"Physiotherapeut ist ein toller Beruf ? man ist nah am Menschen und sieht unmittelbar den
Erfolg der Arbeit. Aber wer soll sich denn angesichts der Vergütungssituation noch für diesen
Beruf begeistern?", so das resignierende Fazit des Bundesvorsitzenden des VDBPhysiotherapieverbandes,
Wilfried Hofmann. Praxen und Einrichtungen im gesamten
Bundesgebiet spüren schon seit Jahren einen zunehmenden Fachkräftemangel, der bereits in
wenigen Jahren zu Engpässen in der Versorgung mit bestimmten Leistungen führen wird.
Physiotherapeuten/innen und Masseure/innen u. med. Bademeister/innen gehören zu den sehr
wenigen Berufen, die hierzulande die Kosten für ihre Ausbildung selbst tragen müssen. Die
Ausbildung an einer Berufsfachschule dauert drei Jahre bis zum Physiotherapie-Examen und
zwei Jahre bis zum Masseur-Examen, für die Masseure folgt dann noch ein halbes Jahr
Anerkennungspraktikum. Ein Berufsgesetz des Bundes regelt die Inhalte der Ausbildung und
des Staatsexamens. Die Schulgelder liegen in Summe zwischen 10.000 und 20.000 Euro für
Physiotherapieschüler, bei 7.000 bis 12.000 Euro für Masseurschüler. Das System
unterscheidet sich deutlich vom dualen Ausbildungssystem etwa bei den Pflegekräften mit
Schule und Praxisteilen in der Klinik, die ihnen auch ein Ausbildungssalär zahlt. Das
Einstiegsgehalt liegt bei Physiotherapeuten im Westen bei rund 1.600,- brutto monatlich bei
Vollzeit, im Osten aufgrund der diskriminierenden Abschläge bei der Vergütung der Praxen
durch die Gesetzlichen Krankenkassen um rund 15-20% tiefer.
Im August 2014 veröffentlichte das Bundesinstitut für Berufliche Bildung eine Statistik,
wonach die Anzahl der Physiotherapieschüler vom Schuljahr 2007/2008 bis 2011/2012 um
10,1% zurückging, die Anzahl der Masseurschüler um besorgniserregende 28,1%. Diese
Entwicklung verstärkt sich: einige Schulen haben in 2014 die Schließung von Standorten
beschlossen, um auf die sinkenden Bewerberzahlen zu reagieren.
Noch schlimmer: Absolventen suchen sich zunehmend andere berufliche Wege abseits der
kurativen Behandlung von erkrankten und verletzten Patienten. Statistisch ist dieses
Phänomen noch nicht erfasst. Aber in einer Diskussion mit 300 Physiotherapieschülern in
Rheinland-Pfalz im letzten Sommer zeigte sich, dass einige Schulen bei ihren jährlichen
Absolventenumfragen feststellen mussten, dass sich rund die Hälfte der Absolventen der
zurückliegenden Examensjahrgänge berufliche Wege abseits der Behandlung von Patienten
sucht oder diese bereits gefunden hat.
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