Der Deutsche Tierschutzbund erneuert seine Forderung nach einer Strategie, um Tierversuche durch moderne wissenschaftliche Verfahren zu ersetzen. Anlass ist die gestrige Titelstory einer großen Boulevardzeitung, in der ein an einem Gen-Defekt erkranktes Mädchen mit der Aussage zitiert wird "Ohne Tierversuche wäre ich tot". Gleichzeitig distanziert sich der Verband aufs Schärfste von Schmähungen und Todeswünschen gegen die Patientin.
Es bleibt unklar, was die in dem Artikel zitierte Schwerkranke dazu bewogen hat, öffentlich die Aussage zu treffen, ohne Tierversuche wäre sie tot. Woher ihre Informationen über die Bedeutung der konkreten Tierversuche, die in Zusammenhang mit ihrer Krankheit durchgeführt wurden, stammen, ist ebenfalls unklar. Der Deutsche Tierschutzbund bezweifelt, dass die junge Frau objektiv über tierexperimentelle Forschung informiert wurde und kritisiert, dass sie offenbar von der Tierversuchslobby instrumentalisiert wird.
Fakt ist: Der überwiegende Teil der in Deutschland durchgeführten Tierversuche zielt gar nicht auf die Erforschung oder Entwicklung von Therapien für den Menschen ab. Und gerade in diesem Bereich machen sich die wissenschaftlichen Defizite von Tierversuchen dramatisch bemerkbar. So fallen über 90 Prozent der an Tieren entwickelten Medikamente durch, wenn sie erstmals an Menschen erprobt werden. Meldungen über Arzneimittel, die vom Markt genommen werden müssen, weil sie trotz aller gegenteiligen Tierversuchsergebnisse schädliche Nebenwirkungen entwickeln, sind an der Tagesordnung. Der Grund liegt auf der Hand: Ergebnisse aus Tierversuchen sind nur bedingt auf den Menschen übertragbar. Tiere unterscheiden sich vom Menschen in ihrer Lebensweise und Lebensdauer, im Körperbau, Stoffwechsel und Erbgut.
Unbestreitbar sind auch durch Tierversuche medizinische Erkenntnisse gewonnen worden. Allerdings schreitet die Entwicklung tierversuchsfreier Methoden rasant voran. Schon heute können solche Verfahren zahlreiche Tierversuche ersetzen, die in der Vergangenheit für unerlässlich gehalten wurden. Die Tierversuche, die für sogenannte "Sicherheitsprüfungen" - auch medizinischer Produkte - durchgeführt werden bzw. sogar gesetzlich vorgeschrieben sind, stammen teilweise noch aus den 1940er Jahren. Sie wurden, anders als moderne tierversuchsfreie Methoden, niemals darauf geprüft, ob ihre Ergebnisse relevant für den Menschen sind oder Sicherheit für den Verbraucher oder die Umwelt gewährleisten können.
"Wir freuen uns mit der jungen Frau, dass sie lebt. Wir sind nicht gegen Forschung, sondern für einen Ersatz von Tierversuchen im Sinne einer modernen und innovativen Wissenschaft", stellt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, klar. Zu Schmähungen und Todeswünschen angeblicher Tierschützer gegen die Schwerkranke ergänzt Schröder: "Ich habe Verständnis dafür, wenn Tierfreunde in ihrer Verzweiflung über das unvorstellbare Leid in den Tierversuchslaboren gelegentlich emotional überreagieren. Aber hier sind Grenzen weit überschritten worden. Solche Äußerungen sind nicht nur zutiefst beschämend, sondern Wasser auf die Mühlen derer, die versuchen, die aus wissenschaftlichen und ethischen Gründen berechtigte Forderung nach einer Abkehr von Tierversuchen als irrationales Hirngespinst zu diskreditieren."
"Gerade erst haben wir den traurigen deutschen Rekord von über 3 Millionen Tieropfern in Versuchen zur Kenntnis nehmen müssen. Daher brauchen wir eine Kehrtwende: Machen wir das neue Jahr zum Aufbruch in ein neues Zeitalter der Forschung, einer innovativen Forschung, die ohne Tierleid, aber mit Sicherheit für den Menschen vorankommt", so Schröder.
Deutscher Tierschutzbund e.V.
Baumschulallee 15
53115 Bonn
Deutschland
Telefon: (0228) 60 49 60
Telefax: (0228) 60 49 640
Mail: presse@tierschutzbund.de
URL: http://www.tierschutzbund.de/