Kein Platz für Nachzügler
Nicht alle Menschen bekommen überhaupt Weisheitszähne, da bei 20 Prozent der Patienten durch genetisch bedingte Hypodontie die Veranlagung bestimmter Zähne fehlt. In vielen Fällen bilden sich weniger als 4, umgekehrt manchmal aber sogar mehr Exemplare, die sich dann Distomolare oder auch Neuner nennen. Dr. Lingohr erklärt: „Im Laufe der Evolution hat sich der menschliche Kiefer durch veränderte Beanspruchung zurückgebildet und bietet nicht immer genügend Raum für die Nachzügler, wodurch sich das bereits bestehende Gebiss verschiebt. Lassen sich anhand eines Röntgenbildes kieferorthopädische Spätfolgen mit Sicherheit ablesen, rate ich zu einer Extraktion, um eine spätere Korrektur der Zahnstellung zu vermeiden.“ Aufgrund des Platzmangels im Kiefer brechen die letzten Zähne in vielen Fällen erst gar nicht oder nicht ganz durch. Fachärzte sprechen hierbei von retinierten oder teilretinierten Weisheitszähnen. Bei etwa 80 Prozent der jungen Erwachsenen liegen die Zähne gedreht oder gekippt im Knochen und drücken auf das restliche Gebiss, was gesunde Wurzeln der Nachbarzähne schädigt und unter Umständen sogar den Zahnverlust zur Folge hat.
Wurzel allen Übels
Bei teilretinierten Weisheitszähnen bilden sich häufig schwer zugängliche Zahnfleischtaschen, in denen sich Bakterien ungehindert vermehren und Entzündungen, Abszesse und sogar Zysten hervorrufen, die den Kieferknochen aushöhlen und anfällig für Knochenbrüche machen. In seltenen Fällen führt dies sogar zu Tumoren oder einer lebensbedrohlichen Phlegmone, einer eitrigen, sich diffus ausbreitenden Infektionserkrankung des weichen Gewebes. Dr. Lingohr erklärt: „Hier schaffen wir manchmal schon Abhilfe, indem wir betroffene Stellen leicht einschneiden und so das Wachstum erleichtern.“ Zudem bilden schräg gewachsene Weisheitszähne Nischen zu den Nachbarzähnen, in denen sich ebenfalls Bakterien ablagern, die zu Karies und Entzündungen des gesamten Mundraumes führen. Bilden sich Weisheitszähne in nur einer Kieferhälfte, fehlt ihnen auf der gegenüberliegenden Seite der Gegenspieler, wodurch sie zu weit hinauswachsen und auf den Gegenkiefer stoßen. Entwickeln sich als Folge Verschiebungen des Zusammenbisses, Zahnschäden, nächtliches Zähneknirschen (Bruxismus) oder sogar eine Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD), rät die Fachzahnärztin ebenfalls zu einer Entfernung der Achter.
Weise Erkenntnisse
Nur im Kiefer liegende oder gekippte und verdrehte Zähne mit stark verästelten Wurzeln machen eine operative Entfernung notwendig. Komplett herausgewachsene Zähne mit geraden Wurzeln zieht die Fachzahnärztin wenn nötig meist problemlos und nur unter örtlicher Betäubung. Noch unter der Kieferoberfläche liegende Zähne zerkleinert sie vor der Entnahme, um Kiefer, Zahnfleisch und Nerven zu schonen. Dank modernster Methoden speziell ausgebildeter Oralchirurgen verlaufen die Eingriffe weitestgehend schonend für die Patienten, die häufig sogar völlig auf Schmerzmittel verzichten. Bei schwierigen Eingriffen oder für Angstpatienten bietet sich eine Behandlung mit Lachgas, eine Sedierung oder ein Eingriff unter Vollnarkose an. Dr Lingohr erklärt: „Nach dem Ziehen desinfizieren und vernähen wir die Wunde. Unter Umständen müssen wir die entstandene Höhlung im Kiefer durch natürliches oder synthetisches Knochenmaterial auffüllen, das sich dann nach und nach durch körpereigenes Knochenmaterial ersetzt.“ Entzündungen des Zahnfleisches müssen vor einer Extraktion erst komplett abheilen, da die Gefahr starker Blutungen und gestörter Wundheilung besteht und die für den Entzündungsprozess verantwortlichen Bakterien in die Blutbahn gelangen können.
Weitere Informationen unter www.dr-lingohr.de