Der Gedanke, in ein Heim zu müssen, ist für viele
noch immer ein Schreckgespenst. "Das liegt vor allem daran, dass sich
die alten Menschen abgeschoben und schlecht betreut fühlen.", führt
Eva Hartmann, Ergotherapeutin im DVE (Deutscher Verband der
Ergotherapeuten e.V.) die wohl wichtigsten Gründe dafür auf. Dass ein
Aufenthalt im Heim durchaus mit Lebensqualität einhergehen kann,
liegt oft am professionellen Einsatz von Ergotherapeuten. Im Sinne
einer Qualitätsverbesserung für Heimbewohner bleibt zu hoffen, dass
Pflegeeinrichtungen nach dem Inkrafttreten der aktuellen
Leistungsausweitung für Pflegebedürftige mehr Fachpersonal - vor
allem aus der Ergotherapie - einsetzen.
Pflege ist ein schwieriges Metier, ganz ohne Frage. Dass immer
mehr Menschen ein immer höheres Alter erreichen, ist ausgesprochen
erfreulich, führt in Summe jedoch zu mehr Pflegebedürftigen und somit
zu mehr Kosten. Neue Ideen und Konzepte sind daher genau so nötig wie
gesetzliche Veränderungen. Die Ergotherapeutin Eva Hartmann ist in
einer Pflegeeinrichtung beschäftigt, die sich durch eine zeitgemäße
Unterteilung in stationäre Wohnbereiche und allgemeine Gruppen-,
Aufenthalts- und Tagesräume auszeichnet. Und durch den konsequenten
Einsatz von Ergotherapeuten.
Aufgaben im Pflegeheim professionell verteilen, Ergotherapeuten
einbeziehen
In Heime kommen vor allem Menschen, die beispielsweise nach einem
Schlaganfall kognitive Einschränkungen haben oder dement sind. Oder
nach einem Sturz. Einige von ihnen können das Heim nach einer
gewissen Zeit wieder verlassen. "Selbst wenn die Menschen dauerhaft
bei uns bleiben, setzen wir Ergotherapeuten immer alles daran, sie
wieder fitter zu machen, ihnen dadurch Freude am Leben zu vermitteln
und insgesamt eine bessere Lebensqualität im Pflegeheim zu
ermöglichen.", umreißt Eva Hartmann, warum Ergotherapeuten für
Pflegeeinrichtungen mit einem Qualitätsanspruch unverzichtbar sind
und wofür sie ausgebildet werden. Mit ihrer großen Bandbreite von
Methoden und dem in der Ergotherapie üblichen Einfühlungsvermögen
gelingt es Eva Hartmann, sogar mit schwer Dementen zu arbeiten. Mit
ihrer Art der Biografiearbeit und dem Einsatz ihres
ergotherapeutischen Know-hows schafft sie es, dass sie sich sicherer,
sogar wohlfühlen und erzielt so eine Entlastung aller Beteiligten.
Das Feedback ihrer Kollegen untermauert die Resultate: Waren diese
Heimbewohner vorher unruhig, haben gestöhnt, geschrien oder waren
aggressiv, stellen selbst die behandelnden Ärzte fest, dass mithilfe
der Ergotherapie eine zufriedene Ruhe einkehrt und sie, ebenso wie
das Pflegepersonal, seltener eingreifen müssen.
Ergotherapeutische Prophylaxe: mehr Sicherheit und Aktivität
Ergotherapeuten finden bei allen Heimbewohnern ein breites
Einsatzgebiet; das fängt bei der Prophylaxe an. Eva Hartmann sieht
gerade bei den Menschen mit kognitiven Einschränkungen Bedarf. Damit
sie sich ausreichend bewegen wollen und können, beginnt sie mit der
Sturzprophylaxe. Für Ergotherapeuten bedeutet das mehr, als lediglich
Stolperfallen zu beseitigen. Muskelaufbautraining, insbesondere in
den Oberschenkeln, verhindert, dass die alten Menschen sich
regelrecht auf Sitzgelegenheiten oder die Toilette fallen lassen. Das
führt nämlich schnell zum nächsten Sturz. Ebenso wichtig für die
Sicherheit dieser Heimbewohner erscheint Eva Hartmann das
Hirnleistungstraining. "Kann sich jemand nur auf den Bewegungsablauf
"Gehen" konzentrieren und schaut sich selbst auf die Füße, kommt er
nicht auf die Idee, das Bein zu heben, wenn ein Hindernis kommt. Oder
auf den Verkehr zu achten, wenn er noch nach draußen gehen kann.",
erläutert die erfahrene Ergotherapeutin, welchen Gefahren Menschen
nach einem Schlaganfall oder wegen einer Demenz ausgesetzt sind.
Dessen sind sich Gesunde oder die Angehörigen gar nicht bewusst.
"Aber die können das nicht und deshalb übe ich mit ihnen, indem ich
beispielsweise Wissensfragen stelle, wenn wir nebeneinander gehen
oder ich lasse sie dabei Sprichwörter raten." Das, was für
Außenstehende vielleicht banal oder spielerisch aussieht, ist also
eine wirkungsvolle Maßnahme der Ergotherapie.
Typisch Ergotherapie: Selbstständigkeit fördern und erhalten
Können die Heimbewohner dann wieder mehr, werden sie auch aktiver,
wollen an Ausflügen teilnehmen, suchen den Kontakt mit anderen
Heimbewohnern - die meisten jedenfalls. Natürlich gibt es auch
andere Vorstellungen in den Köpfen der Menschen im Heim: "Für das
viele Geld muss etwas mit mir gemacht werden.", sei eine ebenfalls
verbreitete Meinung, so Eva Hartmann. Doch damit schaden sich die
Leute selbst, ohne es zu wissen. Die Menschen in Pflegeeinrichtungen
bewegen sich generell weniger, was auf Dauer unter anderem zu einer
Versteifung der Gelenke führt. Das fängt schon beim Essen an. Aus
Bequemlichkeit lassen sich einige sogar Brötchen streichen und
belegen, was obendrein zu Lasten des Pflegepersonals geht oder mehr
Kapazität in der Küche erfordert. "Eine meiner Aufgaben in der der
Ergotherapie ist es, den Menschen die Selbstständigkeit zu erhalten,
oder wenn möglich, sie zu fördern. Das heißt, ich schaue: Kann
derjenige mit den Standardutensilien zurechtkommen? Oder benötigt er
Hilfsmittel?", lässt die Ergotherapeutin Hartmann einen weiteren
Blick in ihr weitgefasstes Aufgabengebiet zu. Wer nach einem
Schlaganfall nur noch einen Arm bewegen kann, bekommt ein spezielles
Brett, auf das sich das Brötchen aufspießen lässt und alles andere
rutschfest steht. So ist er in der Lage, sich auch mit nur einem Arm
autark zu versorgen. Oder Parkinsonpatienten: Für sie besorgt Eva
Hartmann besonders schweres Besteck. Damit gelingt es, trotz Tremor
alleine zu essen. Das "Selbst machen" ist also alles andere als eine
Sparmaßnahme der Pflegeeinrichtung; vielmehr durchbrechen
Ergotherapeuten so den Kreislauf von abnehmenden Aktivitäten und
zunehmenden körperlichen Problemen und Zerfall.
Ergotherapie pur: Ziele setzen als stärkstes Zugpferd
"Etwas (wieder) zu können, beflügelt manche regelrecht.", sagt Eva
Hartmann und berichtet von einer Schlaganfallpatientin, die anfangs
im Rollstuhl saß und nur noch teilnahmslos nach unten schaute. Nach
mehrwöchigem Training in der Ergotherapie konnte sie sich wieder
selbst kämmen und zurechtmachen. "Das Erfolgserlebnis, ein gesetztes
Ziel zu erreichen, hat ein solches Hochgefühl und Lebensfreude bei
ihr ausgelöst, dass sie wieder anfing zu lachen und mit den anderen
Bewohnern zu sprechen.", zeigt Eva Hartmann, wie die
ergotherapeutische Vorgehensweise die Heimbewohner verwandeln kann.
Selbst bei Patienten, die eine schlechte Perspektive haben, gelingt
es Ergotherapeuten, die Lebensqualität zu verbessern. So haben viele
Heimbewohner Schwierigkeiten mit dem Schlucken, werden dann über
Sondennahrung versorgt. Das ist die gängige Praxis in herkömmlichen
Heimen. Die Ergotherapeutin Hartmann hingegen setzt in einem solchen
Fall zügig mit Übungen für den Oraltrakt an. Die basale Stimulation
in den für Pflegeheimen noch unüblichen Wohnbereichen tut ein
Übriges: Denn dort wird Kaffee gekocht, Brot getoastet, Kuchen
gebacken. Solche Düfte regen die Sinne aller Bewohner an und lässt
auch bei denen mit Schluckproblemen erwünschtermaßen das Wasser im
Munde zusammenlaufen.
Messbare und fühlbare Verbesserungen - dank Ergotherapie im
Pflegeheim
Die Statistik bestätigt die Sinnhaftigkeit der ergotherapeutischen
Maßnahmen. In dem Pflegeheim, in dem Eva Hartmann arbeitet, gibt es
beispielsweise immer seltener Sondennahrung. In der Summe sind es
jedoch nicht nur die Zahlen, sondern mehr noch die Wahrnehmung, die
die Qualität einer Pflegeeinrichtung ausmachen. Viele Details, Dinge,
die einzeln betrachtet wie eine Kleinigkeit aussehen, bewirken, dass
das Leben im Heim sich gut anfühlt, Lebensqualität da ist. Und daran
sind Ergotherapeuten maßgeblich beteiligt.
Weitergehende Informationen finden Interessierte auf der Homepage
des DVE (Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.) www.dve.info.
Infomationsmaterial, auch zu den weiteren Behandlungsfeldern der
Ergotherapie, gibt es bei den Ergotherapeuten vor Ort; diese sind
über die Therapeutensuche im Navigationspunkt "Service" ebenfalls auf
www.dve.info zu finden.
Pressekontakt:
Angelika Reinecke, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit des DVE e.V.
Telefon: 033203 - 80026, E-Mail: a.reinecke@dve.info