12 Wirbel der Brustwirbelsäule bilden den unempfindlichsten Abschnitt unseres Rückgrates. Gemeinsam mit den Rippen, mit denen sie über kleine Gelenke in Verbindung stehen, bilden sie einen schützenden Raum für innere Organe wie Herz und Lunge. Da die einzelnen Wirbelknochen an der Rückseite höher sind als vorne, krümmt sich der gesamte Abschnitt leicht nach hinten, sodass sich Belastungen optimal verteilen. „Sowohl diese Tatsache als auch die geringe Beweglichkeit bieten der Brustwirbelsäule einen guten Schutz vor Bandscheibenvorfällen“, weiß Dr. Reinhard Schneiderhan, Orthopäde in München und Präsident der Deutschen Wirbelsäulenliga. „Dennoch kommt es mitunter zu Beschwerden in diesem Bereich. Oft werden dann auftretende Symptome als Hinweis auf eine Herzerkrankung fehlgedeutet.“
Herz oder Rücken?
Am häufigsten tritt eine Blockade der Wirbelgelenke oder der Gelenke am Übergang zu den Rippen auf. Dabei verschieben sich einzelne Wirbel zueinander – etwa durch Fehlhaltungen, geschwächte Bänder oder anhaltende Muskelverspannungen. Vor allem Sportarten wie Tennis oder Golf, die mit ruckartigen Drehbewegungen einhergehen, begünstigen diese Entwicklung. „Betroffene verspüren oft stechende Schmerzen, die entweder seitlich der Wirbelsäule auftreten oder sich halbseitig um den Brustkorb ziehen. Husten, Niesen oder Lachen verstärken die Symptome“, beschreibt Dr. Schneiderhan die Anzeichen. „So ist es nicht ungewöhnlich, dass sich viele Menschen mit diesen Symptomen zunächst an einen Kardiologen wenden oder sogar mit Verdacht auf einen Herzinfarkt in die Notaufnahme eingeliefert werden.“ Bei Ausschluss einer Herzerkrankung empfiehlt sich ein Termin beim Orthopäden.
Sanfte Therapien lindern Schmerzen
Gegen Beschwerden an der Brustwirbelsäule kommen meist konservative oder minimalinvasive Therapien zum Einsatz. Offene Operationen an diesem Abschnitt stellen aufgrund der vielfältigen Behandlungsalternativen inzwischen eine Seltenheit dar. So lassen sich Blockaden in vielen Fällen schon durch manuelle Therapien beim Physiotherapeuten lösen. Zudem können bei starken Schmerzen gezielte Infiltrationen die Beschwerden lindern. „Hierbei führen wir unter Röntgenkontrolle eine feine Injektionsnadel zur betroffenen Nervenwurzel“, erläutert Dr. Schneiderhan das Vorgehen. „Abhängig vom Beschwerdebild spritzen wir dann individuell abgestimmte Medikamente an diese Stelle.“ Neben der Schmerzlinderung sorgen diese bei Bedarf dafür, dass gereiztes Gewebe abschwillt und Entzündungen nachlassen. Auch bei an der Brustwirbelsäule extrem seltenen Bandscheibenvorwölbungen oder leichten -vorfällen setzen Ärzte diese Methode ein.
Präziser Einblick
Zeigen Infiltrationen keine ausreichende Wirkung, bietet sich im nächsten Schritt eine sogenannte Epiduroskopie an. Dr. Schneiderhan erklärt: „Mit einem dünnen, elastischen Katheter untersuchen wir den Wirbelkanal auf Engstellen. Dank einer kleinen Kamera an der Sondenspitze können wir die schmerzauslösende Stelle identifizieren und im gleichen Schritt behandeln.“ Sobald die Engstelle im Spinalkanal gefunden ist, injiziert der behandelnde Arzt durch die Sonde eine Enzymlösung sowie ein Medikamentengemisch. In der Folge schrumpft vorgewölbtes Bandscheibengewebe, die Enzymlösung löst Vernarbungen von bedrängten Nervenwurzeln und Entzündungen bilden sich zurück. Um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen, wird am selben und am nächsten Tag die Einspritzung der Medikamente mehrfach durchgeführt. Schmerzen verbessern sich deutlich und verschwinden oft bereits nach wenigen Tagen vollständig, sodass Patienten wieder nach Hause zurückkehren können.