Nach Auffassung des Bundesverbandes der
Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) hat sich die Versorgung mit
innovativen Arzneimitteln in Deutschland nach der Einführung der
frühen Nutzenbewertung verschlechtert. In einem Gutachten der
Gesundheitsökonomen Prof. Dr. Dieter Cassel und Prof. Dr. Volker
Ulrich, das der BPI in Auftrag gegeben hat, konnte ermittelt werden,
dass selbst Arzneimittel, die eine positive Bewertung durch den
Gemeinsamen Bundesausschuss erhalten haben, nicht in dem Maße bei
Patientinnen und Patienten ankommen, wie es nach dem aktuellen
Wissensstand vonnöten wäre. Insbesondere die Verunsicherung der
Ärzte, ob eine Verordnung dieser wirksamen und besseren Arzneimittel
für sie erlaubt ist, würde den Fortschritt in der Therapie
ausbremsen. "Wir benötigen hier dringend eine Klarstellung, damit
Ärzte wissen, dass ein Arzneimittel, dessen Erstattungsbetrag
verhandelt wurde, wirtschaftlich ist und sie nicht mit Regress
bedroht werden. Es muss sichergestellt werden, dass therapeutische
Verbesserungen bei den Patientinnen und Patienten auch tatsächlich
ankommen!", erklärte Dr. Martin Zentgraf, Vorsitzender des BPI.
Ebenfalls als hoch problematisch stellt sich nach den
Untersuchungen der Gutachter heraus, dass nach 70 abgeschlossenen
Verfahren 13 dieser bewerteten Arzneimittel gar nicht mehr auf dem
deutschen Markt zur Verfügung stehen. Damit würden die
Therapievielfalt und die Möglichkeiten des Arztes deutlich
eingeschränkt. Zudem sei das Urteil "kein Zusatznutzen belegt" nicht
gleichbedeutend mit der Behauptung, dass es keinen Zusatznutzen gebe.
In der weit überwiegenden Anzahl der Fälle liegen Daten vor, die aus
formalmethodischen Gründen nicht zum Nachweis eines Zusatznutzens
akzeptiert worden sind. Dass diese Zahl so hoch ist, liegt nach
Auffassung der Gutachter und des Verbandes an der gelebten Praxis des
AMNOG: Es werden starre Kriterien angewandt, um zu vermeiden, dass
Produkte zu positiv bewertet werden. Das Risiko, dass Produkte
fälschlich zu negativ bewertet werden und in der Folge in der
Therapie nicht mehr zur Verfügung stehen, wird hingegen ausgeblendet.
Weiterhin bedarf es nach Auffassung des BPI dringender
Verbesserung beim Thema Governance. Die Omnipräsenz und faktische
Omnipotenz des GKV-Spitzenverbandes im Verfahren müsse beendet
werden. Zudem dürfe der Preisanker einer generischen zweckmäßigen
Vergleichstherapie nicht als Dogma angesehen werden. "Man kann die
Vergütung einer Neuentwicklung nicht am Preis eines Arzneimittels
messen, das seine Entwicklungskosten lange amortisiert hat. Auch
dieses Arzneimittel war einmal neu und hatte seinen Preis. Wer so
vorgeht, nimmt Marktaustritte und Marktrücknahmen billigend in Kauf
und beeinträchtigt den therapeutischen Fortschritt", so Zentgraf.
Ihr Ansprechpartner:
Joachim Odenbach, Tel. 030/27909-131, jodenbach@bpi.de