Jährlich erkranken 57.500 Frauen in Deutschland neu an Brustkrebs. Wenn Brustkrebs früh diagnostiziert und behandelt wird, ist die Erkrankung in mehr als 80% der Fälle heilbar. Viele Frauen erhalten nach der Operation eine Chemotherapie, um ein erneutes Auftreten der Krankheit zu verhindern. Diese Behandlung kann eine Einschränkung der Lebensqualität und eine Reihe von Nebenwirkungen haben, wie zum Beispiel Haarausfall, Übelkeit, Erbrechen oder verfrühte Wechseljahre.
Der neue Gentest untersucht nun im Rahmen der europaweiten MINDACT-Studie, wie wahrscheinlich das Auftreten eines Rückfalls ist. Dadurch kann bei einigen Frauen möglicherweise auf die belastende Therapie verzichtet werden. Um Patientinnen identifizieren zu können, die eine Chemotherapie eventuell nicht benötigen, wurde dafür in den Niederlanden ein Gentest entwickelt. Der Test analysiert die Aktivität von 70 Genen in Brustkrebszellen, die Aufschluss über die Aggressivität des Tumors geben und bewertet dann das Risiko der Patientin, einen Rückfall zu erleiden. Dieses Rückfallrisiko ist die Grundlage für die Therapieentscheidung.
Die Verwendung des neuen Gentests soll in Verbindung mit den herkömmlichen pathologischen Untersuchungen ein präziseres Bild des Rückfallrisikos für die jeweilige Patientin erbringen. Dadurch ließen sich bei 10 % bis 20 % der Brustkrebspatientinnen mit tumorfreien bzw. maximal. 3 befallenen Lymphknoten eine Chemotherapie und die damit verbundenen Nebenwirkungen vermeiden.
Dr. med. Helmut Forstbauer, Onkologe des Praxisnetzwerkes Hämatologie und internistische Onkologie mit Sitz in Troisdorf, Bonn-Beuel und Bad Honnef stellt dazu fest: „Bisher trafen wir unsere Therapieentscheidung aufgrund von klinischen Eigenschaften und Befunden aus der Untersuchung durch die Pathologie, wie zum Beispiel der Tumorgröße, den befallenen Lymphknoten, dem Entartungsgrad des Tumors und eventuell vorhandenen Hormon- und Wachstumsfaktorrezeptoren in bzw. auf den Tumorzellen. Außerdem spielte das Alter der Patientin und der Wechseljahresstatus eine wichtige Rolle. Der neue Gentest soll zukünftig zuverlässigere Aussagen darüber liefern, wie wahrscheinlich das Auftreten eines Rückfalls ist. Dann könnten wir bei einigen Frauen auf die belastende Chemotherapie verzichten.“ Der Chefarzt der Brustzentrums Rhein-Sieg, Dr. med. Robert Kampmann ergänzt: „Neben der Klärung wissenschaftlicher Fragestellungen steht für die Ärzte des Brustzentrums Rhein-Sieg die verbesserte Lebensqualität der Patientinnen im Vordergrund, denen Dank der MINDACT-Studie eine unnötige Chemotherapie erspart bleibt.“
Die MINDACT-Studie richtet sich an Betroffene mit Brustkrebs im Frühstadium, deren Tumore noch nicht gestreut haben. Alle Patientinnen werden, unabhängig davon, ob sie eine Chemotherapie erhalten, engmaschig überwacht. Die Teilnahme ist freiwillig. Das klinische Forschungsprojekt steht unter der Aufsicht der EORTC, der Europäischen Organisation für Forschung und Behandlung von Krebs mit Sitz in Belgien und wird in Kooperation mit den nationalen Krebsorganisationen durchgeführt.
In Deutschland nehmen momentan 15 Kliniken bzw. Praxen an der MINDACT-Studie teil. Im südlichen Rheinland ist das Brustzentrum Rhein-Sieg in Kooperation mit dem Praxisnetzwerk Hämatologie/internistisch Onkologie eines von zwei teilnehmenden Zentren, in denen Patientinnen mit Brustkrebs diese individualisierte Therapie ermöglicht wird. Interessentinnen erhalten mehr Informationen unter 0 22 41 - 80 18 71.