55.000 neue Krankheitsfälle jährlich: Mittlerweile muss sich jede achte Frau in Deutschland mit einer positiven Brustkrebs-Diagnose auseinandersetzen. Dennoch gehen viele nicht zur regelmäßigen Vorsorge. Die Frauen werden bisher mit veralteter Technik unter Röntgenstrahlen untersucht. Zudem wird die Kompression der Brust - notwendig bei der klassischen Mammographie - von vielen Patientinnen als schmerzhaft empfunden. Das Institut für Bildgebende Diagnostik unter der Leitung von Prof. Dr. mult. Michael K. Stehling hat jetzt das erste MR-Brustzentrum im Rhein-Main-Gebiet eröffnet. Mit Hilfe der Kernspin-Tomographie kann sein Team genauer und schonender diagnostizieren.
Brustkrebsvorsorge wird in Deutschland seit 2003 in sogenannten Brustzentren betrieben. Zum Nachweis von Krebsherden wird dort auf die herkömmliche Mammographie gesetzt. Das Prinzip ist seit fast 100 Jahren unverändert: Die weibliche Brust wird komprimiert und mit Röntgenstrahlen zweidimensional abgebildet. 'Durch die Überlagerung von Gewebe und den geringen Weichteilkontrast können Krebsherde hier aber übersehen werden, besonders bei dichtem Brustgewebe', erklärt Radiologe Prof. Stehling. Im MR-Brustzentrum des Instituts für Bildgebende Diagnostik werden die Vorsorgeuntersuchungen dagegen vorrangig mit neuesten kernspin-tomographischen Methoden durchgeführt.
'Die Kernspin-Mammographie ist die bessere Methode', sagt der Experte. Die Brust wird bei der sogenannten Magnetresonanz-Mammographie (MRM) nämlich dreidimensional, mit hoher Auflösung und exzellentem Kontrast abgebildet - und das ohne Strahlenbelastung oder Kompression. Krebsherde können so früher und sicherer nachgewiesen werden.
Neueste wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass die Sensitivität der Kernspin-Mammographie für Brustkrebsherde bei 80 bis 100 Prozent liegt und damit der Sensitivität der Röntgen-Mammographie (20 bis 40 Prozent) weit überlegen ist. Einen Quantensprung in der Brustkrebsvorsorge stellt jedoch der Nachweis des sogenannten 'carcinoma in situ' dar, einem Vorläufer des invasiven Brustkrebses, das eine fast 100-prozentige Heilungsrate aufweist. Nur die Kernspin-Mammographie verfügt über eine ausreichende Empfindlichkeit, um diese frühen Veränderungen zuverlässig nachzuweisen: Während die Kernspin-Mammographie eine Sensitivität von 92 bis 98 Prozent zum Nachweis des DCIS (duktales carcinoma in situ) aufweist, werden in der Röntgenmammographie die Hälfte aller Erkrankungen übersehen (Sensitivität 48 bis 56 Prozent).
Auf Grund dieser wissenschaftlich nachgewiesenen klaren Überlegenheit der Kernspin-Mammographie hat sich das Team des MR-Brustzentrums entschlossen, seinen Patientinnen künftig die bessere Alternative zur Brustkrebsvorsorge anzubieten. Ein spezieller Kernspin-Tomograph modernster Bauart mit 16-Kanal phased-array Spule und angepasster Software garantiert höchste Qualität der Brustuntersuchungen ohne störende Artefakte. Neben dem Einsatz von hochaufgelösten 3D-Bildern und Kontrastmitteldynamik können auch diffusionsgewichtete MRT-Aufnahmen und MR-Spektroskopie zur Gewebecharakterisierung eingesetzt werden, um gutartige von bösartigen Veränderungen zu unterscheiden. 'Wir arbeiten eng mit Histopathologen der Uniklinik Marburg und Radiologen an der Boston University School of Medicine zusammen', erzählt Professor Stehling von seinen Bemühungen, auch künftig den eigenen Patientinnen immer die beste Diagnostik anbieten zu können.