14.663 Behandlungsfehlervorwürfe haben die
Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) 2014 begutachtet.
In jedem vierten Fall bestätigten die Gutachter den Verdacht der
Patienten. Das geht aus der Jahresstatistik der
Behandlungsfehler-Begutachtung hervor, die heute in Berlin
vorgestellt wurde. Der Medizinische Dienst fordert einen offenen
Umgang mit Fehlern und eine neue Sicherheitskultur.
"Die Zahl der begutachteten Behandlungsfehlervorwürfe ist
anhaltend hoch - insoweit können wir als Medizinischer Dienst keine
Entwarnung geben", sagt Dr. Stefan Gronemeyer, Leitender Arzt und
stellvertretender Geschäftsführer des MDS. Im Jahr 2014 gingen die
MDK-Gutachter in 14.663 Fällen einem Behandlungsfehlervorwurf nach.
Das ist knapp mehr als im Jahr zuvor mit 14.585 Fällen. Ebenso stieg
die Zahl der bestätigten Fehler mit 3.796 Fällen leicht an (2013:
3.687.) "Auch bei größter Sorgfalt passieren Fehler im Krankenhaus,
in der Arztpraxis und in der Pflege. Uns geht es um einen offenen
Umgang mit Fehlern, damit die Patienten entschädigt werden. Zudem
müssen die Fehler systematisch analysiert werden, damit sie in
Zukunft vermieden werden können. Im Mittelpunkt steht dabei die
Frage, welche Umstände zum Fehler geführt haben."
Knapp zwei Drittel der Behandlungsfehlervorwürfe betrafen
Behandlungen in Krankenhäusern. Ein Drittel bezog sich auf Vorwürfe
gegen einen niedergelassenen Arzt. Die meisten
Behandlungsfehlervorwürfe bezogen sich jedoch auf chirurgische
Eingriffe. 7.845 Fälle stehen in direktem Zusammenhang mit
Operationen. "Dies hat nach unserer Erfahrung damit zu tun, dass bei
einem postoperativen Behandlungsverlauf, der nicht den Erwartungen
entspricht, der Verdacht auf einen Behandlungsfehler nahe liegt,
während Fehler bei der Medikation von Patienten oft nicht
wahrgenommen werden", erläutert Prof. Dr. Astrid Zobel, Leitende
Ärztin des MDK Bayern.
In der aktuellen Statistik der MDK-Gemeinschaft standen 7.845
Fälle in direktem Zusammenhang mit einem operativen Eingriff. Ein
Behandlungsfehler wurde in 24,3 % der Fälle gutachterlich
festgestellt.
Die höchste Quote an bestätigten Behandlungsfehlern findet sich
jedoch nicht in der Chirurgie. Am häufigsten wurde ein Fehlervorwurf
in der Pflege bestätigt (57,8 % von 590 Fällen), gefolgt von der
Zahnmedizin mit 39,2 % von 1.419 Fällen, der Allgemeinchirurgie mit
27,5 % von 1.642 Fällen sowie der Frauenheilkunde und Geburtshilfe
mit 27,0 % von 1.144 Fällen. "Die Zahlen der MDK-Gemeinschaft
spiegeln jedoch nicht die Behandlungsqualität wider, da sie nicht die
Gesamtzahl der Behandlungen und Behandlungsfehler repräsentieren.
Zudem ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, weil Fehler zum
einen nicht immer als solche zu Tage treten und somit weder für
Patienten noch für Behandler erkennbar sind. Zum anderen sind
Patienten vermutlich oft nicht in der Lage oder können sich nicht
entschließen, einem Fehlerverdacht nachzugehen", macht Zobel
deutlich.
Der Medizinische Dienst weist ausdrücklich auf vielfältige
Möglichkeiten der Fehlervermeidung hin. Dies verdeutlichte auch der
Leiter Patientensicherheit beim MDS, PD Dr. Max Skorning, am Beispiel
der "Never Events". Dies sind Ereignisse, die einerseits folgenschwer
und andererseits sehr gut vermeidbar sind. "Wenn zum Beispiel bei
Operationen immer eine standardisierte OP-Checkliste genutzt wird,
dann kann einfach verhindert werden, dass offensichtliche Probleme
und bekannte Risiken im Einzelfall übersehen werden. Besteht eine
solche Routine nicht, dann liegt es nahe, dass doch folgenschwere
Fehler aufgrund von Verwechslungen oder Missverständnissen geschehen
können. Daher ist die Auswertung der "Never Events" ein sehr
wertvoller Ansatz zur Prävention", erläutert Skorning. 2014 stellten
die MDK-Gutachter bundesweit 209 "Never Events" fest. Um besser aus
Fehlern lernen zu können, sollten Beispiele aus dem Ausland
aufgegriffen und alle erkannten Behandlungsfehler auch in Deutschland
registriert werden.
Hintergrund Spezielle Gutachterteams prüfen in den MDK Vorwürfe
von Behandlungsfehlern. Die Gutachter gehen dabei der Frage nach, ob
die Behandlung nach dem anerkannten medizinischen Standard abgelaufen
ist. Liegt ein Behandlungsfehler vor, wird außerdem geprüft, ob der
Schaden, den der Patient erlitten hat, durch den Fehler verursacht
worden ist. Nur dann sind Schadensersatzforderungen aussichtsreich.
Auf der Basis des MDK-Gutachtens kann der Patient entscheiden, welche
weiteren Schritte er unternimmt. Die MDK-Begutachtung umfasst neben
der Beurteilung von Fehlern in der Medizin auch Fehler in der
Zahnmedizin und Pflege. Gesetzlich Versicherten entstehen durch die
Begutachtung keine zusätzlichen Kosten. Beauftragt werden die MDK
durch die Krankenkassen.
Der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) berät den
GKV-Spitzenverband in medizinischen und pflegerischen Fragen. Er
koordiniert und fördert die Durchführung der Aufgaben und die
Zusammenarbeit der MDK.
Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) ist der
sozialmedizinische Beratungs- und Begutachtungsdienst der
gesetzlichen Kranken- und der Pflegeversicherung. Er ist auf
Landesebene als eigenständige Arbeitsgemeinschaft organisiert.
Pressekontakt:
Michaela Gehms
Pressesprecherin des MDS
Tel.: 0201 8327-115
E-Mail: m.gehms@mds-ev.de