"Oft werde ich gefragt, ob ich - oder Chefärzte im Allgemeinen -
eigentlich noch selbst operiere", berichtet Professor Dr. med.
Karl-Dieter Heller. Er ist Vorsitzender des Verbands leitender
Orthopäden und Unfallchirurgen Deutschlands e.V. (VLOU), und
antwortet darauf mit: "Ja, selbstverständlich. Häufig sind die
Chefärzte die Operateure einer Klinik mit den höchsten oder sehr
hohen Operationszahlen, insbesondere aufgrund ihrer persönlichen
Expertise, und operieren natürlich noch selbst. Wenige Ausnahmen
stellen die mittlerweile etablierten Ärztlichen Direktoren dar, die
aber dann auch das gesamte Haus und nicht nur die einzelne Klinik
leiten."
Das Bild, das manche Patienten von Chefärzten haben, trügt: Der
nur für Privatpatienten sichtbare und dafür ständig auf Golfplätzen
zu findende Halbgott in Weiß, der sich medizinisch auf seinen
Lorbeeren ausruht, da er gar nicht mehr selbst im Operationssaal
steht, ist eine Vorstellung, die mit der Realität nicht viel gemein
hat.
"Ein Chefarzt ist ein Multitalent. Er ist der Experte seines
Fachgebietes, der als gutes, medizinisches Beispiel vorangeht und
damit der Qualifizierteste seines Fachs - oder aber spezieller
Bereiche seines Faches - ist. Er ist derjenige mit den meisten
Operationen oder Behandlungen. Aber gleichzeitig ist er auch noch
Führungskraft und Manager - mit vielfältigen Aufgaben", stellt Heller
klar.
Von der Einweisung bis zum Aushängeschild
Zu den täglichen Aufgaben eines Chefarztes gehört - neben der
Organisation der Klinikabläufe - auch die Budgetverantwortung seines
Bereichs. Er ist verantwortlich für eine seriöse und
patienten-orientierte Verteilung der vorhandenen Klinikressourcen,
ist beteiligt an Strategie-Entwicklung und deren
Umsetzungs-Kontrolle. Er hält den Kontakt zu den einweisenden
Fachärzten, ist sowohl Führungskraft als auch Manager. Und ist ein
fachlich exzellenter Mediziner, der mit seinen Leistungen den Ruf des
Hauses begründet. "Einen guten Ruf erarbeitet man sich durch ein
patienten-zugewandtes Vorgehen, fehlerfreie Operationen und nicht
durch eine rege Freizeittätigkeit. So müssen viele Chefärzte, obwohl
sie den Patienten regelmäßige sportliche Betätigung empfehlen,
aufgrund ihrer beruflichen Beanspruchung selbst hierauf verzichten",
lächelt der VLOU-Vorsitzende.
Spagat zwischen Medizin und Verwaltung
Während es in größeren Kliniken oft eine Teilung zwischen einem
Ärztlichen Direktor und Chefärzten gibt, hat in kleineren Häusern ein
Chefarzt oft beide Positionen auszufüllen. "Das ist manchmal ein
Spagat für die Kollegen. Auf der einen Seite ist der Kosten- und
Veränderungsdruck in Krankenhäusern enorm - auf der anderen Seite
kann sich die Medizin nicht dauerhaft und nachhaltig der Ökonomie
unterordnen", macht der Professor klar. "Die Medizin muss stets
Vorrang haben." Ungeachtet dessen muss immer berücksichtigt werden,
dass auch ein Krankenhaus nicht dauerhaft Verluste machen kann, da
dieses ansonsten nicht mehr handlungsfähig wäre. Denn Krankenhäuser
sind Wirtschaftsunternehmen. Sie müssen Geld verdienen und stehen im
Wettbewerb.
"Aber dabei muss die Qualität gewahrt bleiben und mit den
Ressourcen verantwortungs-bewusst umgegangen werden", fährt Heller
fort. Medizinische Abläufe erfordern immer wieder Behandlungen, die
nicht kostendeckend sind - dem muss mit geeigneten Maßnahmen
gegengesteuert werden. "So ist die medizinisch optimale und
gleichzeitig möglichst effiziente Versorgung das angestrebte Ziel
eines Chefarztes."
Manager in Weiß Neben dem medizinischen Einsatz gehören zum Alltag
eines Chefarztes Führungsaufgaben, Budget-Verantwortung,
Weisungsbefugnis und viele Entscheidungen, die zu treffen sind. "Wir
sind eigentlich Manager in Weiß", macht der VLOU-Vorsitzende
deutlich. 60 bis 80 Stunden pro Woche arbeiten Chefärzte
durchschnittlich, denn viele sind neben dem Tagesgeschäft in den
Kliniken noch ausbildungstechnisch aktiv, halten beispielsweise
Vorträge und Vorlesungen. "Da bleibt wenig Freizeit - weder für den
oft zitierten Sport oder andere Hobbies, noch für die Familie", so
Heller.
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