Der Münchner Transplantationschirurg Karl-Walter
Jauch fordert in der aktuellen Ausgabe des Magazins stern eine
"offene und ehrliche Diskussion über finanzielle Anreize für
Organspender". Die Voraussetzung sei aber, dass die Gesellschaft so
weit wäre, solche Modelle zu akzeptieren, sagte der ärztliche
Direktor des Klinikums Großhadern München, der auch lange Zeit
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie war. Natürlich
dürfe die Verteilung der Organe dann nicht weiterhin in den Händen
korrupter Vermittler liegen und hohe Provisionen abwerfen.
Jauch verweist auf das einzige Land weltweit, in dem Menschen ihre
Organe seit 1988 Jahren legal verkaufen können: Iran. "Die
Gesellschaft lebt dort offenbar gut mit dem Modell. Wir sollten das
nicht von vorneherein verteufeln."
Jauchs Forderung kommt zu einem brisanten Zeitpunkt. Die Akteure
des Organspendeskandals am Klinikum Göttingen im Jahr 2012
verantworten sich noch vor Gericht, da steht schon ein neuer Verdacht
im Raum: Könnte es sein, dass Patienten auf dem OP-Tisch Organe
entnommen werden, die gar nicht tot sind? Bei der geforderten
Hirntod-Diagnostik wurde in mindestens elf Fällen geschlampt, zuletzt
vor eineinhalb Monaten in Bremerhaven.
Der stern sprach mit Jauch anlässlich des Erscheinens des Buches
"Niere gegen Geld". Darin schildert der Auslandsreporter Willi
Germund, wie er sich auf dem internationalen Organ-Schwarzmarkt die
Niere eines Afrikaners kaufte. Germund, der Strafverfolgung fürchtet,
gab ein einziges Print-Interview auf deutschem Boden, das diese Woche
ebenfalls im stern erscheint. Er berichtet von Kliniken mit
katastrophalen hygienischen Zuständen und von kriminellen
Vermittlern, die Verkaufswillige um ihr Geld prellen. Und er
schildert, wie rasch sich kurz vor einer Reise nach China seine
moralischen Bedenken auflösten: "Ich weiß, dass die meisten Organe
bisher von Hingerichteten stammten. Aber damals war ich bereit, alles
zu machen, um der Dialyse zu entgehen."
Mit Gesetzen, so Germunds These, sei der Organhandel nicht zu
unterbinden. In Deutschland steht der Handel mit Organen seit 1997
durch das Transplantationsgesetz unter Strafe und kann mit fünf bis
zehn Jahren Gefängnis geahndet werden.
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