Der Leiter des Profil Institutes für Stoffwechselforschung in Neuss, Dr. Tim Heise, kritisiert den Entwurf des gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), nach dem bestimmte Insuline nicht länger verordnet werden dürfen. Der G-BA, der festlegt, welche Leistungen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, hatte kürzlich einen Entwurf vorgelegt, nach dem vorgesehen ist, dass langwirksame Analoginsuline kassenversicherten Typ 2-Diabetikern nicht erstattet werden. Die Grundlage hierfür lieferte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWiG), das angab, die teureren Analoginsuline böten keinen größeren Nutzen für die Patienten. "Bei den Studien mit langwirksamen Insulinanaloga treten Unterzuckerungen signifikant seltener auf, als bei herkömmlichen Insulinen", erklärte Dr. Heise bei einem Vortrag in der Bundespressekonferenz in Berlin, "Das IQWiG hat die Ergebnisse dieser Studien jedoch methodisch korrigiert, wodurch nur äußerst deutliche Vorteile der Insuline bei Typ 2-Diabetikern hätten nachgewiesen werden können." Dr. Heise hat einen guten Überblick über die Bedürfnisse Diabeteskranker, da er vor der Gründung von Profil bereits in der Klinik für Stoffwechselkrankheiten und Ernährung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und im Kölner St. Franziskus Hospital mehrere Jahre lang Diabetiker betreut hat.
Mithilfe der mathematischen Korrektur habe das IQWiG mögliche Verzerrungen, also eventuell verfälschte Ergebnisse aufgrund des Studiendesigns, vermeiden wollen, führt Dr. Heise aus. "Prinzipiell ist dies eine richtige Überlegung, weil hierdurch die Ergebnisse objektivierbar und somit wissenschaftlich beurteilbar werden", erklärt er weiter. Das in diesem Fall angewandte Korrekturverfahren sei so jedoch noch nie angewendet und auch von den Erfindern der Methode anders erdacht worden. Das IQWiG habe viele kleine Korrekturmaßnahmen kombiniert, von denen jede einzelne es erschwere, den Nutzen langwirksamer Insulinanaloga anzuerkennen. "Dadurch werden eventuell wichtige und patientenrelevante Vorteile übersehen", gibt Dr. Heise zu bedenken.
Unterzuckerungen sind ein schwerwiegendes Problem in der Diabetesbehandlung. Sie treten ein, wenn dem Körper zu viel Insulin zugeführt wurde oder wenn die Patienten zu wenig Zucker zu sich genommen haben. Langwirksame Analoginsuline werden über eine längere Zeit hinweg vom Körper aufgenommen als herkömmliche, sogenannte Basalinsuline, die eine kürzere Wirkdauer haben und in ihrer Wirkung stärker schwanken. Besonders nachts treten daher Unterzuckerungen seltener auf. Von der aktuellen Beschlussvorlage des G-BA sind in Deutschland rund 290.000 Diabetiker betroffen, die derzeit bereits langwirksame Insulinanaloga anwenden.