Krankheit oft im „Geheimen“ verläuft, der oder die Betroffene
nicht darüber sprechen möchte, so ist sie doch vorhanden.
Und wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen
möchte, muss das Problem unter Umständen auch
angeben. Entweder es wird direkt nach einer
entsprechenden Erkrankung gefragt oder es wird ganz
einfach gefragt, ob man die letzten 5 Jahre aufgrund
irgendwelcher Probleme behandelt wurde. Ist dies mit „ja“
zu beantworten, muss man auch angeben warum. Entdeckt
dann der Versicherer, dass es sich um eine Essstörung
handelt, wird es schwer, einen Abschluss zu bekommen.
Der Begriff Essstörungen ist weit gefasst. Es gibt
unterschiedliche Erscheinungsformen die in sehr
unterschiedlich starken Ausprägungen auftreten.
Zu unterscheiden sind:
a)
Bulimia nervosa (Bulimi)
b)
Anorexia nervosa (Magersucht)
c)
Adipositas (starkes Übergewicht)
d)
Binge Eating Disorder (unkontrollierte Essattacken /
Fressanfälle)
e)
Orthorexie (krankhaftes Gesundessen)
Die Essstörungen b) und c) wird der Versicherer unter
Umständen ganz einfach über die Abfrage des BMI (body
mass index) erkennen. Unter Umständen auch das Binge
Eating, da hier im Gegensatz zur Bulimi das Gegessene
nicht wieder erbrochen wird, sind die Betroffenen häufig
übergewichtig.
Die alles entscheidende Frage ist jedoch, ob bereits
Behandlungen stattgefunden haben oder nicht. Bei
Essstörungen sind das häufig auch Sitzungen beim
Psychologen, da die Ursache des Ganzen in der Regel
nicht im Magen-Darm-Bereich zu finden ist. Da psychische
Erkrankungen in den letzten Jahren als Ursache einer
Berufsunfähigkeit stark zugekommen haben, sind hier die
Versicherer ganz besonders empfindlich geworden. Und da
eine Versicherung ja versuchen muss, viele Leute zu
versichern, die nicht berufsunfähig werden, um einen
Versicherten, der Berufsunfähigkeitsrente erhält auch
finanzieren zu können, wird ganz genau geprüft, ob ein
Antrag angenommen wird oder nicht.
Doch nicht nur die Befürchtung, der Versicherte könnte vor
Renteeintritt aufgrund psychischer Erkrankungen
berufsunfähig werden, macht die Versicherer vorsichtig. Es
sind auch die gesundheitlichen Gefahren, die insbesondere
hohes Übergewicht mit sich bringt. Herz-Kreislauf-
Erkrankungen sind hier anzusprechen, aber auch
Gelenkentzündungen, Diabetes und vieles mehr.
Ist für den Versicherer erkennbar, dass aktuell eine
Essstörung vorhanden ist, die auch behandelt wird, wird ein
Abschuss einer Berufsunfähigkeitsversicherung kaum
möglich sein. Es gibt hier allerdings keine Abgrenzung
wann noch möglich, wann nicht mehr. Betroffene sollten
sich daher einen Berater suchen, der unabhängig ist, und
auch vor Antragstellung bei verschiedenen (!) Versicherern
medizinische Vorabanfragen durchführen kann.
Eine medizinische Vorabanfrage ist anonym. Angegeben
werden Alter, Geschlecht, gewünschte
Berufsunfähigkeitsrente, Beruf und die gesundheitlichen
Probleme der letzten Jahre. Der Versicherer kann darauf
unverbindlich antworten. Doch auch wenn die Antworten
unverbindlich sind, geben diese einen guten Überblick über
das was möglich ist – ein erfolgreicher Abschluss, ein
Abschluss mit Ausschlüssen oder Risikozuschlag oder gar
kein Abschluss.
Wer keinen Abschluss tätigen kann, sollte daran nicht
verzweifeln. Ca. 75% der Bundesbürger haben diesen
wichtigen Schutz nicht. Die Gründe sind vielfältig. Zum
Teil fehlt das Geld für die Beiträge, zum Teil ist es einfach
Unwissenheit und zum Teil sind es eben Vorerkrankungen.
Dennoch – der Schutz ist wichtig und wer ihn nicht
bekommen kann, muss sich der Tatsache bewusst sein, dass
die Unterstützung vom Staat im Falle einer
Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung mächtig mager
ausfällt. Wer keinen Abschluss bekommt, sollte daher die
Situation einer Berufsunfähigkeit gedanklich genau
durchspielen und ggf. andere Vorsorge treffen, also Sparen.
Auch ein Gespräch mit der Familie, in dem genau geklärt
wird, wie man sich in einer Notlage helfen könnte, kann
hilfreich sein.