Der exorbitante Preis, den die Firma Gilead für das Hepatitis-C-Mittel Sofosbuvir (Sovaldi®) verlangt, erfordert eine grundlegende Diskussion darüber, wie die Preise innovativer Arzneimittel festgelegt werden. Ein 12-wöchiger Therapiezyklus mit 84 Tabletten Sovaldi® kostet in Deutschland und in Österreich derzeit um 60.000 ?. Hieraus errechnet sich ein Preis pro Tablette von ca. 700 ?. Die Produktionskosten einer Tablette sollen nur 2-3 ? betragen (1). Der kalifornische Hersteller Gilead rechtfertigt den Phantasiepreis in Europa und Nordamerika damit, dass das Arzneimittel einen hohen individuellen medizinischen Wert hat, nämlich die Heilung von Hepatitis C und Verhinderung von Folgekrankheiten wie Leberzellkarzinom. Außerdem könnten die westlichen Volkswirtschaften diesen Preis bezahlen. Das klassische Argument, die Forschungs- und Entwicklungskosten des pharmazeutischen Unternehmers (pU) müssten wieder eingespielt werden, wird also von Gilead nicht als Grund für den Sovaldi®-Preis bemüht. Gilead hat den Wirkstoff ja auch gar nicht selbst entwickelt, sondern im Jahre 2011 das Patent zusammen mit dem pU Pharmasset für 11 Mrd. US-$ gekauft (2). Die Firma Pharmasset ging übrigens, wie mehrere andere Biotech-Firmen auch, aus den Forschungslabors der Emory-Universität in Atlanta hervor, die sich mit der Erforschung antiviraler Substanzen beschäftigen (3).
Um die weltweite Kritik an seiner Preispolitik zu dämpfen - sie reichte teils bis in die Parlamente - hat Gilead im vergangenen Jahr eine Vereinbarung mit dem ursprünglich für AIDS-Medikamente etablierten "Medicines Patent Pool (MPP)" unterzeichnet und indischen Generikaherstellern Sofosbuvir-Lizenzen angeboten. Der Deal: die indischen Lizenznehmer dürfen das Medikament herstellen und wesentlich billiger in Indien und in anderen Entwicklungsländern verkaufen. Gedacht ist an einem Preis von 900 US-$ für einen Therapiezyklus von 12 Wochen (4). Gilead erhält pro verkaufte Einheit eine Gebühr. Ein Export ist nur in definierte Länder erlaubt, nicht in die Industrieländer und auch nicht in die meisten Schwellenländer. Diese Länder sollen weiterhin die höheren Preise bezahlen. Gilead, deren langjähriger Aufsichtsrat übrigens der ehemalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld war, nimmt quasi Geld von den Reichen und gibt es den Armen.
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