Fehlfunktion hat viele Gesichter
Laut des CMD-Dachverbandes e. V. leiden in Deutschland circa 4 Mio. Menschen unter den Folgen einer Fehlstellung ihres Kiefergelenks. Bei 30 Prozent der Tinnitus-Patienten beispielsweise erweist sich eine Rückverlagerung des Unterkiefers als alleinige Ursache. Am häufigsten tritt CMD in der Altersgruppe zwischen 20 und 45 Jahren und mit 80 Prozent vermehrt bei Frauen auf. Fachzahnärztin Dr. Lingohr kennt die verschiedenen Auswirkungen: „Symptome reichen von Schmerzen im Kopf- und Rückenbereich bis hin zu Tinnitus, Depressionen, Sehstörungen, Schwindelgefühl, Zähneknirschen, dem sogenannten Bruxismus, und im Rumpfbereich sogar zu Beckenschiefständen oder Haltungsschäden. Nur wer deutliche Anzeichen wie Schmerzen im Kieferbereich, eingeschränkte Beweglichkeit im Kiefergelenk, der Kaumuskulatur oder der Mundöffnung und auffällige Geräusche, wie etwa ein deutlich hörbares Knacken beim Kauen oder Sprechen, feststellt, wendet sich zur weiteren Behandlung sofort an den richtigen Ansprechpartner – nämlich seinen Zahnarzt.“
Auf den zweiten Blick zur Diagnose
Ebenso wie die Anzeichen scheinen die Ursachen verschiedenartiger Natur zu sein. CMD tritt beispielsweise auf bei Zahnfehlstellungen oder Veränderungen im Biss, hervorgerufen etwa durch fehlende Zähne, schadhaften Zahnersatz, zu hoch oder zu niedrig sitzende Brücken, Kronen oder Inlays. Ebenso führen traumatische Veränderungen der Halswirbelsäule oder der Kiefergelenke, wie nach Verkehrsunfällen oder Stürzen, Operationen im Kopf- und Halsbereich, eine falsche Sitz- oder Schlafhaltung, Entzündungen mehrerer Gelenke und natürlich auch Fehlbildungen in der Entwicklung des Kiefers zu einer Craniomandibulären Dysfunktion. Dr. Lingohr weist jedoch noch auf weitere Ursachen hin: „Sehr häufig rufen auch seelische Belastung und Stress eine CMD hervor. Hierbei überträgt sich die psychische Anspannung auf den Kiefer und sorgt dort für massive Verspannungen. Zähneknirschen und Fehlstellungen des Kiefers stellen sich ein, die ihrerseits weitere körperliche Beschwerden bewirken.“
Individuelle Ursache – individuelle Behandlung
Bei Verdacht auf eine CMD-Erkrankung sollten Patienten umgehend den Zahnarzt hierauf aufmerksam machen. Dr. Lingohr rät: „Eine entsprechende Untersuchung ziehen wir schon bei ersten Anzeichen auf CMD in Erwägung, da die Folgen einer Erkrankung den Patienten ansonsten oft jahrelang belasten.“ Zunächst ermittelt die Zahnmedizinerin durch Abtasten eventuelle Verspannungen in der Kaumuskulatur und prüft mithilfe eines Belastungstests den Zustand des Kauapparates. Anschließend zeichnet die Fachzahnärztin die Bewegungen des Unterkiefers mechanisch auf und stellt so Veränderungen der Gelenkbahnen oder Fehler des Zusammenbisses fest. In einigen Fällen muss auch eine Wirbelsäulenmessung (4D Motion) erfolgen. „Früher nahmen Mediziner am Zusammenbiss der Zähne, der sogenannten Okklusion, oft unwiderrufliche Veränderungen vor, wie etwa durch Abschleifen oder Überkronen der Zähne, um so eine Fehlstellung zu korrigieren. Von einer solchen Behandlung raten wir zunächst einmal ab“, weiß Dr. Lingohr und ergänzt: „Solche Eingriffe stehen, wenn überhaupt, erst ganz am Ende einer Behandlung. Vielmehr versuchen wir, den Verspannungen mit einfachen Mitteln wie einer Aufbissschiene oder Physiotherapie bzw. Manualtherapie entgegenzuwirken. Bleibt eine CMD-Erkrankung unbehandelt, treten oft schwerwiegende Folgen auf, wie etwa eine dauerhafte Beeinträchtigung des Kiefergelenks in Form von Arthrose oder Gelenksteifheit, deutliches Knacken, Schäden im Stützapparat der Wirbelsäule und in der Muskulatur sowie eine kontinuierliche Abnutzung des Zahnschmelzes und daraus resultierende Zahnschäden. Anfängliche Symptome verstärken sich mit der Zeit und wandeln sich zu chronischen Schmerzen.
Weitere Informationen unter www.dr-lingohr.de