In London wird heute die jährlich erscheinende
Studie von Ärzte der Welt vorgestellt, die den Zugang zur
Gesundheitsversorgung für Menschen am Rande der Gesellschaft in
Europa untersucht. Die humanitäre Organisation unterhält in neun
europäischen Ländern medizinische Anlaufstellen und wertet Daten der
Patient(inn)en europaweit aus.
2014 wurden in neun europäischen Ländern 22.171 Patient(inn)en zu
ihren sozialen Lebensumständen und ihrer medizinischen Versorgung
befragt. Der Bericht zeigt, dass mehr als die Hälfte der befragten
schwangeren Frauen keinen Zugang zu Geburtsvorsorge hatten - ein
hohes Risiko für die Gesundheit von Müttern und Kindern.
Erschreckenderweise war nur ein Drittel (34,5 Prozent) der Kinder,
die in den Polikliniken von Ärzte der Welt behandelt wurden, gegen
Mumps, Masern und Röteln geimpft und lediglich 42,5 Prozent gegen
Tetanus. Die große Mehrheit der Patienten (91,3 Prozent) lebte
unterhalb der Armutsgrenze. Knapp 85 Prozent hatten Gewalterfahrung,
ein Zehntel erlebte Gewalt nach der Ankunft in Europa.
Anzahl der deutschen Patient(inn)en um 40 Prozent gestiegen
Für Deutschland ergibt sich laut der Studie folgendes Bild: 73
Prozent der Patient(inn)en, die bei open.med, der Anlaufstelle von
Ärzte der Welt in München behandelt wurden, hatten keine
Krankenversicherung und daher nur Zugang zu einer Notfallversorgung.
Im Jahr davor lag diese Zahl noch bei 68,6 Prozent. Gesundheitliche
Probleme, die vor dem Besuch in der Anlaufstelle in München nicht
behandelt worden waren, hatten 82,9 Prozent der Patient(inn)en. 84,3
Prozent der Behandlungen stuften die Ärzte bei open.med als "dringend
notwendig" ein.
28,4 Prozent aller Untersuchungen erfolgten aufgrund einer
Schwangerschaft. Diese Patientinnen hatten zuvor keinen Zugang zu
Geburtsvorsorge und keinen Kostenträger für die Entbindung. Acht
Prozent waren Minderjährige und hatte keine Möglichkeit, die
kinderärztlichen U-Untersuchungen durchführen oder sich impfen zu
lassen.
Der Anteil der deutschen Patient(inn)en ist zwischen 2013 und 2014
um 40 Prozent gestiegen (von 11,7 auf 16,5 Prozent) und bildete damit
die zweitgrößte Patientengruppe bei open.med. Die meisten Kranken
kamen aus Bulgarien, die drittgrößte Gruppe aus Rumänien. 29,1
Prozent der Patient(inn)en sind EU-Bürger, die länger als drei Monate
in Deutschland wohnen, ohne ausreichendes Einkommen und ohne
Krankenversicherung.
92,6 Prozent aller Patient(inn)en leben unterhalb der
Armutsgrenze. Ein gutes Viertel der Befragten glaubt, dass die
Wohnsituation ihren Gesundheitszustand beeinträchtigt, da nur die
Hälfte in stabilen Wohnverhältnissen lebt.
STUDIE (in englischer Sprache):
» www.aerztederwelt.org/EU_Bericht_2015
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