fit und munter - Deutscher Ethikrat veröffentlicht Stellungnahme zum Thema Hirntod und Entscheidung zur Organspende

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Deutscher Ethikrat veröffentlicht Stellungnahme zum Thema Hirntod und Entscheidung zur Organspende


In seiner heute veröffentlichten Stellungnahme geht
der Deutsche Ethikrat auf die Kontroverse über den Hirntod ein. Er
fordert Verbesserungen bei der Information und Kommunikation rund um
die Organspende. Außerdem fordert er eine gesetzliche Regelung zu
organprotektiven Maßnahmen.

Die Organtransplantation ist ein wichtiger Bereich der Medizin,
der dazu beiträgt, das Leben schwer kranker Menschen zu retten. Umso
bedeutsamer ist es, dass die Bevölkerung Vertrauen in diesen Bereich
der medizinischen und pflegerischen Versorgung hat. Jeder Mensch muss
die Möglichkeit haben, seine individuelle Entscheidung zur
Organspende auf der Grundlage hinreichender Information zu treffen.
Dies gilt auch für die Frage, wann der Mensch tot ist.

Um das Vertrauen in die Transplantationsmedizin in Deutschland zu
stärken, sind Transparenz und eine offene gesellschaftliche
Diskussion notwendig. Diese möchte der Deutsche Ethikrat mit seiner
Stellungnahme, die sich ausschließlich mit der Organspende nach
Hirntod befasst, befördern. Dazu stellt er einerseits die
weitreichende Einigkeit über viele Elemente des Todesverständnisses
und einen angemessenen Umgang mit hirntoten Menschen heraus. Er zeigt
andererseits aber auch die bestehenden Kontroversen auf. Diese
Kontroversen betreffen die Frage, ob das Hirntodkriterium ein
überzeugendes Kriterium für den Tod des Menschen ist. Sie betreffen
auch die Frage, ob der Hirntod für die ethische und
verfassungsrechtliche Legitimität einer Organentnahme selbst dann als
Voraussetzung ausreicht, wenn er nicht mit dem Tod des Menschen
gleichgesetzt wird. Diese Fragen können nicht allein mit der
Kompetenz naturwissenschaftlicher oder medizinischer Experten
beantwortet werden, sondern bedürfen der ethischen Reflexion.

Einstimmig ist der Deutsche Ethikrat der Auffassung, dass am
Hirntod als Voraussetzung für eine postmortale Organentnahme
festzuhalten ist. Die Mehrheit des Deutschen Ethikrates ist dabei der
Auffassung, dass der Hirntod ein sicheres Todeszeichen ist und die
Spende lebenswichtiger Organe nur zulässig sein darf, wenn der Tod
des möglichen Organspenders festgestellt ist (Dead-Donor-Rule). Eine
Minderheit des Deutschen Ethikrates hält dagegen den Hirntod nicht
für den Tod des Menschen und weist dem Hirntod lediglich die Rolle
eines notwendigen Entnahmekriteriums zu.

Im Interesse einer verlässlichen Hirntoddiagnostik sieht der
Deutsche Ethikrat die Ärzteschaft in der Pflicht, die Methoden dem
Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft kontinuierlich anzupassen
sowie in der Praxis sicher umzusetzen. Durch eine entsprechende Aus-,
Fort- und Weiterbildung ist die hohe medizinische Fachkompetenz der
untersuchenden Ärzte zu gewährleisten. Fachkompetente Ärzte sollten
flächendeckend und zeitnah zur Verfügung stehen.

Der Deutsche Ethikrat hält es darüber hinaus für erforderlich, die
Information und Kommunikation rund um die Organspende zu verbessern.
Seine Empfehlungen beziehen sich auf die Gespräche mit den
Angehörigen, die Aufklärung der Bevölkerung und die Bestellung von
Transplantationsbeauftragten.

Die Gespräche und die Beratung der Personen, die anstelle des
möglichen Spenders eine Entscheidung über eine Organspende treffen
müssen, sollten bereits vor der Feststellung des Hirntodes begonnen
werden dürfen. Dies sollte in § 7 des Transplantationsgesetzes (TPG)
klargestellt werden. Angemessene Rahmenbedingungen für diese
Gespräche sollten eine ergebnisoffene und nondirektive Kommunikation
fördern sowie besondere kulturelle und sprachliche Belange
berücksichtigen.

Angesichts der zentralen Funktion der Transplantationsbeauftragten
für den gesamten Prozess der Organspende hält es der Deutsche
Ethikrat für unerlässlich, in allen Bundesländern gemäß den
bundesrechtlichen Vorgaben unverzüglich die rechtlichen
Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass in den Entnahmekrankenhäusern
Transplantationsbeauftragte bestellt werden und diese ihre Aufgabe
angemessen erfüllen können.

Die Materialien zur Aufklärung der Bevölkerung über "die gesamte
Tragweite der Entscheidung" (§ 2 Abs. 1 TPG) zur Organspende sollten
ergänzt werden. Dazu gehören unter anderem Informationen über eine
mögliche Kollision von Patientenverfügung und Organspendeerklärung
sowie über Art, Umfang und Zeitpunkt von organprotektiven Maßnahmen,
die beim möglichen Organspender unter bestimmten Umständen schon vor
der Hirntoddiagnostik zur Erhaltung der zu entnehmenden Organe
erforderlich sind. Zudem sollten die Materialien Informationen
darüber enthalten, dass in anderen Staaten auch für deutsche
Staatsbürger, die dorthin reisen, andere Regelungen für eine
Organentnahme gelten können.

Hinsichtlich der organprotektiven Maßnahmen sieht die Mehrheit des
Deutschen Ethikrates auch gesetzlichen Handlungsbedarf. Für den Fall,
dass eine Einwilligung des Organspenders in organprotektive Maßnahmen
nicht festgestellt werden kann, sollte gesetzlich geregelt werden,
welche Personen die Entscheidung über das Einleiten solcher Maßnahmen
vor Feststellung des Hirntodes treffen dürfen. Die Zulässigkeit der
Durchführung von organprotektiven Maßnahmen bis zur abschließenden
Feststellung des Hirntodes sollte gesetzlich an zusätzliche
Anforderungen gebunden werden.

In einem Sondervotum lehnen drei Mitglieder des Deutschen
Ethikrates die geforderte gesetzliche Regelung organprotektiver
Maßnahmen vor Feststellung des Hirntodes ab und erklären, dass sich
der ärztliche Behandlungsauftrag grundsätzlich auf das Wohl des
Patienten konzentriert und nicht auf eine theoretische Möglichkeit
zur Organspende. Die Differenzierung intensivmedizinischer
Behandlungsmaßnahmen in patientenorientierte gegenüber
organprotektiven Maßnahmen halten sie daher für klinisch nicht
relevant und irreführend.

Der vollständige Text der Stellungnahme findet sich unter
http://ots.de/hG7CK.



Pressekontakt:
Ulrike Florian
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Deutscher Ethikrat
Jägerstraße 22/23
D-10117 Berlin

Tel: +49 (0)30/20370-246
Fax: +49 (0)30/20370-252
E-Mail: florian@ethikrat.org
URL: http://www.ethikrat.org
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