fit und munter - Kongress Pflege 2015 / Kompression: Ein zentrales Prinzip zur Behandlung von Venenerkrankungen (FOTO)

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Kongress Pflege 2015 / Kompression: Ein zentrales Prinzip zur Behandlung von Venenerkrankungen (FOTO)



Erkrankungen des Venensystems zählen in Deutschland zu den großen
Volkskrankheiten. Wie Venenleiden und ihre zum Teil schwerwiegenden
Folgeerkrankungen effektiv behandelt werden können, war Thema des
Workshops "Thrombose, CVI, Ulcus cruris venosum - Wo sind die
Hürden?" anlässlich des 20. Kongresses Pflege 2015 in Berlin.

Der Kongress Pflege hat es sich zur Aufgabe gemacht, professionell
Pflegenden aktuell, nachhaltig und praxisrelevant Fachwissen für ihre
tägliche Arbeit zu vermitteln. Die Fortbildungsveranstaltung, ein
anerkannter Treffpunkt der Pflegeszene und traditionell der Start in
das neue Fortbildungsjahr, fand am 30. und 31. Januar 2015 in Berlin
statt. Ein vom Medical Data Institute (MDI), Starnberg,(1)
veranstalteter, gut besuchter Workshop im Rahmen des Kongresses
widmete sich dem für die tägliche klinische Praxis wichtigen Thema
der Venenerkrankungen.

Venenleiden gehören in Deutschland zu den Volkskrankheiten: Neun
von zehn Erwachsenen weisen zumindest leichte Veränderungen der
Beinvenen auf.(2) Unter den Venenerkrankungen der Beine können akute
von chronischen Formen unterschieden werden; zu den Akutformen zählen
vor allem Thrombosen, zu den chronischen Leiden Krampfadern
(Varikosis) und die chronisch venöse Insuffizienz (CVI). Zwischen den
Krankheitsbildern bestehen vielfältige Wechselbeziehungen: So können
Krampfadern die Entstehung von Thrombosen fördern - und umgekehrt.
Die CVI ist im ungünstigsten Fall der Endzustand beider
Krankheitsbilder. Ein Venenleiden und seine Folgeschäden können die
Lebensführung und -qualität sowie die Berufsausübung bei einem Teil
der Betroffenen erheblich beeinträchtigen.

Akute Venenthrombosen sind laut Professor Dr. Peter Kujath, Klinik
für Viszeral-, Gefäß- und Thoraxchirurgie, Westküstenklinikum Heide,
vor allem bei immobilisierten chirurgischen Patienten eine häufige
Komplikation. Welche Maßnahmen zur Prophylaxe venöser Thromboembolien
(VTE) konkret angewendet werden sollen, richte sich nach dem
individuellen Risikoprofil des Patienten. "Neben allgemeinen
Basismaßnahmen und der Pharmakotherapie ist die physikalische
Prophylaxe, zu der der Einsatz von medizinischen
Thromboseprophylaxestrümpfen (MTPS) zählt, nach wie vor eine der drei
tragenden Säulen der VTE-Prophylaxe", machte Kujath deutlich.

Der Chirurg unterstrich, dass MTPS einen eindeutigen, in Studien
nachgewiesenen, antithrombotischen Effekt besitzen.(3, 4) Nicht
zuletzt deshalb habe sich das Expertenpanel, das zurzeit die S3-
Leitlinie zur VTE-Prophylaxe(5) überarbeitet, auf folgende
Formulierung für die neue Version der Empfehlung verständigt: "Bei
Patienten mit mittlerem und hohem Thromboserisiko können zusätzlich
physikalische Maßnahmen angewendet werden, bei Kontraindikationen
gegen eine medikamentöse VTE-Prophylaxe sollen physikalische
Maßnahmen zur Anwendung kommen. Zu diesen Maßnahmen gehören vor allem
MTPS und die intermittierende pneumatische Kompression. Zur
Indikationsstellung wird auf die speziellen Empfehlungen in den
einzelnen Fachgebieten verwiesen".

Kujath zufolge weist die Mehrzahl der chirurgischen Patienten ein
mittleres bis hohes Thromboserisiko auf: "Es ist deshalb im
Klinikalltag pragmatischer, die Patienten überzuversorgen - also
generell sowohl eine medikamentöse Thromboseprophylaxe als auch MTPS
anzuwenden - als jedes Mal individuell zu begründen, warum der eine
Patient beide Prophylaxearten erhalten soll und ein anderer nur das
Medikament". Für diese Vorgehensweise spreche auch, dass ein korrekt
angewendeter MTPS niemals Schaden verursachen kann - ein fehlender
Strumpf jedoch sehr wohl. "Außerdem sollte berücksichtigt werden,
dass Aufwand und Kosten für die Anwendung von MTPS wesentlich
geringer sind als die Kosten, die für die Akut- und Dauertherapie
einer Thrombose anfallen", betonte der Chirurg.

Wie Kujath ergänzend hinzufügte, habe eine Untersuchung, in der
verschiedene Strumpfmodelle vergleichend geprüft wurden, gezeigt,
dass sich die einzelnen Fabrikate im Hinblick auf ihre
biomechanischen Eigenschaften zum Teil erheblich voneinander
unterscheiden.(6) So hätten nicht alle Modelle den für MTPS
geforderten kontinuierlichen Druckabfall von distal nach proximal
gewährleisten können. "Vor diesem Hintergrund liegt die Vermutung
nahe, dass Strümpfe mit einem besseren Druckprofil möglicherweise
mehr Thrombosen verhindern können, weshalb der Auswahl eines
geeigneten Strumpfmodells im Klinikalltag ein besonderes Augenmerk
gewidmet werden sollte", riet Kujath.

Prof. Dr. Knut Kröger, Direktor der Klinik für Angiologie am
HELIOS Klinikum Krefeld, erläuterte im Anschluss daran, wie es zur
Entstehung von Venenschäden oder - in deren Folge -zur Entwicklung
chronischer Wunden kommen kann. "Venen haben im Organismus die
Aufgabe, das verbrauchte, sauerstoffarme Blut entgegen der
Schwerkraft zurück zum Herzen zu transportieren. Der Blutrückfluss
wird einerseits durch die Wadenmuskelpumpe und andererseits durch die
Venenklappen unterstützt. Beim Anspannen der Beinmuskeln, wie etwa
beim Gehen, drücken die kontrahierten Muskeln auf die Venen und
pressen das Blut nach oben", erläuterte Kröger.

Mit zunehmendem Alter oder bedingt durch eine angeborene
Venenschwäche können die Venenwände erschlaffen. In der Folge
erweitern sich die Venen, und die Venenklappen schließen nicht mehr
richtig (Venenklappeninsuffizienz). Das Blut wird zunehmend langsamer
zum Herzen zurücktransportiert oder fließt sogar in die Beine zurück.
Dadurch steigt der Druck in den Venen, und die ohnehin schon
geschwächten Gefäße weiten sich noch stärker aus. "Es entsteht ein
Teufelskreis: Durch die langfristige Stauung des Bluts in den
Beinvenen und durch den damit verbundenen Druckanstieg entstehen im
Laufe der Zeit weitere Venenschäden und die Klappeninsuffizienz
verstärkt sich. Bezeichnet wird dieser Zustand als CVI", berichtete
Kröger. Wenn das sauerstoffarme Blut nicht mehr ausreichend aus den
Beinen abtransportiert wird, kommt es zu einer Unterversorgung der
Beine mit Nährstoffen und Sauerstoff. Zu den Folgeerkrankungen der
CVI gehören die Entstehung von Besenreisern, Krampfadern (Varizen),
Hautveränderungen oder von tiefen - meist nässenden - Wunden im
Unterschenkelbereich, den venösen Ulzerationen.

Laut Kerstin Protz, Projektmanagerin Wundforschung im
Comprehensive Wound Center (CWC) des Universitätsklinikums
Hamburg-Eppendorf, besteht die Basisbehandlung bei Patienten mit
Venenleiden aus einer frühzeitigen und regelmäßigen
Kompressionstherapie. Mittels der Kompressionstherapie wird ein genau
definierter Druck auf das Gewebe und die Gefäße ausgeübt. Dadurch
wird der Gefäßquerschnitt von zuvor erweiterten Venen auf ihren
normalen Durchmesser verkleinert, und noch funktionstüchtige
Venenklappen können wieder schließen. Da sich das Blut nicht mehr in
den Beinen staut, wird auf diese Weise der Rückfluss des Bluts zum
Herzen gefördert. Außerdem erhöht sich durch den von außen auf das
Bein und die Gefäße ausgeübten Druck die Fließgeschwindigkeit des
Bluts. Dadurch bilden sich weniger Blutgerinnsel in den Venen, und
die Beine schwellen ab, weil die Gewebsflüssigkeit verstärkt in die
Venen aufgenommen wird und abfließen kann. "Das Ziel der
Kompressionstherapie ist also einerseits die Behebung akuter
Beschwerden und andererseits das Verhindern eines weiteren
Krankheitsfortschritts", so Protz.

"Das Anlegen des Verbands zur Behandlung akuter Venenerkrankungen
bedarf einer gewissen Übung und Erfahrung, damit er weder zu fest
noch zu locker sitzt und genau den erforderlichen Druck auf das Bein
ausübt", machte Protz deutlich. Ein Kompressionsverband werde von
unten nach oben gewickelt. Möglich sei eine Therapie mit einem
Dauerverband, der über mehrere Tage und auch in der Nacht am Bein
verbleibt, oder mit einem Wechselverband, der vom Patienten nur
tagsüber getragen und regelmäßig getauscht oder neu gewickelt wird,
erläuterte die Wundmanagerin. Wechselverbände aus wenig elastischen
Kompressionsbinden hätten den Vorteil, dass ihr Druck bei der
täglichen Erneuerung an die aktuellen Beinmaße des Patienten
angepasst werden kann.

Für die Therapie mit Kompressionsverbänden stehen Binden mit
unterschiedlichen Eigenschaften hinsichtlich Kraft und Dehnung zur
Verfügung. "Am besten geeignet sind unelastische Kurzzugbinden, die
ein geringes Dehnungsvermögen besitzen. Sie erzeugen einen hohen
Arbeitsdruck, setzen der Muskulatur bei Bewegung also einen hohen
Widerstand entgegen und beeinflussen daher auch krankhafte
Veränderungen in tieferliegenden Venen günstig", sagte Protz.
Verfügbar seien alternativ fertige Bindensysteme oder, ganz neu, auch
Kompressionsbandagen.

"Seit Kurzem ist in Deutschland mit circaid® juxtacures® ein
innovatives Kompressionsbandagen-System erhältlich, das im Ausland
bereits mit großem Erfolg zur Behandlung von venösen Ulzera
eingesetzt wird. Zu seinen Pluspunkten gehört, dass es sehr einfach
anzulegen ist, weshalb diese Aufgabe auch vom Patienten selbst
übernommen werden kann. Außerdem bietet das System die Möglichkeit
einer unkomplizierten, individuellen Druckanpassung", so die
Wundexpertin.

In der Langzeit- und Dauerbehandlung von Venenerkrankungen werden
medizinische Kompressionsstrümpfe eingesetzt. Sie dürfen erst dann
zum Einsatz kommen, wenn durch den Kompressionsverband eine
Entstauung der Beine erreicht wurde und eventuell vorhandene Ulzera
abgeheilt sind. Ziel der Therapie mit rundgestrickten
Kompressionsstrümpfen ist es, das in der Akutbehandlung mit
Kompressionsverbänden erreichte Behandlungsergebnis zu sichern und
möglichen Rückfällen vorzubeugen. Protz wies ergänzend auf mögliche
Kontraindikationen für eine Kompressionstherapie hin: "Zu den
absoluten Kontraindikationen zählen u. a. die fortgeschrittene
periphere arterielle Verschlusskrankheit, dekompensierte
Herzinsuffizienz, septische Phlebitis und die Immobilisierung, zu den
relativen Kontraindikationen gehören ausgeprägte, nässende
Dermatosen, eine fortgeschrittene periphere Neuropathie, schwere
Sensibilitätsstörungen im Bein sowie Unverträglichkeit auf das
Material des Kompressionsverbands/der Kompressionsstrümpfe".

Professor Dr. Martin Storck, Direktor der Klinik für Gefäß- und
Thoraxchirurgie Karlsruhe, wies abschließend darauf hin, dass jede
chronische Wunde ein Symptom ist, dessen Ursachen man suchen und
behandeln müsse. "Die häufigste chronische Wunde, an der Patienten
leiden, ist das Ulcus cruris venosum, also das am Unterschenkel
lokalisierte Ulkus. Bei etwa 10% bis 20% der Patienten ist jedoch
nicht nur das arterielle System an der Entstehung des Ulkus
beteiligt, sondern es liegt eine arterio-venöse Mischform vor, ein
Ulcus cruris mixtum", so Storck. Chronische Wunden könnten nur dann
erfolgreich abheilen, wenn die Grunderkrankung, die für das Ulkus
ursächlich ist, entsprechend mitbehandelt oder zumindest bestmöglich
kompensiert würde. "Auch die Wunde selbst muss sorgfältig
diagnostiziert werden. Ohne ausreichende differenzialdiagnostische
Bewertung kann keine effiziente, lokale Wundtherapie festgelegt
werden", betonte Storck.

Das Wundmanagement sollte idealerweise an die verschiedenen Phasen
der Wundheilung angepasst werden. "Eine komplette Wundtherapie bis
zur Abheilung umfasst Maßnahmen zur Sanierung und Reinigung der
Wunde, zur Beschleunigung der Wundheilung und zur Förderung des
Wundverschlusses. Wichtig ist darüber hinaus eine bedarfsgerechte
Auswahl geeigneter Verbandmaterialien, und gegebenenfalls ist auch
eine medikamentöse Therapie erforderlich", so der Gefäßchirurg. Für
den Therapieerfolg sei es zudem wichtig, dass die eingesetzte
Wundauflage indikationsgerecht den Erfordernissen der Wunde
entspricht, ergänzte Storck.

Im Rahmen eines Interviews, welches direkt im Anschluss an den
Workshop stattfand, beklagten die Referenten der Veranstaltung, dass
das Wissen um die Kompressionstherapie und den Nutzen entstauender
Verfahren zunehmend verloren geht. Das MDI wird diesen Punkt daher
aufgreifen und zukünftig verstärkt Aufklärung rund um das Thema
Kompression leisten.1

Eigens zu diesem Zweck wurde am Institut das neue Ressort
"Kompressionstherapie" eingerichtet. Fachexperten aus den Bereichen
Phlebologie, Angiologie, Chirurgie und Dermatologie wollen -
unterstützt von Gesundheitsökonomen und Medizinjuristen - dafür
sorgen, dass das Thema Kompressionstherapie seinen ursprünglichen
Stellenwert wiedererlangt. Weitere Informationen dazu gibt es unter:
www.md-institute.com.

Quellen
1. www.md-institute.com
2. http://ots.de/S5gbg
3. Caprini JA, 2010, Clin Appl Thromb Hemost 16: 668-673
4. Kujath P, Hoffmann M, 2013, Chirurg 84: 1057-1061
5. http://ots.de/55olt
6. Wegener U et al., 2013, Gefässchirurgie 18: 278-286



Pressekontakt:
Pressestelle Medical Data Institute
Mobil: +49 (0)174 2460808
E-Mail: fkamperhoff@md-institute.com
www.md-institute.com
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