Schon umgangssprachlich werden die Begriffe Praxisgemeinschaft und Gemeinschaftspraxis oft miteinander vertauscht. Ärger bei der kassenärztlichen Abrechung droht, wenn auch in der beruflichen Realität Verwechslungsgefahr besteht. So können bei missbräuchlicher Nutzung der Kooperationsform Praxisgemeinschaft im Sinne des § 33 Ärzte-Zulassungsverordnung Honorarbescheide korrigiert werden.
Das kann leichter passieren, als man denkt, obwohl der Unterschied rechtlich eigentlich klar liegt:
• Bei einer Praxisgemeinschaft teilen sich zwei oder mehr niedergelassene Ärzte Praxisräume, Geräte und Mitarbeiter und legen die Kosten dafür nutzungsgerecht um. Gegenüber ihren Patienten treten die Mediziner jedoch selbständig auf und rechnen auch jeder für sich mit der zuständigen Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung (KV) ab. Es handelt sich also um mehrere Einzelpraxen in gemeinsamen Räumlichkeiten.
• Eine Gemeinschaftspraxis stellt dagegen eine Form der gemeinsamen Berufsausübung dar, die als wirtschaftliche Einheit auftritt und folglich gegenüber den Krankenkassen oder Privatpatienten auch gemeinsam abrechnet. Gemeinschaftspraxen von Kassenärzten müssen vom Zulassungsausschuss genehmigt werden.
Missbräuchlich ist es nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 5. November 2008, wenn eine Praxisgemeinschaft nach außen hin nicht als solche gelebt wird. Die Richter hatten folgenden Fall zu entscheiden (Aktenzeichen: B 6 KA 17/07 B): Zahnärzte, die in einer Praxisgemeinschaft verbunden waren, hatten gemeinsam Sprechstundenzeiten von 7.00 bis 24 Uhr werktags angeboten. Nach Auffassung des Gerichts kann eine Einzelpraxis eine solch lange Dienstbereitschaft nicht allein realisieren, sondern nur mehrere Zahnärzte in gemeinsamer Berufsausübung. Der Patient gehe nämlich dann typischerweise zu dem Zahnarzt, der gerade Dienst hat und nicht in eine konkrete Praxis. Damit aber, so das BSG, werde im Innen- und Außenverhältnis eine Art der Zusammenarbeit suggeriert, wie sie für Gemeinschaftspraxen typisch ist.
In Anlehnung an die Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverbände der Krankenkassen ging das Gericht von einer Abrechnungsauffälligkeit aus, wenn mindestens 20 Prozent der Patienten der in gemeinsamen Räumen praktizierenden Ärzte identisch sind.
Entsprechende Plausibilitätsprüfungen sind das Mindeste, was eine nicht klar abgegrenzte Praxisgemeinschaft zu erwarten hat. Bestätigt sich der Verdacht, dass es sich um eine verkappte Gemeinschaftspraxis handelt, drohen neben der Korrektur der Honorarbescheide samt Regressforderungen auch zivilrechtliche Konsequenzen. Wenn eine Praxisgemeinschaft als Gemeinschaftspraxis behandelt wird, haften die beteiligten Ärzte untereinander als Gesamtschuldner – das heißt, im schlimmsten Fall muss irgendeiner von ihnen für alle gemeinsamen Verbindlichkeiten gegenüber Dritten einstehen.
Am härtesten aber dürften jeden Arzt die möglichen strafrechtlichen Konsequenzen treffen. Denn die Frage, ob in solchen Fällen Abrechnungsbetrug vorliegt, ist im Einzelfall immer zu prüfen.
Deshalb gilt auch hier: Vorsorge ist besser als Nachsorge – sprich: Ärzte, die sich zu einer Praxisgemeinschaft zusammengetan haben, sollten genau prüfen, ob alle rechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
Dr. Katja Held
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht bei Ecovis