnislosigkeit geprägte Stellungnahmen von Politikern, auch
Gesundheitspolitikern, zu Impfungen sind den Impfzielen in
Deutschland sehr abträglich.

Wie bewerten Sie die künftig verpflichtende Impfberatung?

Fischbach: Eine Impfberatung vor dem Kitabesuch, wie von
Bundesgesundheitsminister Herrmann Gröhe angedacht, ergibt Sinn und
wird vom BVKJ begrüßt. Allerdings ersetzt sie nicht eine
verpflichtende Dokumentation des Impfstatus vor Kindergartenaufnahme.
Es ist noch völlig ungeklärt, wer zu welchen Bedingungen diese
Impfaufklärung leisten soll. Eigentlich wäre dies Aufgabe des
Öffentlichen Gesundheitsdienstes, der jedoch vielerorts personell
dazu kaum in der Lage sein dürfte. Wenn niedergelassene Ärzte diese
Aufgabe erbringen sollen, wird dies nicht ohne Leistungshonorierung
möglich sein.

Glauben Sie, dass eine allgemeine Impfpflicht künftig möglich
wäre?

Fischbach: Angesichts immer wieder auftretender Fälle von
schwersten Behinderungen oder Todesfällen infolge nach Masern
(subakuter sklerosierender Panenzephalitis/SSPE) halte ich eine
Impfpflicht für wünschenswert. Eine generelle Impfpflicht wird in
Deutschland aus meiner Sicht jedoch nicht durchsetzbar sein, weil
hierzu der politische Wille fehlt. Sinnvoll und möglich wäre aber
beispielsweise eine Impfpflicht gegen Masern für Kinder, die eine
Tageseinrichtung besuchen wollen. Dies fordert der BVKJ schon lange.
Bisher hat sich die NRW-Landesregierung noch nicht einmal dazu
entschließen können, den Impfstatus vor Eintritt in die Kita
verpflichtend dokumentieren zu lassen. Und das, obwohl durch die
zunehmende U-3-Betreuung gegen Masern ungeimpfte Säuglinge
Kindertageseinrichtungen besuchen und dadurch unverantwortlicherweise
einem Erkrankungsrisiko ausgesetzt werden.

Zur Person: Dr. Thomas Fischbach ist Facharzt für Kinder- und
Jugendmedizin und praktiziert in einer Gemeinschaftspraxis in
Solingen. Beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte BVKJ ist er
Mitglied des Bundesvorstands sowie Landesverbandsvorsitzender in
Nordrhein



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