Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler - auch beim
Arzt in der Praxis vor Ort: Laborwerte werden vertauscht, Diagnosen
falsch dokumentiert. Praxisübergreifende Fehlerberichts- und
Lernsysteme helfen, medizinische Fehlgriffe zu vermeiden. Diese
Systeme sind in Deutschland im ambulanten Bereich - anders als im
Krankenhaus - noch nicht weit verbreitet. Die Techniker Krankenkasse
(TK) will das ändern. Sie startet daher jetzt mit Partnern in
Nürnberg ein wissenschaftlich begleitetes Pilotprojekt für mehr
Patientensicherheit in der Arztpraxis.
"Das Projekt fördert modellhaft die Patientensicherheits-Kultur.
Damit legen wir einen Grundstein für den weiteren Ausbau der
Fehlermelde- und Lernsysteme in der ambulanten Versorgung", sagt Dr.
Frank Verheyen, Leiter des Wissenschaftlichen Instituts der TK für
Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen (WINEG). Das Ziel:
unkomplizierte, aber effiziente Handlungsempfehlungen entwickeln, um
Ärzten und Praxispersonal zu helfen, kritische Ereignisse künftig zu
vermeiden.
Die zweijährige Modellphase startet in 70 Haus- und Facharztpraxen
des Gesundheitsnetzes Qualität und Effizienz Nürnberg (QuE).
Unterstützt wird das Projekt von TK, WINEG und dem Institut für
Allgemeinmedizin der Goethe-Universität Frankfurt am Main.
"Irren ist menschlich - das dürfen wir nicht vergessen. Fehler
passieren überall", so Verheyen weiter. "Wenn sie geschehen sind, ist
es klug, daraus Schlüsse zu ziehen, um sie zukünftig zu vermeiden."
Daher können beteiligte Haus- und Fachärzte und deren Teams ab sofort
Fehler, die im Praxisalltag passieren, auf einer Homepage
strukturiert dokumentieren. Nachdem die Berichte anonymisiert wurden,
stehen sie allen Mitgliedern des Praxisnetzes zur Verfügung. Dadurch
können gemeinsam Möglichkeiten gefunden werden, solche Fälle in
Zukunft zu vermeiden. Praxen können von den Erfahrungen anderer
lernen und im Alltag für eine höhere Sicherheit ihrer Patientinnen
und Patienten sorgen. Dabei geht es nicht nur um medizinische Dinge,
sondern auch darum, Prozesse zu verbessern, um beispielsweise
Verwechslungen von Laborproben - und damit das Überbringen einer
falschen Diagnose an den Patienten - zu verhindern.
Das Gesundheitsnetz QuE setzt bereits seit zehn Jahren Maßnahmen
wie regelmäßige Medikamentenchecks für chronisch kranke Patienten um
und verbessert damit die Versorgung der betreuten Nürnberger
Patienten. "Dennoch gibt es noch viele Punkte, an denen wir gemeinsam
besser werden können, indem wir von den Fehlern untereinander
lernen", sagt Dr. Veit Wambach, niedergelassener Allgemeinmediziner
und Vorsitzender des Gesundheitsnetzes QuE Nürnberg. "Denn klar ist,
für die Sicherheit in der Patientenbehandlung ist das Lernen von
anderen ein großer Mehrwert, der die Versorgung unserer Nürnberger
Patientinnen und Patienten noch deutlich besser werden lässt."
Hintergrundinformation für die Redaktionen:
Die Projektbeteiligten:
Das Gesundheitsnetz QuE Nürnberg
In dem 2005 gegründeten und aus dem Praxisnetz Nürnberg Nord
hervorgegangenen Gesundheitsnetz sind 70 Arztpraxen mit 130 Haus- und
Fachärzten organisiert. In enger Kooperation mit dem Klinikum und der
Stadt Nürnberg, dem Pflegestützpunkt, der Selbsthilfe und weiteren
Gesundheitsanbietern aus der Metropolregion organisieren die
QuE-Ärzte als Behandlungsteam für jeden ihrer Patienten ein
"individuelles Gesundheitsnetz". Seit 2014 ist QuE Mitglied im
Aktionsbündnis Patientensicherheit und seit dem gleichen Jahr
bayernweit erstes "anerkanntes Praxisnetz". Nähere Informationen zum
Gesundheitsnetz QuE Nürnberg bietet zum Beispiel der aktuelle
QuE-Qualitätsbericht unter www.gesundheitsnetznuernberg.de.
Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im
Gesundheitswesen
Das WINEG als wissenschaftliches Institut der Techniker
Krankenkasse (TK) hat den Auftrag, Fragen im Sinne der Versicherten
zu stellen und wissenschaftliche Antworten zu geben mit dem Ziel, die
gesundheitliche Versorgung zu verbessern. Forschungsprojekte
orientieren sich daher am Versorgungsbedarf der Versicherten. Diese
werden interdisziplinär bearbeitet und wenden gezielt die Methoden
an, die der jeweiligen Fragestellung entsprechen. Die Evaluierung von
Versorgungsprojekten, die kritische Auseinandersetzung mit
medizinischen Leistungen sowie gesundheitsökonomische und
Gesundheitssystem-Analysen bilden Schwerpunkte der Arbeit. Themen wie
Patientensicherheit und Qualität der Versorgung spielen dabei eine
entscheidende Rolle.
Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am
Main
Das Frankfurter Institut für Allgemeinmedizin ist eine der
deutschlandweit führenden allgemeinmedizinischen Lehr- und
Forschungseinrichtungen. Es versteht sich als Brücke zwischen
medizinischer Wissenschaft und hausärztlicher Praxis. Seine Arbeiten
zielen auf eine qualitativ hochwertige Ausbildung zukünftiger
Ärztinnen und Ärzte sowie eine bestmögliche Patientenbetreuung in
hausärztlichen Praxen. Der Arbeitsbereich Patientensicherheit
betreibt unter anderem seit mehr als zehn Jahren das "Fehlerberichts-
und Lernsystem www.jeder-fehler-zaehlt.de". Dabei geht es um das
Erkennen von medizinischen Fehlern, Untersuchungen zu deren
Häufigkeit und Ursachen, Maßnahmen zur Fehlervermeidung und die Aus-
und Weiterbildung für eine höhere Patientensicherheit. Es ist offen
im Netz zugänglich und zeigt, wie Hausärzte kritische Ereignisse
berichten sowie über Ursachen und Vermeidungsstrategien diskutieren.
Pressekontakt:
TK-Pressestelle
Gabriele Baron
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