Standardisierungen spielen in vielen Bereichen
eine große Rolle und dienen der Qualitätssicherung; in der Medizin
spricht man vom sogenannten ''Goldstandard''. Ein solch
vereinheitlichtes, als beste Lösung erkanntes wissenschaftliches
Verfahren ist äußerst wichtig. Oftmals kann es sogar helfen, Leben zu
retten. Beispielsweise in akuten Situationen wie einem Schlaganfall.
Darüber hinaus ist innerhalb des Gesundheitswesens für die
Berufsgruppe der Ergotherapeuten zusätzlich eine individuelle
Betrachtung jedes Einzelnen entscheidend. "Die Menschen, die in die
Ergotherapie kommen, sind verschieden, daher unterscheidet sich auch
die jeweilige Behandlung. Selbst wenn durch den Schlaganfall die
Folgen identisch sind. Wir Ergotherapeuten nennen das
klientenzentriertes Arbeiten.", erklärt Janette Wendt,
Ergotherapeutin und Dozentin für Ergotherapie.
Ein Schlaganfall kommt für die Betroffenen wie aus heiterem
Himmel. Sie werden regelrecht aus ihrem vermeintlich gesunden Leben
gerissen. "Für diese Menschen, die zum Teil sogar noch sehr jung
sind, ist es besonders wichtig und motivierend, wieder etwas selbst
zu können. Also Handlungen und Betätigungen neu zu erlernen, wieder
selbstständig zu werden.", weiß Janette Wendt, die als
Ergotherapeutin bereits eine Vielzahl von Schlaganfallpatienten
behandelt hat. Jeder kleine Erfolg motiviert und um dies zu
verstärken, gestalten Ergotherapeuten die Kommunikation mit ihren
Klienten entsprechend: Sie erkennen und loben kleinste Fortschritte,
bestätigen, wenn etwas gut klappt, sprechen es hingegen nicht an,
wenn etwas misslingt. Was sich für manchen trivial anhört, ist
wissenschaftlich untermauert: Positives Feedback fördert den
Lernprozess.
Ergotherapeuten arbeiten klientenzentriert, von Anfang an
Welche Fähigkeiten für jemanden, der einen Schlaganfall erlitten
hat, bedeutsam sind und somit für ihn einen Fortschritt darstellen,
wenn er sie wiedererlangt, variiert von Mensch zu Mensch. Da spielt
der ergotherapeutische Grundsatz des sogenannten klientenzentrierten
Vorgehens eine wichtige Rolle. Dieses Prinzip begleitet Klienten in
der Ergotherapie von der ersten bis zur letzten Behandlungseinheit.
Die Ergotherapeutin verdeutlicht dieses Vorgehen so: "Wenn ich einen
Klienten das erste Mal sehe, geht es darum, ihn in seiner gesamten
Komplexität, seiner ganz eigenen Persönlichkeit zu ergründen. Was ist
das für ein Mensch, welche Ressourcen, Anliegen und Wünsche hat er?
Welche Alltagshandlungen sind ihm wichtig? Wie ist er sozial
eingebunden? Wie und wo wohnt er und wie sind die räumlichen
Gegebenheiten?" Dadurch werden die Grundlagen für das
klientenzentrierte Arbeiten geschaffen, denn so geht es um den
Menschen und nicht um den Schlaganfall. Der nächste Schritt in der
Ergotherapie ist, das persönliche Betätigungsprofil anhand der
detailliert erfragten Handlungen eines typischen Tagesablaufs des
jeweiligen Klienten zu erstellen. Diese und alle weiteren
Informationen bilden die Grundlage, um zusammen mit dem KIienten die
Ziele festzulegen, die er erreichen möchte. Auch dieses für die
Ergotherapie typische Vorgehen, selbstbestimmt und autonom, wirkt
sich positiv auf den Lernprozess aus und ist Teil der
klientenzentrierten Haltung von Ergotherapeuten.
Ergotherapie hat den Klienten im Fokus, das soziale Umfeld im
Blick
Ein weiterer Blick der Ergotherapeuten gilt dem sozialen Umfeld,
den Bezugspersonen der Betroffenen. Denn auf deren Unterstützung sind
Schlaganfallpatienten auch später im häuslichen Umfeld oftmals
angewiesen. Deshalb gilt es, sie unmittelbar mit ins Boot zu holen
und mit in die Therapie einzubeziehen. Gemeinsam wird geübt, was
durch den Schlaganfall beeinträchtigt ist, analysiert und optimiert.
Denn das Ziel der Ergotherapie ist, den Klienten wieder zu etwas für
ihn Wesentlichen zu befähigen. Dem Einen liegt die Wahrung der
Intimsphäre besonders am Herzen, die persönliche Körperhygiene und
der Gang zur Toilette. Andere möchten möglichst schnell in den Beruf
zurück. Und wieder anderen ist die persönliche Mobilität am
wichtigsten. Sie wollen laufen, spazieren gehen oder sogar selbst
Auto fahren. So unterschiedlich sind die Ziele, die sich für
Ergotherapeuten und ihre Schlaganfallpatienten durch das
klientenzentrierte Arbeiten herauskristallisieren.
Lebensqualität nach Schlaganfall durch vielschichtige
ergotherapeutische Arbeit verbessern
Entsprechend individuell gestaltet sich in der Folge die
Behandlung. Da heißt es zunächst, sich die Handlungsabläufe
anschauen, den Klienten bei der Ausführung beobachten, den Prozess in
einzelne Schritte zerlegen und verändern, wo es nötig ist. Oder sich
gegebenenfalls Hilfsmittel überlegen und besorgen oder herstellen
beziehungsweise eine Bezugsperson einbinden. Ergotherapeuten arbeiten
dabei vielschichtig, sowohl an der Körperfunktion als auch an der
Betätigung. Letztere nutzen sie als therapeutisches Mittel, indem sie
beispielsweise mit dem Klienten das sichere Ein- und Aussteigen üben
- auf dem Parkplatz, mit seinem eigenen Auto. Das ist nach einem
Schlaganfall, der etwa die Lähmung eines Armes oder Beines zur Folge
hatte, viel schwieriger als gesunde Menschen sich das vorstellen
können. Und: Nur mit professioneller Beratung wie die Ergotherapie
sie bietet, funktioniert es so, dass derjenige sich keine
Fehlhaltungen angewöhnt, die ihm später zusätzliche Probleme
bereiten. Was sich so einfach anhört, ist von immenser Bedeutung für
die Betroffenen selbst. Dank ihrer klientenzentrierten Arbeit gelingt
es Ergotherapeuten, genau diese individuell relevanten Aspekte
herauszufinden, daran zu arbeiten und so die Lebensqualität von
Menschen nach einem Schlaganfall deutlich zu verbessern. Und das,
obwohl sich in manchen Fällen der körperliche Zustand nicht
wesentlich verändert.
Informationsmaterial zum Thema Schlaganfall und
klientenzentriertem Arbeiten sowie zu den weiteren Behandlungsfeldern
der Ergotherapie erhalten Interessierte bei den Ergotherapeuten vor
Ort; diese sind über die Therapeutensuche im Navigationspunkt
"Service" des DVE (Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.) auf
www.dve.info zu finden.
Pressekontakt:
Angelika Reinecke, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit des DVE e.V.
Telefon: 033203 - 80026, E-Mail: a.reinecke@dve.info