In letzter Zeit wurden viele Schmerzpatienten von Berichten über junge Menschen beunruhigt, die das Analgetikum Tilidin als Rauschmittel verwenden und davon nicht selten körperlich und psychisch abhängig werden. Patienten, die Tilidin gemäß seiner medizinischen Indikation zur Linderung von Schmerzen verschrieben bekommen haben, machen sich nun Sorgen, dass sie ebenfalls in die Sucht abrutschen könnten. Der als Allgemeinmediziner und Anästhesiologe praktizierende Vizepräsident der Deutschen Schmerzliga, Dr. Gerhard Müller-Schwefe, hat dieser Befürchtung nun energisch widersprochen, wie die Frankfurter Rundschau berichtete. Nach seiner Darstellung betrifft das Suchtproblem nur jene Personen, welche schnell wirkende Tilidin-Tropfen in absichtlich überhöhter Dosierung gezielt als euphorisierende Droge verwenden. Schmerzpatienten, die mit Tilidin-Tabletten behandelt werden, verspüren aufgrund der langsamen Wirkstoffanflutung keine Euphorie und sind daher nicht suchtgefährdet. Ärzte sind bei der Verschreibung von Tilidin-Topfen inzwischen so vorsichtig geworden, dass manchmal sogar Patienten, die das Medikament dringend benötigen, kein Rezept mehr erhalten. Für diese Fälle gibt es nun eine Alternative.
Das an sich eigentlich unwirksame Opioid Tilidin entfaltet, wenn es als Retardtablette verabreicht wird, seinen schmerzlindernden Effekt etwa 10 bis 15 Minuten nach der Einnahme, nachdem es in der Leber zu seinem im zentralen Nervensystem an Schmerzrezeptoren andockenden aktiven Metaboliten Nortilidin umgewandelt wurde (First-Pass-Effekt). Durch das langsame Anfluten des Wirkstoffs im zentralen Nervensystem tritt der euphorisierende Effekt in den Hintergrund und der Arzneistoff entfaltet seine schmerzlindernde Wirkung gleichmäßig über eine Dauer von bis zu 12 Stunden, indem er die Weiterleitung von Schmerzsignalen an das Gehirn unterdrückt. Bei Tilidin-Tropfen ist das anders: Da bei dieser Verabreichungsform der Wirkstoff viel schneller in den Kreislauf gelangt, stellt der Wirkungseintritt eine vorübergehende Überdosierung dar. Beim schnellen Anfluten wird das Belohnungssystem des Zentralen Nervensystems angesprochen, was bei mehrmaliger Einnahme schnell zu einer psychischen Abhängigkeit führt, die man in derselben Form bei Heroin- oder Morphiumabhängigen beobachten kann. Patienten, die mit Retardtabletten behandelt werden, spüren jedoch keinerlei Euphorie und befinden sich daher nicht in der Gefahr, psychisch von Tilidin abhängig zu werden.
Müller-Schwefe räumt jedoch ein, dass es nach einer längeren Behandlung auch beim abrupten Absetzen von Tilidin-Retardtabletten zu Entzugserscheinungen kommen kann. Das liegt daran, dass sich durch die Nutzung des Medikaments die Opiat-Andockstellen des Zentralen Nervensystems verändern. Daher raten Mediziner, eine Tilidin-Behandlung niemals von einen Tag auf den anderen zu beenden, sondern die Wirkstoffmenge langsam zu reduzieren, damit sich der Körper allmählich auf die Veränderung einstellen kann. Trotz allem haben aber auch die potenziell abhängigmachenden Tilidin-Tropfen durchaus ihre Existenzberechtigung. Bei akut auftretenden Schmerzen, wo eine schnelle Wirkung erwünscht ist, sind Tilidin-Tropfen das ideale Notfallmedikament. Retardtabletten sind in solchen Fällen aufgrund der verzögerten Wirkung weniger gut geeignet.
Die mediale Aufmerksamkeit hat dazu geführt, dass Ärzte bei der Verschreibung von Tilidin-Tropfen vorsichtiger geworden sind und dabei manchmal über das Ziel hinausschießen. Rezepte werden ohne eine entsprechende Diagnose kaum noch ausgestellt. In einzelnen Fällen kann es vorkommen, dass Patienten, die auf Tilidin-Tropfen als Notfallmedikament angewiesen sind, das benötigte Rezept verweigert wird. Immerhin gibt es für solche Härtefelle nun eine Online-Alternative, wo man Tilidin-Tropfen von Ratiopharm für den Eigenbedarf rezeptfrei bestellen kann, allerdings zu einem im Vergleich zur niedergelassenen Apotheke relativ hohen Preis: http://medikamente-ohne-rezept.net/tilidin-tropfen/.